Gesellschaft

Kein Tierschutz, keine Umweltstandards: So tricksen uns Unternehmen mit Fake-Gütesiegeln aus

Gütesiegel dienen uns im Supermarkt oft als Orientierungshilfe. Die meisten dieser Siegel haben aber sehr geringe Ansprüche, was Themen wie Tierwohl oder Umweltschutz betrifft. Oft wollen sie mit den Siegeln ihre Produkte “aufpolieren” und dadurch Umsätze steigern. Was Wenige wissen: Das in Österreich viel gelobte “AMA”-Gütesiegel bedeutet weder glückliche Kühe auf saftig grünen Blumenwiesen, noch höchste Umweltstandards, sondern Vollspaltenböden und Tierleid.  

Immer mehr Menschen wollen nachhaltige Lebensmittel einkaufen. Um sich in den Supermarktregalen des Landes zurechtzufinden, achten viele Kundinnen und Kunden auf Gütesiegel oder  andere Kennzeichnungen. Doch oft sagen diese Siegel sehr wenig über das tatsächliche Produkt aus. Häufig sind sie nur ein billiger Trick der Unternehmen, um das Produkt besser darzustellen, als es eigentlich ist. 

Viele Gütesiegel, nichts dahinter!

In Österreich gibt es vier staatlich anerkannte Gütezeichen. Das bekannteste davon ist das AMA-Gütesiegel. Die weiteren drei Gütesiegel sind das AMA-Biosiegel, das ÖGE-Gütezeichen und das Austria Gütezeichen. Neben diesen vier Gütesiegeln  ist die Gesamtzahl an Gütesiegeln in den Regalen der österreichischen Supermärkte wesentlich höher – und für Kund:innen mittlerweile unüberschaubar.  Das liegt daran, dass Unternehmen die Möglichkeit haben, ganz einfach eigene Gütezeichen für ihre Produkte zu erfinden. In der Regel haben diese dann  weder Umwelt-, noch Tierschutz-Standards. 

Diese “Güte”siegel-Lüge haben viele Unternehmen und auch Supermärkte zur Perfektion getrieben. Die vermeintlichen Gütesiegel sprießen wie Schwammerl aus dem Boden – alles mit einem Zweck: den Profit durch die angebotenen “super” Produkte zu erhöhen.

Aufgrund der hohen Anzahl an Gütesiegeln ist es für Konsument:innen sehr schwierig, sich  im unübersichtlichen Siegel-Dschungel noch zurechtzufinden. Um einen Überblick zu bekommen, welches Siegel mehr Schein als sein ist und welches hält, was es verspricht, haben Global2000 und Südwind die bekanntesten Gütesiegel analysiert und anschließend bewertet.

Die Gütesiegel Lüge

Das bekannteste Gütesiegel in Österreich ist wohl das AMA-Gütesiegel. Das zeigt auch eine Online-Umfrage von der Arbeiterkammer Oberösterreich und der Tierschutzorganisation VIER Pfoten aus dem Jahr 2021. 92 Prozent der Befragten kennen dieses Siegel, rund die Hälfte davon (43%) verbindet es auch mit Tierwohl. Doch schaut man sich dieses Gütesiegel etwas genauer an, sieht man, dass Tierwohl nicht unbedingt an erster Stelle steht. 

Denn Schweine, die später im Supermarktregal das AMA-Gütesiegel draufgeklebt bekommen, erleben kein Tierwohl. Sie leben zusammengepfercht mit anderen Artgenossen auf Vollspaltenböden ohne Stroheinstreu. Das hat sich erst kürzlich bei einem steirischen Schweinemastbetrieb gezeigt:, der VGT (“Verein gegen Tierfabriken”) hat schockierende Bilder aus dem Betrieb veröffentlicht und das obwohl er das AMA-Gütesiegel trägt. 

Außerdem ist das AMA-Gütesiegel kein Bio-Siegel und hat abgesehen von der Herkunft der Produkte keine sonderlich hohen Anforderungen. Es garantiert lediglich, dass das Produkt aus Österreich kommt und auch die Verarbeitung hier stattfindet.

Viele Gütesiegel – und darunter auch das AMA-Gütesiegel – erfüllen zum Großteil also nur die gesetzlichen Mindeststandards und versuchen dann mit Werbeslogans wie “Zu wissen, mit wieviel Sorgfalt gewirtschaftet wird, das hat einen Wert“, Konsument:innen in die Irre zu führen. Vergeben wird das Siegel übrigens durch das “AMA Marketing”. Und das gehört der AMA (Agrar Markt Austria), die wiederum dem Landwirtschaftsminister untersteht.

Gütesiegel: Wo Österreich draufsteht, ist nicht unbedingt Österreich drinnen

Die Siegel-Lüge treibt aber noch andere Blüten: Eigentlich sollte für alle klar sein, wenn ein Produkt “Tiroler Speck” heißt und das auch so auf der Verpackung klebt, dann sollte dieser auch drinnen sein. Doch um sich Speck aus Tirol zu nennen, ist die Herkunft des Specks  völlig egal. Die Tiere können von überall aus Europa importiert werden und müssen lediglich in Tirol verarbeitet worden sein. Kann also gut sein, dass statt dem “Tiroler Speck” ein Fleischprodukt aus Schweinderln aus Griechenland im Einkaufswagerl landet – tarnen und täuschen ist hier die Devise der Produzenten

Fotocredit: Europäisches Parlament

Einer der diesen Etikettenschwindel konsequent kritisiert ist EU-Abgeordneter Günther Sidl (SPÖ), der sich auch im EU-Umweltausschuss für klare und transparente Regeln stark macht.

„Wo Österreich draufsteht muss Österreich drinnen sein! Wir haben bei unverarbeiteten Lebensmitteln wie Obst und Gemüse klare Regeln für die Herkunftsbezeichnung geschafft – und genau das brauchen wir auch bei verarbeiteten Lebensmitteln. Die Menschen haben ganz klar das Recht zu wissen, woher ihre Lebensmittel stammen und unter welchen Bedingungen sie produziert und transportiert werden,“ so Günther Sidl (SPÖ).

Warum es hier keine einheitlichen Regelungen gibt und Tiere quer durch Europa transportiert werden, kann vermutlich nur ein Umstand beantworten: Die Gier nach möglichst günstiger Produktion bei möglichst großem Profit.

Jonathan Kaspar

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