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Insiderin zu Postenschacher in OÖ-Finanzamt: ÖVP-Kandidat war völlig unqualifiziert & selten in der Arbeit

ÖVP-Klubchef August Wöginger. // Bild: © Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen

ÖVP-Klubobmann August Wöginger soll interveniert haben, um einen türkisen Bürgermeister zum Vorstand des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding zu machen. Jetzt packt eine andere Bewerberin aus: Der ÖVP-Kandidat hatte „fachlich keine Idee“ und musste sich von seinen Beschäftigten einfachste Sachen erklären lassen. In die Arbeit sei er nur selten gekommen. Trotzdem bekam der ÖVP-Mann den Top-Job.

Ein Mitarbeiter, der „fachlich“ wenig Ahnung hat und nur selten in die Arbeit kommt, wird plötzlich zum Chef befördert. Klingt unglaublich? Ist aber offenbar genau so im Finanzamt Braunau-Ried-Schärding passiert.

Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts auf ÖVP-Postenschacher im besagten OÖ-Finanzamt. Im Interview mit dem Ö1-Morgenjournal packt jetzt eine andere Bewerberin aus: Der ÖVP-Kandidat sei unqualifiziert gewesen. Und nur selten in der Arbeit: „Er war ganz wenig anwesend und dann vielleicht einmal zwischen 10 und 12, wo wir uns manchmal gefragt hatten: `Wie geht das?´“

ÖVP-Wöginger soll bei Finanzamt Braunau-Ried-Schärding für Parteifreund interveniert haben

Der Hintergrund: 2017 sucht das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding einen neuen Vorstand. Als aussichtsreichste Kandidatin gilt Christa Scharf, eine erfahrene Beamtin, die das Finanzamt zur Zeit der Ausschreibung sogar schon interimistisch leitet.

Doch statt ihr wird ein Quereinsteiger neuer Chef, der erst kurz zuvor von der Polizei ins Finanzamt gewechselt war. Seine vermeintlich beste „Qualifikation“: Er ist ÖVP-Bürgermeister einer kleinen Gemeinde.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vermutet üblen Postenschacher. ÖVP-Klubobmann August Wöginger soll interveniert haben, um den Chefposten des Finanzamtes parteipolitisch zu besetzen – die NeueZeit hat berichtet. Wöginger selbst bestreitet die Vorwürfe, er habe „zu keinem Zeitpunkt Einfluss genommen“. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Insiderin: ÖVP-Kandidat sei völlig unqualifiziert und war nur selten in der Arbeit

Bereits im letzten Jahr urteilte das Bundesverwaltungsgericht: Christa Scharf sei die bestqualifizierte Bewerberin gewesen. Heute sagt sie über den ÖVP-Kandidaten, der schlussendlich zum neuen Vorstand befördert wurde: „Fachlich hat der keine Idee. Über die Zeit haben ihm die Bediensteten verschiedene Sachen beigebracht: Was macht man bei einem Führungskräftemeeting? Was ist die Arbeitnehmerveranlagung? Das Programm kannte er nicht. Also die Standardsachen waren ihm nicht bekannt.“

Der türkise Bürgermeister hatte sich zuerst für einen Finanzamts-Chefposten nahe seinem Heimatort beworben – erfolglos. Zum Finanzamt Braunau-Ried-Schärding, für das er schlussendlich zu Zuschlag bekam, hatte er eine Anfahrtszeit von mehr als eineinhalb Stunden. Das war ihm offenbar zu lange: „Er war ganz wenig da“, erzählt Christa Scharf. „Es war tatsächlich so, dass wir einen virtuellen Vorstand hatten“.

Kritisch beurteilt Bewerberin Scharf auch die für die Postenbesetzung verantwortliche Bestellungs-Kommission: „In meinen Augen war es keine unabhängige Kommission“. Dieser Eindruck dürfte nicht täuschen, denn sämtliche Mitglieder der Kommission waren auch Mitglieder der ÖVP-Beamtengewerkschaft „FCG“, wie die Staatsanwaltschaft in ihrem Akt festhält.

Übrigens: Der damalige Leiter der Kommission ist heute Chef des Finanzamts Österreich.

Wöginger gehört zum oberösterreichischen ÖVP-Parteiapparat

Heftige Kritik am mutmaßlichen Postenschacher kommt vom neuen geschäftsführenden Vorsitzenden der SPÖ Oberösterreich, Michael Lindner: „Hier wurde eine erfahrene und gut qualifizierte Frau unrechtmäßig übergangen. Wenn Wöginger sich an diesem Postenschacher beteiligt hat, dann hat er damit Oberösterreich und den Ruf der Politik an sich geschädigt.“ Wöginger solle, fordert der SPÖ-Chef, selbst mit der unabhängigen Korruptionsstaatsanwaltschaft kooperieren.

Der gebürtige Passauer August Wöginger zählt zum oberösterreichischen ÖVP-Parteiapparat. Seit 2014 ist er stellvertretender Parteivorsitzender der Landes-Türkisen. Nationalratsabgeordneter ist Wöginger seit 2002. 2017 machte ihn Sebastian Kurz zum ÖVP-Klubobmann.

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