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Ludwig zur Teuerung: Es kann nicht sein, dass die arbeitenden Menschen wieder die Zeche alleine zahlen

Bild: https://www.michael-ludwig.wien/galerie/

Die Corona-Krise haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezahlt. Konzerne kassierten Beihilfen und schütteten Dividenden aus. So wurden die Reichen noch reicher. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig fordert im NeueZeit-Interview, dass sie in der Teuerungskrise ihren gerechten Beitrag leisten. 

NeueZeit: Wien ist deutlich besser durch die Corona-Krise gekommen als die meisten anderen Großstädte. Warum eigentlich?

Wien ist in der Corona-Krise stets auf der sicheren Seite gestanden. Dass dieser vorsichtige, verantwortungsvolle und vor allem konsequente Kurs richtig war, hat man daran gesehen, dass während der Delta-Welle im Herbst 2021 die Infektionszahlen in Wien österreichweit am niedrigsten waren. Das ist für eine Millionenstadt ein beachtliches Ergebnis. Es gab weniger Hospitalisierungen und vor allem weniger Todesfälle. Und das ist das Wichtigste!

NeueZeit: Was können wir daraus lernen? Wie kann sich eine Stadt und eine Gesellschaft auf solche Ausnahmesituationen vorbereiten?

Es hat sich klar gezeigt, dass starke öffentliche Systeme mit solch außergewöhnlichen Belastungen wie der Corona-Krise besser zu Rande kommen. Wien hatte den Vorteil, über eine funktionierende Daseinsvorsorge zu verfügen. Das heißt, dass sich die Grundversorgung der Menschen sich nach wie vor in kommunaler Hand befindet, gleich ob Spitäler, Öffis oder die Wasserversorgung. Deswegen ist der Alltag in Wien auch während der strengen Lockdowns so normal wie möglich weitergegangen. In Zukunft wird es umso mehr auf einen starken Sozialstaat und eine hochwertige Daseinsvorsorge ankommen. Das ist die Lehre aus Corona.

NeueZeit: Teilweise hatte man in den letzten beiden Jahren den Eindruck, Sie mussten gegen die Pandemie und die Bundesregierung kämpfen?

Im Unterschied zu Mitgliedern der Bundesregierung, die die Pandemie schon im Sommer 2021 für „gemeistert“ erklärt haben, habe ich das Coronavirus nie unterschätzt. Deswegen blieb die Maskenpflicht im Handel weiterhin aufrecht und wir haben Kinder ab sechs Jahren testen lassen. Spätestens im Herbst 2021 und dem Aufkommen der Delta-Welle hat sich dann gezeigt, dass die Vorsicht mehr als berechtigt war. Ich habe auch immer darauf Wert gelegt, konsequent zu bleiben und keine großen Versprechungen zu machen. Denn eine „Hü-Hott-Politik“ trägt nur dazu bei, die Menschen zu verwirren. Nicht umsonst hat stets eine Mehrheit der Wiener Bevölkerung die Corona-Schutzmaßnahmen mitgetragen. Weil man gesehen hat: Das ist wissenschaftlich fundiert und es zahlt sich aus.

In der Corona-Krise sind viele Milliarden an Großkonzerne geflossen, die in der Krise gute Gewinne gemacht haben und auch noch Dividenden ausgeschüttet haben. Jetzt kommt es darauf an, die Bewältigung der Krisenkosten gerechter zu verteilen: Auch Millionäre und Online-Konzerne müssen ihren Beitrag leisten. Denn es kann nicht sein, dass die arbeitenden Menschen wieder die Zeche alleine zahlen, so wie bei der Finanzkrise 2008. (Michael Ludwig)

NeueZeit: Corona ist zwar noch nicht vorbei, aber die nächste Krise ist da: Wie geht Wien mit der Teuerung um? Und wie wollen sie die Stadt sicher durch die nächsten Monate und Jahre bringen? Die Prognosen sind furchteinflößend.

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Zunächst einmal ist Wien in einer guten Ausgangsposition. Viele kommunale Leistungen, die anderswo bezahlt werden müssen, sind in Wien immer noch gratis oder ganz bewusst günstig. Ein gutes Beispiel ist das Jahresticket für die Öffis. Dieses bietet Mobilität in ganz Wien um einen 1 Euro pro Tag. Das wird weiter so bleiben. Aber es kommt auch darauf an, die Menschen rasch zu entlasten. Das haben wir mit der Wiener Energieunterstützung Plus gemacht. Wir wenden 124,3 Millionen Euro auf, um jenen zu helfen, die unter Energiearmut leiden. 260.000 Wienerinnen und Wiener profitieren von dieser raschen Soforthilfe. Es braucht aber noch viel mehr und da ist jetzt die Bundesregierung am Zug.

NeueZeit: Und die Energiekrise? Was kann die Stadt machen, wenn das russische Gas ganz ausbleibt? Viele Mieterinnen und Mieter können sich ja nicht aussuchen, ob sie mit Gas heizen.

Österreich braucht das Gas, aber Russland ebenso die Einnahmen, die es so erhält. Wien kann hier alleine nicht viel machen, sondern es ist das Krisenmanagement des Bundes gefordert. Langfristig investieren wir in Wien in alternative Energieformen, um uns aus der Abhängigkeit von russischem Gas zu befreien. Bereits ab Mitte 2023 wird die Großwärmepumpe in Simmering, eine der leistungsstärksten in ganz Europa, bis zu 56.000 Wiener Haushalte mit umweltfreundlicher Wärme versorgen.

NeueZeit: In Wien sind derzeit so viele Menschen beschäftigt, wie noch nie. Wie wollen Sie dazu beitragen, dass das so bleibt – und am besten noch mehr wird?

Wir führen unsere aktive Wiener Arbeitsmarktpolitik auch in Zukunft fort. Beispielsweise geben wir mit der Joboffensive 50 plus älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wieder Beschäftigungschancen. Darüber hinaus kommt ein eigenes Investitionspaket von 600 Millionen Euro der Wirtschaft zugute. Gleichzeitig kümmern wir uns um die Arbeitswelt von morgen. So machen wir Wien zur Digitalisierungshauptstadt und fördern die Entwicklung innovativer Technologien. Davon werden alle Wienerinnen und Wiener profitieren, sei es durch mehr berufliche Chancen oder durch einen einfacheren Alltag.

NeueZeit: Wir kommen gerade erst aus einer der größten Krisen der zweiten Republik und stehen schon am Anfang der nächsten. Woher soll das Geld dafür kommen?

In der Corona-Krise sind viele Milliarden an Großkonzerne geflossen, die in der Krise gute Gewinne gemacht haben und auch noch Dividenden ausgeschüttet haben. Jetzt kommt es darauf an, die Bewältigung der Krisenkosten gerechter zu verteilen: Auch Millionäre und Online-Konzerne müssen ihren Beitrag leisten. Denn es kann nicht sein, dass die arbeitenden Menschen wieder die Zeche alleine zahlen, so wie bei der Finanzkrise 2008.

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