Die Affäre um frisierte und um Steuergelder finanzierte Umfragen, um Sebastian Kurz vom Außenminister zum Bundeskanzler zu machen, ist um eine Facette reicher. Neo-Finanzminister Magnus Brunner gesteht jetzt ein: Sein Vorgänger Gernot Blümel hat genau jene bezahlten Studien anzugeben „vergessen“, die laut Staatsanwaltschaft als Feigenblätter für die Kurz-Jubelumfragen der Jahre 2016 und 2017 gedient haben sollen. Das zeigt eine Parlamentarische Anfragebeantwortung, über die die NeueZeit exklusiv berichtet.
Wir erinnern uns: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat am 6. Oktober dieses Jahres Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Zentrale, im Bundeskanzleramt und im Finanzministerium durchführen lassen. Der Vorwurf der Ermittler: Der damalige ÖVP-Vorsitzende und Bundeskanzler Sebastian Kurz, ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel, acht weitere Beschuldigte und die Bundes-ÖVP hätten zwischen 2016 und 2018 Umfragen aus Steuermitteln finanzieren lassen, um Sebastian Kurz zum ÖVP-Chef und Bundeskanzler zu machen.
Was auch gelang. 2017 gab sein Vorgänger Reinhold Mitterlehner entnervt von den parteieigenen Intrigen auf und trat zurück.
Bestechlichkeit, Bestechung und Untreue lauten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen die türkise Truppe rund um den Ex-Kanzler (es gilt die Unschuldsvermutung). Chats vom damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, dem Kurz-Intimus Thomas Schmid („Call me Mr. Umfrage“) hatte sie auf diese Spur geführt. Die Chat-Nachrichten erhärten den Verdacht, dass die Meinungsforscherin Sabine B. ihre Honorare für die Kurz-verherrlichenden Umfragen mit falschen Rechnungen an das Finanzministerium gestellt hat.
Nach den Razzien im Oktober implodierte die Kurz-Blase. Der türkise Ex-Messias selbst trat „zur Seite“ und gab einige Wochen lang den ÖVP-Parlamentsklubvorsitzenden, um sich Anfang Dezember mit großer Geste („Ich kümmere mich jetzt um mein Kind“) endgültig von der Politik zu verabschieden. Seine Prätorianer (und Mitbeschuldigten) mussten das Bundeskanzleramt verlassen und sein langjähriger Spezi, Finanzminister Gernot Blümel, nutzte die Aufregung, um sich selbst unauffällig von den (türkisen) Socken zu machen.
Und hier beginnt ein spannender, weil justizverdächtiger, Seitenstrang der türkisen Kurz-Kanzlerschaft.
Denn Im August 2017 fragte die besagte Meinungsforscherin Sabine B. bei Thomas Schmid an, wie sie die Jubel-Umfragen für Sebastian Kurz verrechnen könne. „Die Kosten für die offenen packst du dann in die Studie zur Betrugsbekämpfung rein“, meinte „Mr. Umfrage“ Schmid. Er forderte sie auch auf, nicht ihren Namen, sondern einen Firmennamen bei der Abrechnung zu verwenden. Witzigerweise mit dem Argument, dass dies für die Angabe bei parlamentarischen Anfragen hilfreich wäre.
Fragt sich: Sind tatsächlich Studien dafür verwendet worden, um die Kurz-Jubelumfragen möglichst unauffällig abrechnen zu können? Gab es also „Feigenblatt-Studien“, um die eigentlichen Umfragen dahinter zu verstecken? Und wenn ja, welche?
Denn die ÖVP hat diese Umfragen nicht bezahlt, wie Ex-Parteichef Mitterlehner 2021 im Ibiza-Untersuchungsausschuss des Parlaments klargestellt hat. Die NEOS wollten das von Finanzminister Blümel in einer Parlamentarischen Anfrage-Reihe genau wissen. Der aber „vergaß“ auf das Anführen genau dieser möglichen Feigenblatt-Studien, in denen die Bezahlungen der Jubel-Umfragen für Sebastian Kurz möglicherweise versteckt wurden.
Erst sein Nachfolger als Finanzminister, Magnus Brunner, gestand jetzt in einer Parlamentarischen Anfragebeantwortung wortkarg: „Nach derzeitigem Kenntnisstand gab es in der Vergangenheit Studien bzw. Dienstleistungen, welche nicht in der Antwort an das Parlament enthalten sind. Warum diese Studien zum damaligen Zeitpunkt nicht genannt wurden, entzieht sich meinem Kenntnisstand.“
In anderen Worten: Ex-Finanzminister Blümel hat Studien „vergessen“ oder sie dem Parlament sogar verschwiegen, mit denen die mutmaßlich gefälschten Kurz-Umfragen bezahlt worden sein könnten.
Weiters informierte Brunner, dass die feigenblattverdächtigen Studien „Betrugsbekämpfung“ und „Wirtschafts- und Budgetpolitik“ 61.740 bzw. 155.940 Euro gekostet haben. Und: „Die im Raum stehenden Vorwürfe werden derzeit von der Internen Revision untersucht“.
Die Beantwortung klingt wie ein Schuldeingeständnis. Ein auf die Verfassung vereidigter Bundesminister (Ex-Finanzminister Blümel) gibt Volksvertretern falsche Auskünfte. Das zeigt den fehlenden Respekt dieser Truppe vor den demokratischen Instanzen.
Die Beantwortung beweist aber auch, dass die neue ÖVP-Partie unter Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer nicht mehr gewillt ist, für Sebastian Kurz den eigenen Kopf für die Taten anderer hinzuhalten. Brunners Vorgänger Gernot Blümel mag sich derzeit so wie sein Ex-Chef Sebastian Kurz in Ruhe seiner Familie widmen, aber über beiden hängt das Damoklesschwert der gerichtlichen Verurteilung.
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