Wien

Einkommensschere: Frauen verdienen in Wien am besten, aber immer noch zu wenig

Die Stadt Wien fährt seit Jahren einen strikten Kurs in Sachen Frauenpolitik: Gerechtigkeit. Auch wenn der Weg zur umfassenden Gleichstellung der Frau noch ein weiter ist, geht Wien ihn für ganz Österreich vor. So beträgt die Einkommensschere in Wien nur 6%, während sie für ganz Österreich noch bei 15,2% liegt. Die Stadt arbeitet mit Bildungsangeboten für Frauen, kostenlosen Kinderbetreuungsangeboten oder einem neuen Frauenhaus an der Geschlechtergerechtigkeit.

Ein großes Problem bleibt der sogenannte Gender Pay Gap, also der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen. Österreichweit verdienen Frauen um 15,2% weniger als Männer – das entspricht 56 unbezahlten Arbeitstagen. In Wien verdienen Frauen im Österreich-Vergleich am besten, aber immer noch zu wenig. Die Stadt arbeitet mit mehreren Maßnahmen an der Geschlechter-Gerechtigkeit.

Einkommensschere in Wien: 27,5% im ersten Bezirk, 3,1% in Brigittenau

Die Unterschiede in der Bezahlung sind auch innerhalb Wiens nicht überall gleich groß. Nimmt man alle Bezirke zusammen, verdienen Frauen laut Zahlen von 2018 in der Stadt für Vollzeit-Arbeit um 11,4% weniger als ihre männlichen Kollegen. In der inneren Stadt beträgt der Pay Gap aber ganze 27,5%. In Brigittenau hingegen beträgt der Unterschied nur 3,1%.

1998 lag der Wert für die Stadt Wien noch bei 26,9%. Während sich also im 1. Bezirk wenig getan zu haben scheint, sind die Randbezirke in Punkto gleich Bezahlung schon weiter. Insgesamt zählt Österreich neben Deutschland aber weiter zu den EU-Ländern mit dem höchsten Gender Pay Gap.

„Girlsday“ und „Mama lernt Deutsch“

Die Wiener Stadtregierung will die Einkommensschere schließen und setzt dazu auf mehrere Initiativen. Beim Wiener Töchtertag öffnen jährlich Betriebe abseits klassischer Frauenberufe ihre Türen für junge Frauen in Form eines Schnuppertags. Erstmals eingeführt wurde er 2002, in Anlehnung an den amerikanischen „Girls’ Day“. Im letzten Jahr nahmen rund 3.000 Mädchen und 160 Unternehmen daran teil.

Auch „Mama lernt Deutsch“, ein Basisbildungs-Angebot für Frauen mit nichtdeutscher Muttersprache, spielt seit 2012 eine zentrale Rolle in der Frauenpolitik der Stadt. Geholfen werden soll Müttern, die Kinder in der Schule oder im Kindergarten haben – Mütter und Kinder sollen gemeinsam Deutsch lernen. Dazu dienen neben dem Unterricht vor allem Exkursionen in Kultur-, Sozial- und Freizeiteinrichtungen. Kursbegleitend wird auch eine Kinderbetreuung angeboten.

Mehr Plätze in Frauenhäusern

Noch dieses Jahr beginnt der Bau eines neuen Frauenhauses in Wien, das bis 2022 fertiggestellt werden soll. Frauenhäuser sind wichtige Einrichtungen, die Frauen vor gewalttätigen Partnern schützen – sie sind ein sicherer Raum und bieten Frauen Platz zum Wohnen ohne Gewalt.

Im geplanten fünften Frauenhaus der Stadt finden 50 weitere Frauen Schutz vor gewalttätigen Partnern. Bisher bieten die Wiener Frauenhäuser Unterkunft für bis zu 175 Frauen und deren Kinder, mit dem Bau des fünften Frauenhauses wird die Zahl der Plätze auf 225 erhöht – das Angebot in Wien übersteigt damit die Europarichtlinie. Neben einem eigenen Zimmer für jede Frau bietet das neue Haus hohe Sicherheitsvorkehrungen sowie großzügige Räume für Kinder.

Kostenlose Kinderbetreuung in ganz Wien

Wien setzt in Sachen Frauenförderung auch bei der Kinderbetreuung an. Die Stadt bietet beitragsfreie Kindergärten und Ganztagsschulen an, um Eltern bei der ganztägigen Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen.

Etwa ein Drittel der Kindergartenplätze Wiens werden von der Stadt selbst zur Verfügung gestellt. Dabei liebt besonderer Fokus auf der guten Vereinbarkeit mit dem Beruf: 95% der Kindergärten haben neun Stunden lang geöffnet, um zu gewährleisten, dass beide Elternteile in Vollzeit arbeiten können. Bei Bedarf können Kindergärten von 6 bis 18 Uhr Kinderbetreuung anbieten, an drei Standorten haben sie sogar bis 20 Uhr geöffnet. Damit wird auch alleinerziehenden Frauen die notwendige Unterstützung geboten.

Wiener Gleichbehandlungsgesetz soll Einkommensschere verkleinern

All diese Projekte gehen auf das Wiener Gleichbehandlungsgesetz zurück. In diesem am 1. Mai 1996 in Kraft getretene Gesetz verpflichtet sich die Stadt, als Dienstgeberin jede berufliche Benachteiligung aufgrund des Geschlechts zu beseitigen. Das hat die Stadt bereits in vielerlei Hinsicht umsetzen können: Bei den Gemeindebediensteten bekommen Frauen und Männer für gleiche Arbeit den gleichen Lohn. Die Wiener Landesregierung besteht derzeit aus sechs Stadträtinnen und sechs Stadträten.

„Gender Mainstreaming“: Wien will Geschlechtergerechtigkeit

Ein weiteres Programm der Stadt Wien ist das sogenannte Gender Mainstreaming. Unter dem Begriff wird ein strategischer Ansatz verstanden, bei dem Geschlechterpolitik sichtbar gemacht werden soll. Die Strategie dient der Gleichstellung der Geschlechter und fokussiert sich nicht nur auf Frauen, sondern auf alle Geschlechter. Damit soll zu einer geschlechtergerechten und solidarischen Gesellschaft beigetragen werden, zum Abbau von Benachteiligung, zur gleichen Teilhabe und zu einer von veralteten Rollenmustern befreiten Lebensgestaltung.

Natalie Bühl

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