Die geheimen Chats von Kanzler Sebastian Kurz, Finanzminister Gernot Blümel, ÖBAG-Chef Thomas Schmid und weiteren wichtigen Drahtziehern zeigen, wie es im Machtzentrum der Republik wirklich zugeht. ÖVP-Politiker und ihre Freunde dealen heimlich Staatsposten aus, manipulieren die Medien und schimpfen über Frauen. Die NeueZeit hat die schlimmsten Chats gesammelt.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt in mehreren Verdachtsfällen gegen Spitzenfunktionäre des Landes. Es geht unter anderem um die Causa Novomatic oder um Postenbesetzungen im Casinos-Vorstand. Im Zuge der Ermittlungen und durch den Ibiza-Untersuchungsausschuss sind einige geheime Chat-Nachrichten bekannt geworden. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
2019: Thomas Schmid äußert seine Wünsche für die mächtige staatliche Beteiligungs-Gesellschaft ÖBAG. Kanzler Sebastian Kurz sagt seinem Vertrauten mit vielen Kuss-Smileys alles zu, “was du willst”. Was in dem Chat der beiden lustig klingt, ist eines der wichtigsten Unternehmen der Republik: Die ÖBAG verwaltet fast 27 Milliarden Euro an Staatseigentum.
2019: Der frischgebackene Chef der staatlichen ÖBAG, Thomas Schmid, ist dem Kanzler sichtlich dankbar. Es “taugt” ihm, im Team des Kanzlers zu sein. Dabei bestritt Kurz im Untersuchungs-Ausschuss, dass er etwas mit Schmids Bestellung zu tun hatte.
2019: Der neue ÖBAG-Chef Thomas Schmid genießt offenbar seine Macht. An den damaligen Koalitionspartner der ÖVP, die Freiheitlichen, will er möglichst wenige Posten abtreten.
Schmid an den Kabinettschef von Kurz: „Ich hätte der FPÖ nur Büroleiter gegeben.“
2019: Eine Hand wäscht die andere: Auch Thomas Schmid hilft Sebastian Kurz. Schmid, damals noch Generalsekretär im Finanzministerium, erledigte einen unangenehmen Termin mit dem Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka. Kurz hatte Schmid damit beauftragt, dem kirchlichen Vertreter “Vollgas” zu geben, wie das Nachrichtenmagazin Profil berichtet. Und das macht er. Schmid teilt Schipka mit, dass die Steuerprivilegien der Kirche “massiv hinterfragt” werden müssen und berichtet dem Kanzler danach über das Gespräch.
Schmid: “Also Schipka war fertig!”
Schmid: “Er war zunächst rot dann blass dann zittrig. Er bot mir Schnaps an den ich in der Fastenzeit ablehnte weil Fastenzeit. Waren aber freundlich und sachlich.”
Kurz ist zufrieden – und bedankt sich mit vielen Rufzeichen.
2018: Damit auch ja nichts schief geht mit der Bestellung des ÖVP-Mannes Thomas Schmid zum Chef der staatlichen ÖBAG, durfte sich Schmid die Stellenausschreibung für seinen künftigen Job einfach selbst zusammen basteln.
2019: Als NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger die Ausschreibung für den Vorstandsposten kritisiert, beklagt sich Thomas Schmid recht drastisch über die Pinken. Er ist wohl beleidigt, dass jemand die von ihm so sorgfältig auf ihn selbst zugeschnittene Ausschreibung hinterfragt.
Thomas Schmid an einen Pressesprecher: „Ich hasse die NEOS“
2018: Thomas Schmid ist darauf bedacht, in den Medien nicht vorzeitig als ÖBAG-Chef genannt zu werden. Er will alles verhindern, das seine Bestellung gefährden könnte.
Thomas Schmid über die Medienarbeit des damaligen Finanzministers Hartwig Löger: „Wenn seine Dummheit verhindert, dass ich nicht in die ÖBAG darf, bin ich sauer.“
Dabei scheute Schmid auch nicht davor zurück, die Medien direkt zu manipulieren, berichtet das Online-Magazin ZackZack.
Schmid: “Hi Sebastian, Martina Salomon macht im Auftrag von Brandi (gemeint ist der damalige Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter, Anm.) eine ÖBIB story. Unter anderem will sie mich als gesetzt für die ÖBIB neu nennen. Sie sagt mir Brandi hört das und will das in der Story drinnen haben. […] Könntet ihr dem brandi ausreden mich zu nennen und ihm sagen dass das ein Blödsinn ist?”
Kurz: “Naja, der hasst mich. Was ist wenn ihn Löger anruft, oder du selbst? Ich ruf ihn gern an, bin nur nicht sicher ob das nützt?!”
Nicht nur der “Kurier”, auch die Tageszeitung “Die Presse” soll auf Linie gebracht werden. Als die Presse einen Artikel über die neu geplante staatliche Beteiligungs-Gesellschaft plant, will Thomas Schmid sofort eingreifen. Schmid bittet einen Pressesprecher darum, bei „Rainer“ anzurufen – gemeint ist Rainer Nowak, Chefredakteur der Presse.
Schlussendlich geht aber alles gut, Thomas Schmid wird bekanntlich 2019 zum ÖBAG-Chef gewählt. Im Dezember 2018 beschließt der Nationalrat die Neuausrichtung der staatlichen Beteiligungs-Gesellschaft. Zwei, die sich in den Chats gemeinsam darüber freuen: ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel und Thomas Schmid.
In einer anderen Nachricht macht Gernot Blümel deutlich, dass Thomas Schmid zum engsten Vertrauten-Kreis der türkisen Clique gehört.
Blümel an Schmid: „Du bist Familie“
2019: Thomas Schmid durfte sich nicht nur seine Stellenausschreibung selbst basteln, sondern auch bei der Auswahl der ÖBAG-Aufsichtsräte mitreden. Die Chats zeigen, wie er und eine ÖVP-Beraterin über Frauen denken. Für Schmid ist eine weibliche Kandidatin “steuerbar”, die ÖVP-Beraterin Gabriela Spiegelfeld schreibt von “nervigen Weibern”.
Schmid an Kurz: „[…] ist wirklich eine Gute! Compliant, Finanzexpertin, Steuerbar, Raiffeisen und sehr gutes Niederösterreich Netzwerk. Sie hat für NÖ auch delikate Sachen sauber erledigt.“
ÖVP-Beraterin Gabriela Spiegelfeld an Schmid: „Mir gehen die Weiber so am Nerv. Scheiß Quote“
2017 hat Novomatic ein Problem: Dem Glücksspiel-Konzern drohen in Italien Steuernachzahlungen zwischen 40 und 60 Millionen Euro. Also greift der damalige Novomatic-CEO Harald Neumann zum Handy und schreibt eine SMS an Gernot Blümel:
Neumann:„Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problemes, das wir in Italien haben!“
Blümel reagiert nur drei Stunden nach der SMS und tippt selbst eine Nachricht in sein Handy. Er bittet den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, den Nocomatic-Chef anzurufen.
Blümel am Schmid: „Tu es für mich 😘“
Blümel und Ex-Novomatic-Chef Neumann scheinen sich überhaupt recht gut zu verstehen. Das Online-Magazin Kontrast veröffentlichte Chats zwischend den beiden.
Neumann: „Hallo, hast du nächste Woche Mittwoch Zeit für ein Mittagessen? lg Harald“
Blümel: „Hi! 13 bis 14Uhr würde bei mir gehen. Wo?“
Neumann: „Bei uns im Forum! Da hört wenigstens niemand zu! Kann Fisch bestellen! lg Harald“
Blümel: „Optimal! (…) Freu mich!“
Man überschüttet sich mit gegenseitigen Nettigkeiten:
Neumann: „Hallo Gernot, am 1. August gibt es einen Empfang anlässlich meiner Ernennung zum Honorarkonsul von Rumänien. Es gibt einen Empfang im Novomatic Forum (…) und von Seiten Rumäniens ist der Aussenminister dabei. Danach soll es ein Abendessen im kleinen Rahmen geben. (…) Bräuchte ein standesgemäßes Gegenüber für den Minister und da kommst nur du in Frage ;))). Hast du Zeit/Lust? lg Harald“
Kontrolle über mediale Berichterstattung scheint für Bundeskanzler Sebastian Kurz sehr wichtig zu sein. Wenn die Berichte nicht stimmen, wird auch der damalige Koalitionspartner FPÖ attackiert. Im März 2017 ärgert sich Kurz in einem Gruppenchat mit den Freiheitlichen über ein Leak an den damaligen Krone-Chefredakteur Richard Schmitt. Es geht um eine geplante Reform des ORF. Der Kanzler verdächtigt die FPÖ, Zwischenstände aus den Verhandlungen an die Medien gespielt zu haben.
Kurz: „Schmid (gemeint ist Krone-Chefredakteur Schmitt, Anm.) schreibt in der Krone von einem Side Letter zum ORF. Ich halte das für eine wirkliche Grenzüberschreitung! Wer sowas tut, bringt nicht nur die Koalition, sondern jeden einzelnen von uns in Gefahr!“
Kurz: „HC hebt nicht ab. Norbert, Herbert ihr müsst den bitte anrufen, dass das rauskommt. Wollen wir jetzt Spekulationen, dass es geheime Absprachen gibt???“
Kurz: „Habe noch einmal telefoniert. Ich denke, er nimmt es raus.“
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