Allein im Bezirk Mistelbach sind 180 Familien mit insgesamt 350 Kindern bei der „Team Österreich Tafel“ angemeldet. Dort bekommen sie Lebensmittel, Waschmittel und Pflegeprodukte. Durch die Teuerung können sich immer öfter Menschen die einfachsten Dinge nicht mehr leisten. Am schlimmsten trifft es Pensionistinnen und Alleinerzieherinnen. Denn die können oft nur Teilzeit arbeiten, weil in NÖ die ganztägige Kinderbetreuung fehlt. Helferinnen sind sich sicher: die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel auszusetzen, würde helfen. Oder monatliche Hilfen für Bedürftige statt Einmalzahlungen für alle.
Bei der „Team Österreich Tafel“ in Mistelbach sind derzeit 180 Familien mit 350 Kindern angemeldet. Denn sie können sich das tägliche Leben nicht mehr leisten. Ihnen fehlt das Geld für einfache – wie man meinen sollte – selbstverständliche Dinge: Brot, Gemüse, Obst, Nudeln, Reis oder auch Waschmittel, Seife und Zahnpasta. Bei der „Team Österreich Tafel Mistelbach“ bekommen sie das kostenlos. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sammeln die Güter von Supermärkten, Bäuerinnen und Bauern und Privaten. Anschließend verteilen sie diese an Menschen, die sich das Leben nicht mehr leisten können.
Dass es das in Österreich überhaupt braucht, ist für Claudia Musil „eine Tragödie“. „Bei uns im Bezirk gibt es 350 Kinder, die ohne die Tafel kein Packerl unterm Christbaum hätten“. Denn neben den wichtigsten Gütern des täglichen Lebens sorgen die freiwilligen Helferinnen der Tafel auch dafür.
Zu teure Lebensmittel: Immer mehr brauchen Hilfe der Tafel
Musil ist eine von ihnen. Seit 8 Jahren ist sie dabei. Damals hat sie den Vorsitz der SPÖ-Frauen im Bezirk übernommen. „Wir haben uns dann überlegt, dass wir gemeinsam etwas Gemeinnütziges machen wollen. Und da sind wir auf die Tafel gekommen.“ Seitdem sammeln sie von Privaten und Supermärkten Lebensmittel, Waschmittel, Duschgel und eben kleine Weihnachts- oder Ostergeschenke für Kinder. Auch Bäuerinnen und Bauern aus der Region spenden regelmäßig. Die Teuerung spüren die Helferinnen und Helfer auch bei den Sachspenden Privater, berichtet Fritz Kraus. Er ist Teamleiter bei der „Team Österreich Tafel Mistelbach“. Die Menschen würden zwar trotz Teuerung gleich viel für die Sachspenden ausgeben. Sie bekommen aber viel weniger dafür – und damit auch die Tafel.
In den letzten Jahren brauchen immer mehr Menschen Hilfe ihre Hilfe. Die Nachfrage ist so groß, dass die Freiwilligen der „Team Österreich Tafel“ in Mistelbach nicht einmal mehr ein Kilo Nudeln auf einmal abgegeben können. „Wir müssen das aufmachen und an zwei Abnehmerinnen oder Abnehmer verteilen“, berichtet Musil. Wobei es besonders oft Abnehmerinnen sind. Vor allem Alleinerzieherinnen und Pensionistinnen brauchen die Unterstützung der Tafel. Ihnen fehlte schon vor Corona und der Teuerungskrise hinten und vorne das Geld. Doch in den letzten Monaten sind vor allem Lebensmittel, Waschmittel, Duschgel und andere Pflegeprodukte – die einfach jede und jeder braucht – extrem schnell immer teurer werden. Die Inflation gibt vielen – man kann es nicht schöner ausdrücken – den Rest.
Teuerung: Arm trotz Arbeit
Dabei gehen viele der Alleinerzieherinnen arbeiten. Doch ein Vollzeitjob geht sich einfach nicht aus: Denn wer soll auf die Kinder aufpassen, wenn nicht die Familie einspringen kann. Flächendeckende, leistbare Ganztagsbetreuung gibt es in Niederösterreich nicht. Bleibt also nur ein Teilzeitjob. Und das Einkommen daraus geht oft schon fast vollständig für die Miete d’rauf.
Musil macht das wütend: „Wer arbeiten geht, soll sich das Leben auch leisten können“. Doch davon kann keine Rede sein – im Gegenteil: Die Teuerung bringt immer mehr Menschen zur „Team Österreich Tafel“. Es braucht politische Lösungen
Auch immer mehr Menschen kommen nach Schicksalsschlägen wie Krankheit oder Scheidungen. „Da kann es dann auch den Anwalt treffen“, berichtet Kraus. Früher habe man mehr Zeit gehabt, sich von solchen Einschnitten im Leben zu erholen. Aber die rasende Inflation sorgt dafür, dass es sehr schnell sehr eng werden kann.
Regelmäßige Hilfe für Bedürftige statt Einmalzahlungen
Was sich die Helferin Musil von der Bundes- und Landesregierung erwarten würde? „Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel vorübergehend auszusetzen, wäre ein erster Schritt, der helfen würde“, meint sie. Außerdem würde sie statt auf Einmalzahlungen für alle auf gezielte Hilfen für die setzen, die sie wirklich brauchen. Die dafür monatlich.
Wenn die Politik nicht endlich reagiert, werden in den nächsten Jahren mehr Menschen die Hilfe der Tafel brauchen. Vor allem für die Pensionistinnen und Pensionisten wird schwierig, befürchtet Kraus. Denn die Pensionen reichen bei den aktuellen Lebensmittelpreisen einfach nicht. Das könnte auch den Helfer selbst treffen: „Wenn ich in Pension gehe, wird es mit meinen voraussichtlich 1.200 Euro eng.“
Doch von all dem will die Bundesregierung nichts wissen. Der Lebensmittelpreisgipfel endete ergebnislos. Und den Klimabonus erhalten auch 2023 alle – egal ob sie damit Lebensmittel kaufen, oder die nächsten Tankfüllungen für den Porsche Cayenne bezahlen.