Politik

U-Ausschuss: ÖVP-Sobotka untersucht sich selbst – trotz Verstrickungen kein Rücktritt

Wolfgang Sobotka will für die ÖVP weiterhin Vorsitzender des Ibizia-Untersuchungsausschusses bleiben. Dort soll unter anderem geklärt werden, ob dem Glücksspielkonzern Novomatic im Gegenzug zu Parteispenden vorteilhafte Gesetze versprochen wurden. Einer profitierte besonders von den Novomatic-Spenden: Wolfgang Sobotka.

Aufklärung und Transparenz sind für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sehr wichtig. Besonders, wenn es um Untersuchungs-Ausschüsse des Parlaments geht. Diese sind nämlich „ein politisches Instrument, das der Aufklärung der politischen Verantwortung dient“, erklärt Sobotka. Als Nationalratspräsident steht ihm per Gesetz die Vorsitzführung solcher Ausschüsse zu. „Um diese Transparenz auch nach außen zu leben“, Zitat Sobotka, verzichtet er aber auf diesen Vorsitz – beim sogenannten BVT-Ausschuss im Jahr 2018.

Untersucht wurden damals nämlich jene Vorkommnisse, die unter anderem Sobotka als Innenminister zu verantworten hatte. Weil er sich nicht quasi selbst untersuchen wollte, gab er den Ausschuss-Vorsitz ab.

Diesmal ist alles anders und doch so gleich.

Ibiza-Ausschuss untersucht Geldflüsse an Sobotka

Seit Jänner 2020 soll ein anderer Untersuchungs-Ausschuss, der sogenannte Ibiza-Ausschuss, die mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung klären. Gleich ist: Wolfgang Sobotka ist wieder befangen. Anders ist: Diesmal gibt er den Ausschuss-Vorsitz nicht ab.

Eine zentrale Rolle im Ibiza-Ausschuss spielt der Glücksspielkonzern Novomativ. Geklärt werden soll, ob Novomatic an Parteien spendete und dafür im Gegenzug vorteilhafte Gesetze versprochen bekam. Zumindest der erste Teil davon ist bereits nachgewiesen – und Sobotka mittendrin.

Untersuchungs-Ausschuss: Über 100.000 Euro für Institut von Sobotka

Der Glücksspielkonzern unterstützte das ÖVP-nahe Alois-Mock-Institut in den letzten Jahren mit über 100.000 Euro. Präsident des Instituts ist Wolfgang Sobotka. Auch im restlichen Vorstand des Vereins finden sich gleich mehrere ÖVP-Funktionäre. In einer anonymen Anzeige an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die der Neuen Zeit vorliegt, wird das Alois-Mock-Institut zudem als bequeme Spenden-Alternative durch die Hintertüre angeführt: Wer nicht direkt an die ÖVP spenden wollte, wurde an das Institut verwiesen, so der Vorwurf.

Sobotka ist aber nicht nur in seiner Rolle als Präsident des Mock-Instituts als Ausschuss-Vorsitzender befangen.

  • Der Ex-Pressesprecher von Sobotka war bis vor Kurzem auch Novomatic-Pressesprecher.
  • Eine enge Mitarbeiterin von Sobotka ist mit dem Novomatic-Aufsichtsratschef verheiratet und mit dem Konzern-Eigentümer verwandt.
  • Der Glücksspiel-Konzern sponsert auch den ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB Niederösterreich. Dessen Obmann: Wolfgang Sobotka.
  • Novomatic unterstützte 2019 das Kammerorchester Waidhofen mit 8.000 Euro. Regelmäßiger Dirigent des Orchesters ist Wolfgang Sobotka.

Auch Koalitionspartner fordert Sobotkas Rückzug

Mit der von ihm selbst gelobten „Aufklärung der politischen Verantwortung“ nimmt es Sobotka diesmal aber nicht so genau: Er will Vorsitzender des Ibiza-Ausschusses bleiben. Damit leitet er eine politisch heikle Untersuchung eines Sachverhaltes, in den er selbst involviert ist. Alle Oppositionsparteien und sogar die grünen Koalitionspartner fordern den ÖVP-Nationalratspräsidenten auf, den Ausschuss-Vorsitz zurückzulegen. Nur seine eigene Partei hält ihm noch die Stange.

Philipp Stadler

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