Österreich

Überraschung: Die Zustimmung zum Anti-Korruptions-Volksbegehren ist bei ÖVP am Geringsten

Seit einiger Zeit greift die ÖVP Staatsanwälte an, die gegen türkise Politiker ermitteln. Unter anderem als Reaktion darauf wurde ein Anti-Korruptions-Volksbegehren initiiert. Um keinen PR-Schmäh verlegen, kündigten die Türkisen an, es zu unterstützen. Eine Umfrage zeigt aber, dass die ÖVP-Positionen sich nur zu 51 Prozent mit den Zielen des Volksbegehrens decken.

Skandale der ÖVP als zentraler Auslöser für das Anti-Korruptionvolksbegehren

Der Ibiza-U-Ausschuss gewährte tiefe Einblicke in die politische Kultur Österreichs. Vor allem zeigte sich aber, dass sich um Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein fragwürdiges System von Postenvergabe und mutmaßlicher Korruption gebildet hat. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht neue Skandale der türkisen Familie auffliegen. Gegen Kurz selbst ermittelt die Staatsanwaltschaft mittlerweile wegen Verdachts auf Falschaussage. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre Haft. Das potenzielle Verfahren gegen Kurz ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Thomas Schmid musste wegen der Chat-Affäre rund um seine verachtenden Äußerungen über normale Menschen als ÖBAG-Chef zurücktreten. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) verhöhnt unterdessen regelmäßig Parlament und U-Ausschuss. Nur die Koalitionstreue der Grünen führten zum Scheitern einer Ministeranklage gegen ihn. Vor dem Hintergrund dieser Situation hat eine unabhängige Initiative das Anti-Korruptionsvolksbegehren gestartet.

Anti-Korruptionsvolksbegehren will unabhängige Justiz stärken

Initiiert wurde das Volksbegehrens von prominenten Persönlichkeiten wie dem Verfassungsjuristen Heinz Mayer und der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss. Ziel ist die Stärkung des Rechtsstaates, der vor allem von der ÖVP immer wieder angegriffen wird. Außerdem möchte die Initiative eine Reform der Medienförderung sowie das Ende der Inseratenkorruption. Die Forderungen stehen ebenfalls in direktem Zusammenhang mit der Medienpolitik, welche die Bundesregierung betreibt. Wichtigstes Anliegen des Anti-Korruptionsvolksbegehrens ist jedoch die Stärkung der unabhängigen Justiz.

Nicht zuletzt stellten sich Walter Geyer, ehemaliger Leiter der Wirtschafts- und Korruputionsstaatsanwaltschaft, die Ex-Justizministerin Maria Berger und die wegen politischer Schikanen zurückgetretene Juristin Christina Jilek hinter die Initiative. Wie angeschlagen die unabhängige Justiz bereits ist, zeigte der letzte Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Union. In diesem ist viel Kritik an der Regierung zu lesen. Zuvor verlor Österreich im Korruptions-Ranking einige Plätze. Das Volksbegehren läuft derzeit sehr erfolgreich. Innerhalb von nur zwei Wochen wurde die für das Einleiten notwendige Unterschriftenzahl um das Dreifache überschritten.

ÖVP weist die geringste Übereinstimmung mit dem Anti-Korruptionsvolksbegehren auf

Aufgrund der großen Beliebtheit des Volksbegehrens hat sich auch die ÖVP zu dessen Unterstützung bekannt. Mehrere hochrangige Politiker erklärten öffentlichkeitswirksam es unterzeichnen zu wollen. Die letzten Entwicklungen lassen jedoch Zweifel an der Aufrichtigkeit der türkisen Unterstützung aufkommen. Von den Initiatoren des Volksbegehrens wurden nämlich Fragebögen an alle Parlamentsparteien verschickt. Damit wollte man parlamentarische Mehrheit für die Forderungen ausloten. Das Ergebnis der Befragung war aufschlussreich. Mit 97,2 Prozent weist die SPÖ den höchsten Übereinstimmungsgrad mit den Zielen des Volksbegehrens auf. Dahinter folgen NEOS und Grüne. Die FPÖ, in den letzten Jahren ja selbst oft in Korruptionsaffären verwickelt, kann sich nur mit 71,5 Prozent der Ziele des Volksbegehrens identifizieren.

Weitaus weniger Zustimmung findet das Volksbegehren jedoch bei der ÖVP. Nur 51,4 Prozent der Forderungen werden von den Türkisen vorbehaltlos unterstützt. Damit liegt auf der Hand, dass Kurz und Co. das geringste Interesse an einer Stärkung der unabhängigen Justiz haben. Die türkise Ankündigung, das Anti-Korruptions-Volksbegehrens zu unterstützen, ist daher eindeutig nicht ernst zu nehmen.

Martin Amschl

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