Durch die Corona-Krise sind derzeit rund 150.000 Menschen seit mehr als einem Jahr auf Jobsuche. Sie schreiben eine Bewerbung nach der anderen, haben als sogenannte Langzeitarbeitslose aber oft gar keine Chance, wieder Arbeit zu finden. „Das frisst schon am Selbstwertgefühl“, sagt Gerhard Neulinger. Der Oberösterreicher fand nach fünfeinhalb Jahren durch die „Aktion 20.000“ wieder Arbeit.
Mails checken, Belege verbuchen, Schriftverkehr mit Vereinen managen. So startet ein typischer Arbeitstag von Gerhard Neulinger. Der Oberösterreicher ist Büroleiter des Kulturvereins „KUPF OÖ“. Seinen Job hat er 2017 durch die sogenannte „Aktion 20.000“ bekommen: Staat und AMS übernahmen im Rahmen der Aktion für maximal zwei Jahre die Lohnkosten, wenn gemeinnützige Vereine oder Gemeinden Langzeitarbeitslose einstellten.
„Ohne so eine Unterstützung wärs nicht gegangen“, sagt Gerhard heute. Vor der „Aktion 20.000“ war er mehr als fünf Jahre lang auf Jobsuche, nachdem er mit 50 seinen alten Arbeitsplatz verloren hatte. Trotz pausenloser Suche und einer Bewerbung nach der anderen fand der Oberösterreicher keine Arbeit mehr.
„Das frisst schon am Selbstwertgefühl“, sagt Gerhard. „Du hast fast keine Chance mehr ab 50. Ich hab mich schon damit abgefunden, dass ich mich mit der Notstandshilfe irgendwie durchretten werde und dann irgendwann mal eine minimale Pension bekommen werde.“
Für den Kulturverein „KUPF OÖ“ war die Aktion ein doppelter Gewinn: „Durch die zusätzlichen Personalstunden konnten wir neue Einnahmequellen erschließen und neue Projekte machen“, sagt Geschäftsführer Thomas Diesenreiter. So konnte Büroleiter Gerhard Neulinger auch nach Ablauf der Lohnkosten-Übernahme beim Verein bleiben – bis heute.
Die „Aktion 20.000“ war nicht nur beim oberösterreichischen Kulturverein ein Erfolg. Jeder dritte Langzeitarbeitslose über 50 Jahren, der am Projekt teilnahm, hat heute wieder einen festen Arbeitsplatz. Und das Projekt kostete monatliche gerade einmal 100 Euro pro Person, denn durch die neuen Jobs fielen Millionen an Arbeitslosengeld weg. Bund und AMS übernahmen zwar die Lohnkosten, sparten aber Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld – unter dem Strich musste die öffentliche Hand nur 100 Euro pro Monat und Person zuschießen.
Die „KUPF OÖ“ ist eine Plattform von 179 Kulturinitiativen in Oberösterreich. Sie vertritt die Interessen der meist kleinen Vereine, bietet Serviceleistungen an und ist ein Sprachrohr für die Kulturbranche im Bundesland.
Als langzeitarbeitslos gilt, wer über ein Jahr auf Jobsuche ist. Durch die Corona-Krise hat sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit Auslaufen der „Aktion 20.000“ mehr als verdoppelt. Aktuell sind rund 150.000 Menschen seit über einem Jahr arbeitslos. Auf eine offene Stelle kommen gleich fünf Jobsuchende. Für die SPÖ-Abgeordneten Andreas Kollross & Josef Muchitsch ist deshalb klar: Die Menschen brauchen Unterstützung.
„Die Bundesregierung moderiert die Rekordarbeitslosigkeit, aber tut nichts dagegen“, sagt der rote Sozialsprecher Muchitsch. Die Sozialdemokraten wollen das mit der „Aktion 40.000“ ändern: Wie bei der schon einmal erfolgreichen Job-Aktion soll dabei der Bund die Lohnkosten übernehmen, wenn gemeinnützige Vereine, öffentliche Einrichtungen oder soziale Unternehmen Langzeitarbeitslose einstellen. So könnten bis zu 40.000 Menschen wieder Arbeit finden. Initiator Andreas Kollross fordert: „Es wird Zeit, dass der Staat Verantwortung für jene Menschen übernimmt, die auf dem freien Markt keine Chance mehr auf Beschäftigung haben.“
Die Initiative würde je nach Inanspruchnahme zwischen 150 und 270 Millionen Euro kosten. Für Türkis-Grün anscheinend zu viel: Die Regierung blockierte die neuen Jobs für Langzeitarbeitslose und stimmte die „Aktion 40.000“ im Nationalrat nieder. Die Menschen waren der Regierung dabei wohl ziemlich egal: Als es in der Parlamentssitzung um Arbeitslose ging, spielte Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seinem Handy.
Anderswo ist man weniger knausrig, schließlich lässt sich Türkis-Grün die Eigenwerbung satte 210 Millionen Euro in den kommenden Jahren kosten.
Um die 40.000 neuen Jobs doch noch durchzubringen, startete die SPÖ eine Petition – sie kann online unterzeichnet werden. Unterstützung für die Wiederauflage der Job-Aktion kommt auch aus Oberösterreich, wo die Zahl der Langzeitarbeitslosen während der Krise explodierte. „Es zeigt sich sehr deutlich, dass sich der Arbeitsmarkt nicht von selbst reguliert und dass es notwendig ist, mit staatlicher Intervention einzugreifen“, sagt Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer.
Die Regierung hat andere Pläne. Kurz und Co kündigten zuletzt eine „Aktion Sprungbrett“ an. Dabei soll der Bund nur die Hälfte der Lohnkosten übernehmen, wenn Unternehmen Langzeitarbeitslose einstellen. Ob auch gemeinnützige Vereine wie der Kulturverein „KUPF OÖ“ mitmachen können, ist noch unklar. Überhaupt sind noch viele Details offen und starten soll die Aktion erst im Sommer – mehr als ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie.
Wie auch immer die Hilfe für Langzeitarbeitslose heißen mag, sie ist dringend notwendig, sagt „KUPF OÖ“-Geschäftsführer Diesenreiter:
„Auf der einen Seite fehlen die Leute ganz massiv in unserem Sektor und auf der anderen Seite haben Leute keine Beschäftigung. Es ist abstrus, dass man das nicht dauerhaft zusammenbringt.“
Diesenreiter wisse von mindestens zehn weiteren Personen, die durch die ehemalige „Aktion 20.000“ in oberösterreichischen Kulturvereinen Arbeit gefunden haben. Das Projekt sei eine „Win-Win-Situation“, denn gerade für kleine Vereine mache eine zusätzliche Personalunterstützung viel aus.
Und Langzeitarbeitslose bekommen eine echte Chance am Arbeitsmarkt. „Für mich war es gut“, erzählt Gerhard von dem Moment, als er nach fünfjähriger Suche durch die Aktion wieder Arbeit gefunden hat. „Es hat den Tag, die Woche, die Zeit wieder strukturiert. Man hat einfach was zu tun gehabt.“
Hier kann die Petition zur „Aktion 40.000“ online unterstützt werden.
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