Am 7. Juni jährt sich der Todestag der Kärntner Dichterin Christine Lavant zum 50. Mal. Die aus armen Verhältnissen stammende Autorin begründete in den 50er-Jahren eine neue Literatur in Österreich. Für ihre Gedichte und Erzählungen erhielt sie zahlreiche Preise. Trotzdem ist sie Vielen unbekannt. Ein Portrait.
Ihre Gedichte und Erzählungen handeln häufig von den Ausgestoßenen der Gesellschaft, von Armen, Kranken und Einsamen. Passend dazu inszenierte sie sich selbst geschickt als „arme, gebrechliche Frau“. Dadurch schaffte sie bis heute eine mythische Aura rund um ihre Person. Demgegenüber beschreiben sie Menschen, die sie persönlich getroffen haben, als durchaus schlagfertig. Thomas Bernhard schreibt sogar, sie sei „durchtrieben“, ihre Dichtung jedoch „noch nicht so bekannt, wie sie es verdient.“
Christine Lavant – Biografie
Christine Lavant stammt aus einer armen Bergarbeiterfamilie. Sie wird 1915 in St. Stefan im Lavanttal als Christine Thonhauser geboren. Den Namen Lavant (nach dem Fluss) verwendet sie erst ab 1948 als Pseudonym.
Als Kind leidet sie unter der Hautkrankheit Skrofulose, die ihr Gehör schädigt und sie fast erblinden lässt. Dr. Adolf Purtscher, der Primarius der Augenabteilung des Klagenfurter Landeskrankenhauses rettet ihr 1924 das Augenlicht. Er und seine Frau Paula Purtscher erkennen als Erste ihr literarisches Talent. In der Erzählung „Das Kind“ setzt sie dem geliebten Primariusdoktor 1948 ein Denkmal.
„Kunst wie meine ist nur verstümmeltes Leben“
Zeit ihres Lebens ist sie körperlich schwach und seelisch instabil. Einer geregelten Arbeit kann sie nicht nachgehen. Für eine Lehrausbildung fehlt der Familie das Geld. Am liebsten würde sie ein normales Leben führen, „6 Kinder, um für sie arbeiten zu können: Das ist Leben!“, schreibt sie in einem Brief. Doch wiederkehrende Depressionen und ihre gesundheitlichen Probleme hindern sie daran. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, schuf sie bedeutende Literatur. „Kunst wie meine ist nur verstümmeltes Leben“, schreibt sie später, „eine Sünde wider den Geist“.
Wo treibt mein Elend sich herum?
Ich habe es sehr streng behandelt
und durch und durch fast umgewandelt,
beim Abschied war es fremd und stumm
Christine Lavant beschreibt schonungslos die bittere Wirklichkeit
Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch geht sie 1935 auf eigenen Wunsch für einige Wochen in die „Landes-Irrenanstalt“ in Klagenfurt. Demütigungen und Gewalt stehen hier an der Tagesordnung. Die Erfahrungen, die sie in der Landes-Irrenanstalt macht, verarbeitet sie elf Jahre später in der Erzählung „Aufzeichnungen aus dem Irrenhaus“. Mit klarem Blick erzählt sie von verletzten Frauenseelen, erzwungener Anpassung und gesellschaftlichen Unterschieden. In ihrem Heimatdorf St. Stefan gilt sie nach ihrem Irranhaus-Aufenthalt als „Verrückte“.
Viel lieber säße ich noch tief im Mohn
bei Trost und Hoffnung und ein wenig Lüge
denn hier trägt alles schon die klaren Züge
der argen Wahrheit – man erfriert davon.
Verhältnis mit Werner Berg
Auf einer Dichterlesung in St. Veit lernt sie 1950 den Maler Werner Berg kennen. Mit ihm verbindet sie fortan eine jahrelange Freundschaft und Liebe. Berg, der von Christine Lavants Erscheinung und Lyrik beeindruckt ist, fertigt Portraits, Holzschnitte und Ölgemälde der Dichterin an. Christine Lavant wiederum schreibt so viele Gedichte wie noch nie. Weil beide verheiratet sind, kommt es jedoch zu Konflikten und schließlich zum Bruch, von dem sich Christine Lavant nur schwer erholt.
1954 erhält sie den Trakl-Preis. Es folgen weitere Auszeichnungen, wie 1961 der staatliche Förderungspreis für Literatur und 1961 erneut der Trakl-Preis. 1970 erhält sie schließlich den Großen österreichischen Staatspreis für Literatur.
Todesursache
Ende der 1960er Jahre kommt es immer wieder zu Krankenhausaufenthalten in Wolfsberg oder Klagenfurt. 1973 stirbt Christine Lavant schließlich im Landeskrankenhaus Wolfsberg an den Folgen eines Schlaganfalls.
Nachlass
Nach ihrem Tod kommt es zu einem jahrzehntelangen Urheberrechtsstreit über ihr Werk. Die Germanistinnen Annette Steinsiek und Ursula Schneider arbeiten um die Jahrtausendwende an einem „Gesamtbriefwechsel“ Christine Lavants. Bis dato wurde er nicht veröffentlicht.
Seit 2016 wird von der Christine-Lavant-Gesellschaft jährlich der Christine-Lavant-Preis für Lyrik und Prosa verliehen.