Seit 2003 ist Siegfried Nagl (ÖVP) Bürgermeister von Graz. In gesellschaftspolitischen Fragen setzt er konsequent auf Verbote statt auf Dialog. Das hat Graz den Beinamen Verbotshauptstadt eingebracht. Unter Nalgs rigorosem Vorgehen leidet vor allem die Jugend. Nach Alkohol-Verbot und Radfahr-Verbot in Parks hat zuletzt das Skate-Verbot auf öffentlichen Plätzen für Aufregung gesorgt.
Unter Nagl wurde Graz zur Verbotshauptstadt Österreichs
18 Jahre ÖVP-Herrschaft haben Graz nachhaltig geprägt. Im gesellschaftspolitischen Bereich ist dabei eine eindeutige Wende in Richtung Illiberalität erkennbar. Seitdem Siegfried Nagl 2003 das Bürgermeisteramt übernahm, wurden Verbote in Hülle und Fülle erlassen. Der Langzeitbürgermeister lehnt bei gesellschaftspolitischen Fragen grundsätzlich den Dialog ab. Eine Reihe von Beispielen verdeutlicht das. Alkoholkonsum ist in der Grazer Innenstadt seit dem Jahr 2012 verboten. Genau genommen gilt das Verbot jedoch nur für nicht-kommerziellen Alkoholkonsum. Sobald die Adventmärkte beginnen, ist Glühweintrinken nämlich ohne Einschränkungen erlaubt. Generell treffen Nagls Verbote oft nicht-kommerzielle Aktivitäten. Ein Beispiel dafür sind die Grazer Parks. Dort ist Radfahren, Grillen und sogar Slacklinen streng verboten.
Schon fast vergessen, weil konsequent ignoriert, ist das Handyverbot in den Öffis. Es wurde aufgrund fehlender rechtlicher Grundlage ohnehin schnell zu einem Gebot umgewandelt. So einfach wie das Handygebot verschwand jedoch keine weitere Einschränkung des öffentlichen Lebens. Um die Einhaltung der vielen Verbote zu kontrollieren, wurde 2007 die Grazer Ordnungswache geschaffen. Sie untersteht wenig überraschend der politischen Zuständigkeit der von FPÖ-Stadtrat Eustacchio. Ein Ende der Verbotsflut ist derzeit leider nicht in Sicht.
Nagl verbietet Skaten an öffentlichen Plätzen
Das bislang letzte Verbot in der steirischen Landeshauptstadt trifft wieder die Jugend. In Graz hat die Trendsportart Skateboarding in den vergangenen Jahren einen großen Aufschwung erlebt. Die vorwiegend jungen Skater sind vor allem in den Parks und auf den öffentlichen Plätzen der Stadt unterwegs. Sie bewegen sich dort nicht nur von A nach B, sondern zeigen auch hin und wieder Tricks. Besonders beliebt sind dabei der Lendplatz und der Kaiser-Josef-Platz. Vor allem während der Corona-Zeit kamen die Skater immer öfter mit Anrainerinnen und Anrainern in Konflikt.
Diese beklagten Lärmbelästigung und nicht eingehaltene Corona-Maßnahmen. Nagl reagierte auf den gesellschaftlichen Konflikt wie gewohnt mit einem Verbot. Daher drohen jetzt jedem auf einem öffentlichen Platz tricksenden Skater 15 Euro Geldstrafe. Die Skaterszene kündigte umgehend rechtliche Schritte gegen diese Maßnahme an. Bis zur Klärung der Sachlage übernimmt der Verein „Grazer Rollbrett Ästheten Bund“ (GRÄB) darüber hinaus die Bezahlung aller verhängten Strafen. Unabhängig vom Ausgang des Konfliktes ist das Skateverbot ein weiterer Schlag Nagls gegen die Jugendkultur.
SPÖ setzt auf Dialog und nicht auf Verbote
Das Skateverbot nimmt die steirische Sozialdemokratie jetzt zum Anlass, um verstärkt mit der Jugend in Dialog zu treten. Deshalb findet die fünfte Ausgabe der Club-Gespräche von Landtagsklubobmann Hannes Schwarz (SPÖ) am Grazer Kaiser-Josef-Platz statt, der bei Jugendlichen besonders beliebt ist. Am 26. August spricht er dort ab 17:45 mit Lisa Veith, der Obfrau des Grazer Rollbrett Ästheten Bundes, „Graz Connected“-Gründer und Festivalveranstalter Peter Droneberger und dem B-Boy Manuel Pölzl. Mit dabei ist auch der sozialdemokratische Grazer Landtagsabgeordnete Klaus Zenz. Mit der Entscheidung die Club-Gespräche am Kaiser-Josef-Platz stattfinden zu lassen möchte Schwarz ein Zeichen setzen. „Die Aufgabe der Politik ist es, zuzuhören und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich unsere Jugend frei entwickeln und ihre Zukunft selbst gestalten kann. Dafür braucht es einen Dialog“, betont er dabei.
Eines der Hauptthemen des Club-Gesprächs wird natürlich das Grazer Skateverbot sein. Um nicht nur über Kultur zu reden, sondern Kultur zu schaffen, gibt es auch ein Rahmenprogramm. Dabei wird Musik gemacht und getanzt. Die gesamte Veranstaltung soll den Gegensatz zwischen sozialdemokratischer Jugendpolitik und jener von Bürgermeister Nagl verdeutlichen. Ob Graz den Ruf als Verbotshauptstadt loswerden kann, hängt jedoch vor allem vom Ausgang der Gemeinderatswahl ab.