Kärnten als reines Tourismusland? Das stimmt schon lange nicht mehr, sagen Vertreterinnen und Vertreter von Wirtschaft und Politik. Die Industrie macht mittlerweile 55 Prozent der Wertschöpfung in Kärnten aus und sorgt für 45 Prozent der Arbeitsplätze. Tendenz steigend, denn trotz Corona-Krise verzeichnete das Bundesland 2020 insgesamt 2.338 neue Unternehmens-Gründungen.
Helm aufsetzen, Schutzkleidung anziehen. Dann wird der neue Tunnelofen der RHI Magnesita in Radenthein offiziell angefeuert. Das Unternehmen produziert feuerfeste Werkstoffe, die in die ganze Welt exportiert werden. Anfang Mai investierte die RHI Magnesita 50 Millionen Euro in ihr Werk in Kärnten. Von hier aus will man weltweiter Marktführer in der Feuerfest-Technologie werden.
Kärnten als reines Tourismusland? Das stimmt nicht erst seit der RHI-Investition nicht mehr, sagt einer, der es wissen muss. Erich Dörflinger ist Aufsichtsrats-Vorsitzender des internationalen Elektronik-Unternehmens Flex. Der Kärntner Standort in Althofen ist mit rund 700 Mitarbeitern der Konzern-interne Leitbetrieb für Medizintechnik. Industrie und Tourismus ist für Dörflinger kein Widerspruch. Im Gegenteil: „Unsere Kunden aus Amerika kommen oft schon zum Urlaub machen her zu uns.“ Das schöne Land sei ein Argument für den Standort.
Mittlerweile macht die Industrie 55 Prozent der Wertschöpfung in Kärnten aus und sorgt für 45 Prozent der Arbeitsplätze.
Der Rückgang der Landes-Schulden ist ein anderes Argument, das für den Standort Kärnten spricht. Die Ratingagentur Moody´s hat erst kürzlich Kärntens sehr gutes Rating von Aa3 bestätigt und dem Bundesland einen stabilen Ausblick bescheinigt.
„Unser guter Ruf auf den Finanzmärkten ist nachhaltig wiederhergestellt“, sagt Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ).
Dabei waren die Rahmenbedingungen im vergangenen Jahr nicht leicht. Die Corona-Krise machte auch vor Kärnten keinen Halt. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte 2020 um 6,6 Prozent, private Konsumausgaben sanken um 9,6 Prozent. Dadurch sind auf der einen Seite Steuereinnahmen weggefallen und auf der anderen Seite Mehrausgaben dazu gekommen.
In Summe habe man im Budget einen guten Mittelweg gefunden, sagt Finanzreferentin Schaunig. Notwendige Ausgaben für die Gesundheit der Kärntnerinnen und Kärntner, für den Arbeitsmarkt und für Sozialausgaben in der Krise habe man natürlich getätigt. Motto: „So viel wie nötig – so wenig wie vertretbar“. Die Corona-bedingte Neuverschuldung von 63 Mio. Euro 2020 werde man in den kommenden Jahren wieder ausgleichen. „Wir wissen aus der jüngeren Vergangenheit, dass wir es schaffen, nach einer Krise rasch wieder auf einen Konsolidierungspfad einzuschwenken“, sagt Schaunig in Anspielung auf die HETA-Krise 2016.
Auch der Branchenmix hat Kärnten durch die Krise getragen. Das Land setzt nicht alles auf eine Karte, sondern auf viele verschiedene Branchen. Das minimiert das Risiko in Krisenzeiten – und wird offenbar von der Wirtschaft gutgeheißen. Trotz Pandemie wurden in Kärnten laut Wirtschaftskammer 2020 insgesamt 2.338 neue Unternehmen gegründet.
Die positive Entwicklung liegt für Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) auch an der guten Zusammenarbeit im Bundesland. Etwa bei den Projekten „Lehre nach Matura“ und „Lehre mit Studium“. Im Frühling laufen Schnuppertage für die Maturanten, die sich in Betrieben über eine Lehre nach ihrem Schulabschluss informieren können. Das weiß man auch in der RHI Magnesita zu schätzen. Der Ausbau des Werks in Radenthein sei durch die Qualifizierungs-Initiativen des Landes möglich, sagt Werksleiter Heimo Wagner.
Dass man in Kärnten auf eine enge Kooperation mit der Wirtschaft setzt, sieht man an den Regierungssitzungen. Das Bundesland ist die einzige Region Europas, wo Sozialpartner bei den Sitzungen der Landesregierung mit am Tisch sitzen und Kritik einbringen können. Landeshauptmann Kaiser: „Unser Geheimrezept ist die Zusammenarbeit.“
Natürlich sei noch nicht alles eitel Wonne, aber „wir können optimistisch in die Zukunft blicken“, sagt Kaiser. Im April ging die Arbeitslosigkeit in Kärnten um 32,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Mit dem 70 Millionen Euro schweren Beschäftigungspaket TEP will man weiter für Jobs sorgen. Zudem ist das Arbeitsmarkt-Budget mit 15 Millionen Euro so hoch wie noch nie.
Von Seiten der Wirtschaft wünscht man sich eine bessere Anbindung des Bundeslandes, etwa des Kärntner Flughafens an internationale Verbindungen. Und man sieht die Bundesregierung gefordert, Unternehmen in Österreich zu halten. Immer wieder wandern Konzerne ins Ausland ab, weil dort vermeintlich billiger produziert werden kann. Beim Elektro-Motorenhersteller ATB in der Steiermark etwa verloren zuletzt 360 Mitarbeiter ihren Job, weil die chinesischen Eigentümer die Maschinen nach Polen abzogen. In Oberösterreich bangen derzeit 8.400 Menschen um ihre Arbeitsplätze: Der LKW-Bauer MAN will trotz Millionen-Gewinnen ins billigere Ausland abwandern.
Für Kärntens Landeshauptmann Kaiser sind solche Auslagerungen Fehlentscheidungen. Dadurch gehe Qualität und Nachhaltigkeit verloren. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel der RHI Magnesita: Die 50 Millionen Euro Investition in Radenthein ist ein Bekenntnis zum Industrie-Standort Kärnten. Hier werden wohl in Zukunft noch mehr internationale Kunden ankommen, die ihre Geschäftsreise dann gleich mit einem Urlaub im österreichischen Seen-Bundesland verbinden.
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