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Gesetze & Regierungsposten gegen Partei-Spenden: Anzeige belastet Kurz und Co.

Eine anonyme Anzeige bei der WKStA belastet Sebastian Kurz und seine türkise Truppe schwer. Kurz und seine Freunde sollen vor der Nationalratswahl 2017 Regierungsposten und Gesetze als Gegenleistung für Partei-Sponsoring angeboten haben, so der Vorwurf. Die Anzeige liegt der Neuen Zeit vor. SPÖ und NEOS wollen bei der Staatsanwaltschaft beantragen, die der Anzeige offenbar beiliegenden Beweise an den Untersuchungsausschuss zu übergeben. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

Anonyme Anzeige: Kurz-Truppe soll politische Gegenleistungen für Sponsoring geboten haben

Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ging im Sommer 2020 eine Anzeige ein – sie liegt der Neuen Zeit vor – die es in sich hat: Sebastian Kurz und seine Truppe sollen finanzkräftigen Sponsoren politische Gegenleistungen versprochen haben. Regierungsposten und Gesetze als Gegenleistungen für ÖVP-Wahlkampffinanzierung, lautet der Vorwurf. Angezeigt werden neben Kurz unter anderem Gernot Blümel, Bettina Glatz-Kremsner, Elisabeth Köstinger und weitere ÖVP-Funktionäre. Für alle in der anonymen Anzeige Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

In der Anzeige – auch das Online-Magazin ZackZack berichtet auszugsweise daraus – wird den Beschuldigten unter anderem unerlaubte Vorteilsannahme, Missbrauch der Amtsgewalt und Bestechlichkeit vorgeworfen. Die Anzeige will die schweren Vorwürfe gegen Kurz und Co. in den angehängten Dokumenten (der Anhang liegt der NZ nicht vor) auch belegen können. SPÖ und NEOS wollen daher bei der Staatsanwaltschaft beantragen, dem laufenden Untersuchungs-Ausschuss die Beweise auszuhändigen.

Kurz-Wahlkampf 2017 könnte rechtswidrig finanziert worden sein

Dass Sebastian Kurz die Übernahme der Volkspartei und schlussendlich auch des Bundeskanzleramtes minutiös geplant hat, ist kein Geheimnis mehr. Dass die ÖVP im Nationalrats-Wahlkampf 2017 mit knapp 13 Millionen Euro unerlaubt viel Geld in die Hand nahm, um Kurz ins Kanzleramt zu hieven, ist auch bekannt. Die neue Anzeige wirft der Kurz-Truppe nun detailliert vor, wie mit Versprechungen um Posten und Gesetze Millionen in die Parteikassen geflossen sein sollen.

Regierungsämter als Gegenleistung für Partei-Sponsoring?

Die finanzielle Ausgangslage vor der Nationalratswahl 2017 ist schlecht, der ÖVP fehlt Geld für den Wahlkampf. Also müssen finanzkräftige Sponsoren her. „Zu diesem Zweck wurden Personen nach finanzieller Leistungskraft und politischen Interessen identifiziert“, heißt es in der Anzeige – und weiter: „sowie für sie maßgeschneiderte Angebote als Gegenleistung für ihre Zuwendungen gemacht“.

Als konkrete Gegenleistungen für das ÖVP-Sponsoring nennt die Anzeige die „Übernahme von inhaltlichen Positionen“, das „Anbieten von Listenplätzen für die Nationalratswahl“, „Funktionen in staatsnahen Unternehmen“ und sogar Regierungsämter. Dabei wurde es den Kurz-Gönnern so bequem wie möglich gemacht, so der Vorwurf: „Wer nicht direkt an die Partei spenden wollte, wurde an das Alois-Mock-Institut oder an die Julius-Raab-Stiftung verwiesen.“

Casinos Austria statt Finanzministerium

Unter den Beschuldigten befinden sich prominente Namen. So soll etwa einer ÖVP-Gönnerin das Finanzministerium angeboten worden sein. Sie entschied sich dagegen und erhielt stattdessen einen hohen Posten bei den Casinos Austria. Ihr kommt laut Anzeige auch noch eine andere wichtige Rolle zu: Sie soll gemeinsam mit anderen „im Auftrag von Kurz aktiv andere vermögende Personen um Spenden“ gebeten und persönliche Treffen mit Kurz vermittelt haben.

Andere sollen das Angebot „Posten gegen Geld“ angenommen haben – etwa eine Unternehmerin, die seit 2017 für die ÖVP im Nationalrat sitzt. Auch einer anderen Spenderin, deren finanzielle Zuwendungen zur ÖVP schon länger und auch offiziell bekannt sind, soll eine Kandidatur angeboten worden sein. Tatsächlich sitzt sie jetzt im Aufsichtsrat der ÖBB.

Auch Medien sollen betroffen sein

Das Spiel um Macht und Geld soll bis in die Medien reichen. Die der WKStA vorliegende Anzeige bringt einen engen Medien-Vertrauten und Mitarbeiter von Kanzler Kurz in Verbindung mit Gefälligkeits-Inseraten. Ein namentlich genanntes, großes Privat-Unternehmen soll „gezielt im Sinne von Kurz“ inseriert haben.

Klärung der Vorwürfe erst mit Beweis-Dokumenten möglich

Die noch fehlenden Beweis-Unterlagen sind laut Anzeige „teilweise Kopien liegengelassener Dokumente (…), Kopien solcher Kopien“ oder „erneut erteilte Druckaufträge“. Diese Erklärung weckt unwillkürlich Erinnerungen an die sogenannte Schredder-Affäre, als im Frühjahr 2019 ein Kurz-Mitarbeiter unter falschem Namen fünf Drucker-Festplatten vernichten lies.

Die Klärung der schweren Vorwürfe wird erst möglich sein, wenn die Staatsanwaltschaft die der Anzeige offenbar beigelegten Beweis-Dokumente zur Verfügung stellt. NEOS und SPÖ wollen bei der WKStA beantragen, die Dokumente dem Untersuchungs-Ausschuss zur Verfügung zu stellen. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

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