Frauen kommen in Filmen weniger häufig vor als Männer. Das ist deshalb problematisch, weil Filme unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit prägen. Was weniger vorkommt, erscheint uns weniger wichtig. Der Bechdel-Test ermittelt mit drei einfachen Fragen, ob Frauen in einem Film realitätsgetreu dargestellt werden. Zum Weltfrauentag hat die NeueZeit einige der bekanntesten Filme dem Bechdel-Test unterzogen – mit überraschenden Ergebnissen.
Der Bechdel-Test misst, wie häufig und auf welche Weise Frauen in Filmen dargestellt werden. Er wurde 1985 von der amerikanischen Autorin und Zeichnerin Alison Bechdel entwickelt. Mit drei einfachen Fragen wollte sie herausfinden, in welchen Filmen Frauen eine untergeordnete Rolle einnehmen oder klischeehaft dargestellt werden. Man kann den Test also vereinfacht gesagt als Reality-Check bezeichnen.
Damit ein Film nicht als frauenfeindlich gilt, müssen folgende drei Fragen mit Ja beantwortet werden:
- Gibt es mindestens zwei Frauenrollen?
- Sprechen diese miteinander?
- Unterhalten sie sich über etwas anderes als Männer?
Der Bechdel-Test zählt also in erster Linie die weiblichen Figuren in einem Film und fragt, worüber sie sich unterhalten. Er fragt nicht nach der Thematik eines Films und wird daher auch oft kritisiert. So fällt zum Beispiel ein Film, mit einer starken weiblichen Hauptrolle schon bei der ersten Frage durch den Bechdel-Test, wenn ansonsten keine Frauen im Film vorkommen. Auf der anderen Seite würde ein Film, in dem sich zwei Frauen über nichts anderes als Make-up unterhalten, den Test problemlos bestehen.
Trotzdem zeigt die Tatsache, dass die meisten Filme den Test nicht bestehen, dass Frauen in Filmen – und damit in unseren Köpfen – immer noch unterrepräsentiert sind. Die NeueZeit hat deshalb zum Weltfrauentag fünf bekannte Filme herausgesucht, die den Bechdel-Test nicht bestehen. Anschließend gibt es fünf Filmempfehlungen, die nicht nur den Bechdel-Test bestehen, sondern aus Sicht des Autors auch darüber hinaus sehenswert sind.
Diese Filme bestehen den Bechdel-Test nicht:
Herr der Ringe-Trilogie
Peter Jacksons Epos mag zwar ein Meilenstein des Fantasy-Kinos sein, in der Kategorie Geschlechtergleichheit versagen die drei Filme aber völlig. In insgesamt neun Stunden kommen nur drei weibliche Figuren mit Text vor. Arwen, Eowyn und Galadriel sind ohne Zweifel starke Frauenfiguren, sie leben jedoch in verschiedenen Teilen von Mittelerde und treffen sich nie. Daher: Leider durchgefallen.
Forrest Gump
Die Lebensgeschichte des unbedarften Jungen Forrest Gump beinhaltet zwei wesentliche Frauenfiguren: Zum einen seine Mutter und zum anderen seine Jugendfreundin Jenny. Beide erfahren im Laufe ihres Lebens Gewalt durch Männer. Zumindest wird also das Thema Missbrauch im Film thematisiert. Für eine Unterhaltung zwischen den zwei Frauen hat es aber nicht gereicht.
Tenet
Dieser Film fordert unsere Sehgewohnheiten radikal heraus. Er zwingt uns, unsere gewohnte Wahrnehmung zu hinterfragen. Allerdings nicht, wenn es um die Darstellung von Frauen geht. Mit nur einer einzigen Frauenfigur fällt der Film glatt durch den Bechdel-Test. Ihre Rolle beschränkt sich zudem allein auf ihre Beziehungen zu Männern.
Avatar
Der Film Avatar entführte uns 2009 in eine Welt voller fantastischer Geschöpfe und Landschaften. Für eine Unterhaltung zwischen zwei Frauen über etwas anderes als Männer reichte die Fantasie aber nicht aus. Es gibt zwar mehrere weibliche Figuren in dem Film, das einzige Mal, wenn sich zwei Frauen miteinander unterhalten, geht es jedoch um die männliche Hauptfigur Jake Sully. In der kürzlich erschienenen Fortsetzung sieht es auch nicht besser aus.
The Avengers
Mit den Avengers führte Marvel 2012 die verschiedensten Superhelden aus unterschiedlichen Filmen erstmals zusammen, und legte damit den Grundstein für das Marvel Cinematic Universe. In dem Film gibt es drei wesentliche Frauenfiguren: Natasha Romanoff, Pepper Potts, und Agentin Maria Hill. Diese drei treffen im Film jedoch nie aufeinander.
Sehenswerte Filme, die den Bechdel-Test bestehen:
Das Piano
Dieses Filmdrama von Jane Campion gilt mittlerweile als ein Klassiker. Die Hauptfigur Ada ist zwar stumm, kommuniziert aber über Gebärdensprache und vor allem über ihr Klavier, das sie virtuos zu spielen versteht. Trotz ihres Schweigens ist Ada eine der vielschichtigsten und faszinierendsten Frauenfiguren der Filmgeschichte. Nicht weniger interessant ist ihre Tochter Flora. Sie dient ihrer Mutter als Übersetzerin und Gefährtin. Am Ende kommt es zur Selbstrettung der Frau in einer von Männern dominierten Welt.
Mad Max – Fury Road
Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht vermuten würde, besteht dieser Action-Blockbuster den Bechdel-Test mit Bravour. Der Film trägt zwar den Namen des männlichen Helden Mad Max, ob er aber tatsächlich die Hauptfigur des Films ist, darüber lässt sich streiten. Mindestens genauso wichtig ist die von Charlize Theron gespielte Furiosa, die die Handlung des Films maßgeblich vorantreibt und im Laufe des Films zur eigentlichen Hauptfigur wird. Auch sonst kommen in dem Film eine Vielzahl von interessanten Frauenfiguren vor.
Persona
In diesem Drama von Ingmar Bergman treffen zwei unterschiedliche Frauen aufeinander: Die Schauspielerin Elisabeth Vogler wird nach einem Nervenzusammenbruch auf offener Bühne von der Krankenschwester Alma umsorgt. Gemeinsam verbringen sie einige Zeit auf einer einsamen Insel. Dabei entwickeln sie eine sonderbare Beziehung zueinander. Der Film ist nicht nur eine Abhandlung über weibliche Sexualität, sondern auch über den Blick, das Sehen und das Kino an sich.
Volver – Zurückkehren
Dieser Film von Pedro Almodóvar steht stellvertretend für beinahe alle Filme des spanischen Regisseurs. Denn hier gibt es wohl die interessantesten Frauenfiguren des gegenwärtigen europäischen Kinos zu sehen. In Almodóvars Filmen entfacht die Liebe eine solche Leidenschaft, dass letztlich alle Grenzen überwindbar scheinen. In vielen seiner Filme, so auch in Volver, zeigt er aber auch die dunkle Seite der Leidenschaft und wohin sie führen kann: zu Missbrauch, Vergewaltigung und Tod.
Nymphomaniac
Es gibt wenige Filme, die sich so provokant und zugleich so intelligent mit dem Thema Sexualität auseinandersetzen. Der Film handelt von der verzweifelten Suche der Hauptfigur Joe nach sexueller Erfüllung. Dabei erzählt Nymphomaniac jedoch nicht einfach die Geschichte der sexuellen Befreiung einer Frau. Stattdessen zeigt der Film die Widersprüchlichkeit von Lust und Sexualität. Wir können unsere Sexualität zwar befreien, sagt uns dieser Film, aber verstehen werden wir sie nie.