Da staunten viele nicht schlecht: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) soll von einer deutschen Verlagsgruppe den „Freiheitspreis der Medien“ verliehen bekommen. Dabei rutschte Österreich unter seiner Amtszeit im weltweiten Ranking der Pressefreiheit ab. Eine mögliche Erklärung: Der Chef der Verlagsgruppe, die Kurz auszeichnet, hat ein Naheverhältnis zur ÖVP. Oder die Nachricht ist tatsächlich ein Witz.
Der Fasching ist vorbei und für einen Aprilscherz ist es auch schon zu spät. Trotzdem halten es viele Beobachter für einen schlechten Scherz: Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) soll den „Freiheitspreis der Medien“ bekommen. Verliehen wird die Auszeichnung vom konservativen deutschen Verlagshaus Weimer Media Group.
Die Begründung der deutschen Jury, deren Mitglieder lieber anonym bleiben möchten: Kurz sei ein „Brückenbauer“, ein „außergewöhnlicher Kommunikator“ und ein „Versöhner unterschiedlicher Interessen“. Der Kanzler stelle sich „gegen die Verächter von Demokratie und Pluralität“ und sei ein „Markenbotschafter der Freiheit“, heißt es in der Stellungnahme der unbekannten Jury wörtlich.
Mit dieser Meinung dürfte die deutsche Weimer Media Group, die den Preis verleiht, allerdings allein dastehen. Deutsche Zeitungen kritisierten den österreichischen Kanzler in den letzten Wochen durchaus heftig. Die Süddeutsche Zeitung etwa findet das, was Sebastian Kurz und seine ÖVP rund um die geheimen Chats und die Korruptions-Ermittlungen gegen Parteifreunde aufführen, „ist nicht normal“. Und der Nachrichtensender n-tv vergleicht die Message-Control von Kurz mit den Methoden der Rechtspopulisten Viktor Orbán und Donald Trump.
Auch abgesehen davon finden sich wenige Argumente dafür, Kanzler Kurz als Verfechter der Medienfreiheit auszuzeichnen. Im Gegenteil: Österreich rutschte unter seiner Amtszeit im weltweiten Ranking der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen um zwei Plätze nach unten.
Heimische Journalistinnen und Journalisten berichten immer wieder von versuchter türkiser Einflussnahme auf kritische Berichterstattung. Aktuell liegt gegen den ÖVP-Bundeskanzler sogar eine Anzeige aus dem Umfeld der Kurier-Redaktion bei der Staatsanwaltschaft. Der Vorwurf: Kurz habe mehrfach bei der Tageszeitung interveniert, um sein Image in der Berichterstattung aufzupolieren und die Zeitung auf Linie zu bringen. Das dürfte den Preisverleihern ebenso entgangen sein wie die 210 PR-Millionen, die Kurz und seine Regierung in den kommenden Jahren in Eigendarstellung stecken.
Obwohl alle heimischen Medien darüber berichten, kursiert mittlerweile das Gerücht, die ganze Sache sei nur ein Gag, eine geniale Satire. Die deutsche Verlagsgruppe bestätigt gegenüber der NeuenZeit zumindest die Echtheit der Pressemeldung der Verlags, laut der Kanzler Kurz den umstrittenen Preis erhält. Ob die deutsche Mediengruppe ihre eigene Meldung ernst meint, bleibt ungewiss.
Im Verlagshaus Weimer Media Group erscheinen hauptsächlich Wirtschafts-Medien. Verlagsgründer und Chef Wolfram Weimer pflegt ein Naheverhältnis zur ÖVP. Weimer war im April 2019 Stargast beim Mandatare-Treffen des ÖVP-Klubs und der türkisen Parteiakademie, berichtet das Online-Magazin ZackZack. Jetzt verleiht seine Mediengruppe einen Preis an den ÖVP-Kanzler. Ein Schelm, wer Böses denkt.
Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist die Preisverleihung „schlichtweg absurd“. Deutsch erinnert daran, dass Kurz „die unabhängige Justiz am laufenden Band attackiert, Medien unter Kontrolle bringen möchte und nicht einmal davor zurückschreckt, der Kirche unverhohlen zu drohen“.
Kritik kommt auch von den Freiheitlichen. „Kurz, der sich mit 210 Millionen Euro Sonderförderung die österreichische Medienlandschaft dienlich kauft und mit täglichen Anrufen Österreichs Journalisten unter Druck setzt, hat mit dem Begriff ‚Freiheit‘ aber schon gar nichts am Hut“, sagt FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.
Für Sebastian Kurz ging die Rechnung jedenfalls auf: Die Nachricht über seinen „Freiheitspreis der Medien“ landete auf vielen heimischen Titelseiten.
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