Steiermark

Land mit Vergangenenheit: Die Geschichte der Steiermark in 10 prägenden Ereignissen

Die Steiermark hat eine lange Geschichte. Von der ersten Landesverfassung bis zur Kulturhauptstadt Graz: In den letzten 100 Jahren formte sich das Bundesland zum Land des Kernöls, der Kultur und des „grünen Herzens“. Die Neue Zeit hat die Geschichte der Steiermark in Kurzfassung aufgeschrieben – in zehn prägenden Ereignissen.

Die Geschichte der Steiermark in Kurzfassung: Ein Bundesland entsteht

Alles beginnt mit dem sogenannten Friedensvertrag von Saint Germain im Jahr 1919. Die Mittelmächte, darunter das Kaiserreich Österreich-Ungarn, haben den Ersten Weltkrieg verloren. Die siegreichen Länder entscheiden über das Schicksal des heutigen Österreichs. Durch den Krieg leben viele Menschen in Armut und Angst.

Und doch waren die Unterzeichnung des Friedensvertrages und die Gründung der Republik Österreich die ersten Schritte zu einer demokratischen Gesellschaft – auch in der Steiermark. Der erste gewählte steirische Landtag befreite das Bundesland von der Monarchie und gab den Steirerinnen und Steirern zum ersten Mal ein Stimme. Die Geschichte der Steiermark in Kurzfassung beginnt.

Der Verlust der Untersteiermark 1919

Ursprünglich sollte das gemischt-sprachige Drautal mit den Städten Maribor und Ptuj (heute in slowenische Städte) ein Teil der Republik Österreich bleiben. Jedoch beanspruchte auch das damalige Königreich Jugoslawien das Territorium. In Österreich regierte zu dieser Zeit der sozialdemokratische Staatskanzler Karl Renner. Er überließ aufgrund der katastrophalen Versorgungslage in der Untersteiermark das Drautal dem Königreich Jugoslawien. Trotz der diplomatischen Lösung kam es zu kleineren Kampfhandlungen in Marburg und Radkersburg.

Das junge Bundesland Steiermark verlor ein Drittel seiner Fläche und seiner Einwohner. Die nächsten Jahre in der Steiermark waren – wie im Rest der ersten Republik – von wirtschaftlicher Not geprägt. Das erleichterte es anti-demokratischen Kräften, die Oberhand zu gewinnen.

Die Hinrichtung von Kolloman Wallisch 1934

Arbeiterführer Koloman Wallisch wird 1934 hingerichtet. // Bild: Wikimedia Commons/AktionFreieKunst

Engelbert Dollfuß, diktatorisch regierender Kanzler der vaterländischen Front, schaltete das Parlament aus und führte einen faschistischen Ständestaat und somit den Faschismus in Österreich ein. Die verbliebenen Demokraten wollten das nicht wehrlich hinnehmen. Der sogenannte „Republikanische Schutzbund“ versuchte, in einem bewaffneten Konflikt die Demokratie zu verteidigen.

In der Steiermark riefen Arbeiterverbände zum Generalstreik und bewaffneten Widerstand auf, besonders in Graz und der Obersteiermark. Dabei wurde der Arbeiterführer Koloman Wallisch wegen „Verführung zum Aufstand“ im Februar 1934 hingerichtet. Die sozialdemokratische Arbeiterpartei wurde in den folgenden Jahren verboten, die Demokratie war vorerst beendet.

Die „Stadt der Volkserhebung“ 1938

Zu den dunkelsten Kapiteln der steirischen Geschichte zählt die Zeit des Nationalsozialismus. 1938 hat die Propaganda der Nazis überhand genommen. Besonders in der Steiermark. Im Februar zieht ein Fackelzug der Hitlerjugend durch die Landeshauptstadt Graz. Tausende hissten Hakenkreuz-Fahnen an ihren Hauswänden. Den Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland „feierten“ 70.000 Menschen am Grazer Hauptplatz.

Dies brachte der Stadt den Titel „Stadt der Volkserhebung“ ein. Es gab jedoch auch Steirer, die Widerstand leisteten. Sie sabotierten Eisenbahnen in der Gegend von Leoben, Knittelfeld und Bruck an der Mur (Obersteiermark) und versuchten so, sich gegen das NS-Regime zu stellen.

Das Massaker von Eisenerz 1945

Die letzten Monate des 2. Weltkrieges waren die grausamsten. Tausende ungarische und jüdischstämmige Menschen, die am Bau der Verteidigungsanlagen in der Südoststeiermark arbeiten mussten, wurden in einem Todesmarsch über den Eisenerzer Präbichl-Pass getrieben. Ein Aufgebot des „Volkssturms“ –  die letzten Ersatzkräfte des NS-Regimes – richtete an der Gefangenenkolonne ein Massaker an: Sie erschossen 200 Frauen und Männer in der Steiermark. Erst im Jahr 2000 wurde der Beschluss gefasst, in Eisenerz eine Gedenkstätte für die Opfer des Nazi-Massakers zu errichten.

Die Gedenkstätte am Präbichl erinnert an die NS-Gräueltaten. // Bild: Wikimedia Commons/Haeferl

Die ersten Wahlen nach dem Krieg 1945

Die Geschichte der Steiermark in Kurzfassung tritt nach dem 2. Weltkrieg in eine neue Phase ein: Der Wiederaufbau beginnt. Die Bevölkerung ist geschockt vom Einmarsch der Roten Armee, die bis Graz vorrückt. Im Vergleich zu den Briten, die in den nächsten zehn Jahren das Bundesland verwalteten sollten, gehen die Sowjets gewalttätiger vor. Brandschatzungen und Plünderungen sind für die kurze Zeit der russischen Besatzung an der Tagesordnung.

Das mag mit ein Grund dafür sein, dass die kommunistische Partei bei den ersten steirischen Landtagswahlen nur fünf Prozent der Stimmen erzielte. Die Sozialdemokratie erreichte 42%, die Volkspartei stellte mit 53% den Landeshauptmann. Die ÖVP sollte dieses Amt bis 2005 behalten: Der Sozialdemokrat Franz Voves war der erste SPÖ-Landeshauptmann.

Staatsvertrag: Der letzte Soldat verlässt die Steiermark 1955

Im Mai 1955 unterzeichnen die Bundesregierung und die damaligen Besatzungsmöchte den österreichischen Staatsvertrag – Österreich ist frei. Der Wiederaufbau beginnt, in seinem Schatten die dunkle Zeit des Nazi-Regimes. Als der letzte britische Soldat mit seiner Familie im September 1955 die Steiermark verlässt, kann ein neues Kapitel steirischer Geschichte starten. Ein Kapitel, das sich vom Wiederaufbau aus den Trümmern des Krieges bis zu einem kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung erstreckt, der noch heute andauert.

Die Geschichte der Steiermark in Kurzfassung: Nach dem 2. Weltkrieg war das Bundesland britisch besetzt. // Bild: Wikimedia Commons/Master Uegly

Die Stahlkrise und Privatisierung der VOEST-Alpine in den 80ern

1985 befindet sich die Stahlbranche in ganz Europa in einer Krise. Das trifft die Steiermark hart, denn die Stahlerzeugung ist damals der wichtigste Wirtschaftszweig. Der Stahlkonzern voestalpine wird privatisiert – in der Folge gehen 9.400 Arbeitsplätze verloren.

Auch heute ist die private voestalpine in der Krise: Der Konzern will in der Corona-Pandemie 500 Jobs in der Obersteiermark abbauen.

Die voestalpine Tribüne in Spielberg. // Bild: Wikimedia Commons/Nico Hofer

Die Ostöffnung bis 2007

1991 fällt der Eiserne Vorhang – Österreich grenz damit nicht mehr an den Warschauer Block. Die Grenzen zu den Ostblock-Ländern waren in den vorhergehenden Jahren stets durchlässiger geworden. Die Steiermark profitiert als östliches Bundesland vom Wirtschaftsaufschwung und von der Öffnung Richtung Osten. 2007 wird die Schengengrenze von der österreichischen Außengrenze an die Außengrenze der EU verlegt.

Graz als Kulturhauptstadt Europas 2003

Das Grazer Kunsthaus eröffnet 2003. // Bild: Wikimedia Commons/Isiwal

2003 wird Graz von der Europäischen Union zur Kulturhauptstadt Europas ernannt. Zahlreiche Kunstausstellungen finden statt, das Grazer Kunsthaus und die Murinsel öffnen. Die Kunstveranstaltungen, die im Zuge des Jahrs der Kulturhauptstadt in den Straßen von Graz stadtfinden, bilden das bis dahin größte Kulturereignis, das in Österreich jemals stattgefunden hat.

Heute leben in der Steiermark auf 16.401,04 Quadratkilometern 1.246.395 Einwohner, allein in der Hauptstadt Graz leben 291.072 Menschen. Das macht die Murmetropole nach Wien zur bevölkerungsreichsten Stadt des Landes. Graz und die Steiermark sind nach einer bewegten Geschichte angekommen – im Herzen Österreichs und Europas.

Maximilian Ferner

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