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Inserate erhöhen und hunderte Pressekonferenzen: So kontrolliert Kurz die Medien

Bild: BKA/Dragan Tatic / Montage

Die Differenz zwischen Realität und medialer Wahrnehmung geht in Österreich immer weiter auseinander. Objektiv betrachtet steckt Bundeskanzler Kurz (ÖVP) in der größten Krise seiner politischen Karriere. Impf-Chaos, Chat-Skandale und Ermittlungen wegen Falschaussage haben ihm stark zugesetzt. Dennoch wird er von den meisten Medien mit Lob überhäuft. SPÖ-Nationalratsabgeordnete Julia Herr veröffentlichte ein vielbeachtetes Video, in dem sie fünf Methoden analysiert, wie Sebastian Kurz die Medien kontrolliert. Den ersten Teil von Herrs Video haben fast eine Million User gesehen.

1. Inserate erhöhen

Schon unter Türkis-Blau stiegen die Ausgaben für Regierungsinserate enorm. Seit dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung haben sie sich nochmals verdreifacht. Insgesamt wurden 2020 ganze 222,5 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben. Alleine das Bundeskanzleramt pumpte mehr Geld in Medien als dem Frauenministerium insgesamt zur Verfügung steht. Von den üppigen Förderungen profitieren vor allem Boulevardzeitungen wie „Krone“ und „Österreich“. Sie berichten regelmäßig positiv über Kurz. Kritische Blätter wie der „Falter“ gehen hingegen fast völlig leer aus.

2. Viel ankündigen, wenig umsetzen

Um regelmäßig für Schlagzeilen zu sorgen, kündigt die Regierung oftmals spektakuläre Maßnahen an, die letztlich nicht umgesetzt werden. Herausragende Beispiele in diesem Zusammenhang sind der nie durchgeführte Kauf des russischen Corona-Impfstoffes Sputnik und die Ankündigung, bis Juni allen eine Impfung zu ermöglichen. Für Kurz zählen Schlagzeilen mehr als die tatsächlichen Ergebnisse.

3. Pressekonferenzen ohne Ende

Allein im letzten Jahr gab die Regierung über 300 Pressekonferenzen. Dabei wurden nur selten neue Maßnahmen bekanntgegeben. Oftmals wurde auf einer Pressekonferenz zum Thema Corona lediglich angekündigt, die Bevölkerung im Rahmen der nächsten Pressekonferenz über neue Gesetze zu informieren. Ein Beispiel für einen eher sinnlosen Medientermin war die Sommerklausur der Regierung in Reichenau an der Rax. Kurz und seine Minister besprachen sich nur 20 Minuten lang. Die anschließende Pressekonferenz dauerte doppelt so lange.

4. Inszenierung

Kurz und Co. lassen keine Gelegenheit aus, um sich zu inszenieren. Das ging sogar so weit, dass der Bundeskanzler verkündete, während einer Krankheit 900.000 zusätzliche Impfdosen für Österreich erkämpft zu haben. Die Zeitung „Österreich“ verkündete daraufhin voller Stolz: „Sebastian Kurz zeigt, wie man regiert“ und feierte den Kanzler kritiklos. Die Tatsache, dass die Impfdosen bereits zwei Tage zuvor vom Gesundheitsministerium bestellt worden waren, störte dabei nicht.

5. Journalisten für eigene Zwecke einspannen

Seit dem Anfang seiner politischen Karriere sucht Kurz die Nähe zu Medienvertretern. Viele Journalistinnen und Journalisten weisen ein langjähriges Nahverhältnis zu ihm auf, das auf seine Anfänge als Integrationsstaatssekretär zurückgeht. Wie das System Kurz funktioniert, deckte erst vor Kurzem der ehemalige „Krone“-Journalist Thomas Schrems auf. Er spricht dabei von einer Verhaberung zwischen dem Bundeskanzler und den Medien. Laut Schrems ging es „Schlag auf Schlag. Mit dem systematischen Einlullen und Gefällig-Machen von Journalisten.“ Es habe zwar auch von anderen Politikern immer wieder Versuche gegeben, Medien gefügig zu machen. Ausmaß und Intensität der Vorgehensweise von Sebastian Kurz übersteigen jedoch alles bisher Bekannte meilenweit.

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