Der Direktor des ORF-Landesstudios Niederösterreich soll dafür gesorgt haben, dass ÖVP-kritische Berichte geändert wurden und ÖVP-Politiker:innen sich in Szene setzen konnten. 2021 kamen 70% der Politikerstatements im ORF-NÖ von der ÖVP. Das zeigen Recherchen der Wochenzeitschrift „Der Falter“. Die Büros von Johanna Mikl-Leitner und anderen ÖVP-Landesrät:innen sollen Berichte bestellt haben, die dann auch nach deren Vorstellungen auf Sendung gingen.
Der Direktor des ORF-Landesstudios Niederösterreich, Robert Ziegler, soll dafür gesorgt haben, dass Beiträge des ORF-NÖ genau so ausschauen, wie sie sich die ÖVP-NÖ bestellt hatte. Das zeigen Aussagen vor einer eigens eingerichteten Untersuchungskommission im ORF, die der Wochenzeitschrift „Falter“ vorliegen. Das Büro von Johanna Mikl-Leitner und Pressesprecher:innen der ÖVP-Landesrät:innen schickten ihm ihre Wünsche. Und die fanden sich dann in Beiträgen und Anweisungen an Redakteur:innen wieder.
Ziegler achtete laut der Berichte penibel darauf, dass ausreichend ÖVP-Politiker:innen zu Wort kommen – allen voran Johanna Mikl-Leitner. Im Jahr 2021 stammten 70% aller Politikerwortmeldungen in Nachrichtensendungen des ORF-NÖ von der ÖVP. Und zwischendurch erkundigten sich Mitarbeiter von ÖVP-Landesräten, ob Journalistinnen im ORF-NÖ auch linientreu genug seien.
ORF-NÖ: Nachrichten auf Bestellung der ÖVP
In der Praxis lief das dann laut „Falter“ so: „Wie gestern vorangekündigt. Ideal wäre ein Kameraschwenk und gleich darauf O-Ton-Möglichkeit mit Chefin im Büro. Wir haben folgende Teilnehmer bereits kontaktiert.“ Das schreibt der Kommunikationschef im Februar letzten Jahres an Robert Ziegler. Und so landet es dann auch in der Nachrichtensendung Niederösterreich Heute.
In einer anderen Mail, die publik wurde, bedankt sich der Pressesprecher von Sportlandesrat Jochen Danninger für Beiträge nach seinen Vorstellungen: „Lieber Robert! Herzlichen Dank für eure Flexibilität bei der gestrigen Sportgeschichte. Es war super, dass LR Danninger noch seine Forderung in letzter Minute unterbringen konnte!“
Machtmissbrauch und Interventionen
„Ziegler war es, der das Landesstudio im Sinne der ÖVP NÖ geführt hat“, berichtet der ehemalige Redakteur oder die ehemalige Redakteurin des ORF NÖ in der Aussage, die der „Falter“ zitiert, weiter. Was das bedeutete? „Ich wurde vielfach angewiesen, Beiträge umzuschreiben oder umzuschneiden, weil diese zu ÖVP-kritisch waren oder Politikerinnen und Politiker der ÖVP unterrepräsentiert waren.“ Typische Anweisungen Zieglers sollen beispielsweise so geklungen haben: „Die Hanni kannst schon zwei-, dreimal reden lassen.“
Und der Führungsstil des ÖVP-Vertrauensmannes? „Machtmissbrauch und Interventionen standen an der Tagesordnung. Kolleginnen und Kollegen, die nicht ,auf Linie‘ waren oder wo vermutet wurde, dass diese eine andere politische Haltung haben, wurden hinter deren Rücken, aber auch öffentlich diffamiert oder im persönlichen Kontakt erniedrigt.“ Die Person, die das zu Protokoll gegeben hat, gehörte dem engeren Zirkel um Ziegler an. Sie oder er möchte derzeit anonym bleiben, ist aber bereit sämtliche Aussagen vor Gericht unter Wahrheitspflicht zu wiederholen, berichtet der „Falter“. Was die Glaubwürdigkeit der Aussagen erhöht: Die Quelle belastet sich auch selbst und gesteht ein, während seiner oder ihrer Zeit im ORF-NÖ Erfüllungsgehilf:in gewesen zu sein.
Von der ORF-NÖ-Chefredakteurin zur Landesrätin
Mitarbeiter der Büros von ÖVP-Landesräten sollen sogar bei Ziegler nachgefragt haben, ob ORF-NÖ-Redakteur:innen ausreichend (ÖVP-)linientreu seien. So erkundigte sich der damalige Sprecher von Wohnbaulandesrat Martin Eichinger (ÖVP) bei Ziegler über eine Journalistin: „Wie is die? Hatte grad ein komisches Telefonat wegen Wohnbaustory.“ Und damit „die“ auch nichts unerwünschtes berichtet, setze er nach: „Is ziemlich heikel, kann man da no einen Blick drauf werfen bevor’s rausgeht?“
Gänzlich unverdächtig, der ÖVP kritisch gegenüber zu stehen, war eine andere Journalistin des ORF-NÖ. Sie brachte es auch bald zur Chefredakteurin. Der „Falter“ beschreibt ihre Moderationen als „devot“ gegenüber der ÖVP. 2013 moderierte sie dann die Elefantenrunde vor der Landtagswahl und berichtete von der ÖVP-Wahlparty. Dort stellte sie Erwin Pröll Fragen, die er vermutlich gern beantwortete: „Was kann die Bundes-ÖVP von ihnen lernen?“ Ihr Name: Christiane Teschl-Hofmeister. Seit 2018 ist sie ÖVP-Landesrätin in Niederösterreich.