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Trotz Dauerbewilligung für Perücke: Neue ÖGK-Regeln demütigen Haarausfall-Patientin

Das Sparprogramm im Gesundheitsbereich wird fortgesetzt. Nun trifft es Haarausfall-Patient:innen deren Dauerbewilligungen für Perücken nicht mehr gültig sein sollen. Eine Leserin erzählt über die unempathische Vorgehensweise der ÖGK. //Image by Freepik

Patient:innen, die krankheitsbedingt an Haarausfall leiden und deswegen eine Perücke oder ein Haarteil brauchen, sind seit kurzem einer demütigenden Prozedur ausgesetzt. Obwohl sie seit Jahren eine Dauerbewilligung für eine Perücke haben, müssen sie diese nun erneut ansuchen und lange Arztwege zurücklegen. Wir haben bei einer betroffenen Leserin nachgefragt.

Bettina K. (Name von der Redaktion geändert) hat seit 18 Jahren kahle Stellen auf ihrem Kopf. Eine Grunderkrankung ist die Ursache für ihren Haarausfall. Die kahlen Stellen breiteten sich immer weiter aus, bis sie zum Schluss am Oberkopf gar keine Haare mehr hatte. Zu Beginn der Erkrankung versuchte sie, dies mit Tüchern zu kaschieren, bis es nicht mehr ging. Mit der Bescheinigung des Arztes erhielt sie 2005 ihre erste Perücke. Ein wichtiger Schritt zur Normalität.

Es erleichterte zwar die äußere Situation, aber in ihrem Inneren blieb das Gefühl “eines Makels”. Gerade als Frau fühle sie sich mit kahlen Stellen am Kopf sehr unwohl. Die Kosten der Perücke wurden mit einem Beitrag der ÖGK unterstützt. 

Demütigung von Haarausfall-Patientin

Immer im Frühjahr bestellt Bettina K. ihr Haarteil im Perückengeschäft, so auch diese Woche. Die Anfertigung dauert einige Monate. Bereits am Telefon wurde sie darauf aufmerksam gemacht, dass es eine neue Verordnung gibt und Frau K. einen Kostenvoranschlag an die ÖGK einreichen muss. Im Geschäft erhält sie diesen schließlich. Frau K. weist darauf hin, dass sie eine Dauerbewilligung habe. Der Angestellte entgegnet: „Ich fürchte, diese gilt nicht mehr“.

ÖGK im Sparprogramm
Die Zusammenlegung der Krankenkassen durch ÖVP und FPÖ, Angriffe auf den Sozialstaat und nicht zuletzt die Pandemie haben unsere Gesundheitsversorgung ausgehöhlt. Das zeigt sich am Beispiel von Bettina K. die trotz Dauerbewilligung für eine krankheitsbedingte Perücke nun erneut lange Arztwege in Kauf nehmen muss. Bürokratie und Bewilligungsdschungel für eine gesundheitlich benötigte und seit Jahren bewilligte Perücke. Muss das sein? Eine ausreichende und faire Finanzierung des Gesundheitssystems für alle fordern unterschiedliche Initiativen seit Jahren. Menschen wie Frau K. spüren die Auswirkungen, wenn überall immer nur gespart werden soll. Am Ende sind es die einfachen Menschen, die unter vermeintlichen „Sparzwang“ im Gesundheitssektor leiden. „Solche staatlich finanzierten Leistungen, wie für eine Perücke, sollten in einem reichen Land wie Österreich eigentlich selbstverständlich sein sollten“, ist sich Bettina K. sicher.

Sichtlich betroffen und verwundert geht Frau K. nach Hause und ruft bei der ÖGK an. Nach sieben Minuten in der Telefonschleife, wird ihr mitgeteilt, dass diese Information stimmt. Frau K. merkt an, dass sie eine Dauerbewilligung habe. Die Auskunftsperson der Heilbehelfsabteilung meinte: „Die zählt nicht mehr, Dauerbewilligungen gibt es nicht mehr. Sie brauchen eine Verordnung von einem Hautarzt und einen Befund sowie einen Kostenvoranschlag von der Firma, von der sie das Haarteil beziehen“. Auf die Frage, was im Befund stehen müsse, wird ihr gesagt: „Einfach, dass der Arzt beschreibt, wie die Situation ist und warum sie sozusagen das Haarteil brauchen“. 

Frau K.: „Also, obwohl ich schon jahrelang ein Haarteil trage und obwohl es bei Ihnen dokumentiert ist, dass ich das gesundheitlich brauche, muss ich das nun erneut von einem Arzt bestätigen lassen?“ 

„Leider ja“, ist die Antwort. Zumindest am Tonfall der Person am anderen Ende der Telefonleitung war für Frau K. zu erkennen, dass diese das wohl auch nicht sehr effektiv findet.

Trotz Dauerbewilligung zwingt ÖGK Patient:innen zu langen Arztwegen

Begründung für das neue Vorgehen gibt es keine. Es handle sich um österreichweite, neue Richtlinien. Frau K. selbst empfindet das als große Frechheit. Gerade weil sie seit Jahren eine Dauerbewilligung hat, ist sie verärgert über das unempathische Vorgehen der Österreichischen Gesundheitskasse. Sie beschreibt es gegenüber der NeuenZeit als demütigend seinen Kopf auf kahle Stellen begutachten lassen zu müssen, obwohl ihr Bedarf eines Haarteils bereits seit Jahren offensichtlich ist. 

Ihr wird gesagt, dass sie eine E-Mail senden solle, um es der Gruppenleitung der ÖGK vorzulegen. Dies hat Frau K. getan. Die Antwort, nach einigen Tagen: Die Dauerbewilligung ist leider nicht mehr gültig. Ein „leider“ hilft Frau K. nicht viel, auf ihr Anliegen wurde von den Zuständigen in der ÖGK nicht weiter eingegangen.

Wie es ist eine Perücke zu brauchen

„Eine Perücke zu tragen ist unangenehm, sie kratzt und man muss immer Sorge haben sie zu verlieren“. Erzählt Frau K. Einmal sei ihr beim Eislaufen mit ihrer Tochter die Perücke bei einem Sturz heruntergefallen. Die umstehenden Kinder haben gelacht. 2009 machte eine Angestellte der Firma, die auf Perücken und Haare spezialisiert ist, Frau K. darauf aufmerksam, dass es Haarteile gibt, die man mit dem eigenen Haar verknüpfen kann. Diese Variante hat sie ausprobiert und ihr Leben hat sich schlagartig verändert. Bettina K. sagt, „dieses Haarteil hat mir so ein gutes Gefühl vermittelt, es war, wie die eigenen Haare am Kopf zu haben“.

Frau K. ist nicht die Einzige, die von der ÖGK schikaniert wird

Was Frau K. im Perückengeschäft auch noch erfahren hat: Dass viele Patien:innen wie sie von dieser neuen Regelung betroffen sind. Eine Dame, die bereits seit 30 Jahren Alopecia (Chronischer Haarausfall, Anm. der Redaktion) hat, muss ebenfalls dieses Prozedere über sich ergehen lassen. Die Mehrkosten, die durch diese zusätzlichen Arztbesuche nach Meinung von Frau. K, verursacht werden, sind den Behörden offensichtlich egal. Sie könne zwar verstehen, dass dies natürlich von Patient:innen verlangt wird, die zum ersten Mal ein Haarteil beantragen. Was sie nicht verstehen kann, ist aber, dass sich Personen wie sie nun immer wieder so einer Demütigung aussetzen müssen. Selbst dort, wo schon Seit Jahren alles dokumentiert und bewilligt ist.

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