Das dürfte Sebastian Kurz und seine PR-Profis freuen: Der Kanzler bekommt in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes, der ORF Zeit im Bild, fast doppelt so viel Redezeit wie sein Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen. So viel Sendezeit-Vorsprung auf den zweitplatzierten Parteichef hatte noch kein anderer Kanzler zuvor. Kurz durfte 2020 in der Zeit im Bild seine Botschaften in mehr als vier Stunden reiner Redezeit verbreiten.
19:30 Uhr, Fernseher an. Die „Zeit im Bild 1“ (ZiB) des ORF ist die wichtigste Nachrichtensendung des Landes. Im Dezember 2020 sahen die ZiB 1 durchschnittlich 1,67 Millionen Menschen pro Tag. Das entspricht einem Marktanteil von 55%: Mehr als die Hälfte der Zuseher, die um 19:30 Uhr fernsehen, schauen sich die Zeit im Bild an. Auch die spätere ZiB 2 stößt mit rund 800.000 Zusehern pro Tag auf enormes Interesse. Die Nachrichtensendungen der Privat-Sender liegen weit abgeschlagen dahinter. Die Servus-TV Nachrichten sehen 187.000 Menschen täglich, ATV Aktuell verfolgen 137.000 Seher und Puls 24 News verzeichnet 75.000 Zuschauer.
Zeit im Bild: Kurz bekam 2020 mehr als vier Stunden reine Redezeit
Die hohen Einschaltquoten bei den ORF-Nachrichten liegen auch an der Corona-Krise: Seit Ausbruch der Pandemie schaltet der ORF die ZiB um 19:30 Uhr in seinen beiden Hauptkanälen durch. Davon profitiert vor allem ein Politiker: ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Kurz bekam 2020 insgesamt 15.203 Sekunden Redezeit in ZiB 1 und ZiB 2. Das sind mehr als vier Stunden reine Sprechzeit, in denen sich der Kanzler im vergangenen Jahr zur besten Sendezeit an die Bevölkerung wenden konnte. Der nächstgereihte Parteichef, Werner Kogler von den Grünen, durfte nur halb so lange sprechen: Kogler bekam etwas mehr als 8.000 Rede-Sekunden. Die Chefinnen und Chefs der Oppositionsparteien kamen noch seltener zu Wort. Das zeigt eine Auswertung des Standard.
Kurz verdoppelt seine Zeit im Bild – Redezeit
Regierungspolitiker haben traditionell längere Redezeiten in den Fernseh-Nachrichten. Der ÖVP-Kanzler stellt allerdings einen neuen Rekord auf: Noch nie war der Vorsprung eines Kanzlers auf den zweitplatzierten Parteichef des Koalitionspartners so groß. Mit anderen Worten: Sebastian Kurz darf seine Botschaften länger als alle anderen zuvor in den Hauptnachrichten verbreiten. Coronabedingt kam ihm nur Gesundheitsminister Rudolf Anschober mit fast 14.000 Rede-Sekunden nahe.
Was Sebastian Kurz und seine PR-Profis freuen dürfte: Der Kanzler legte in den letzten Jahren deutlich zu. 2018 erhielt Sebastian Kurz 19 Sekunden ZiB-Redezeit pro Amtstag im Kanzleramt. 2020 hat sich seine Redezeit im Fernsehen mehr als verdoppelt: Er darf 41 Sekunden pro Amtstag plaudern. Das liegt auch an der Corona-Krise, dem Hauptthema der ZiB-Sendungen.
Die türkis-grüne Regierung verdoppelt das Budget für Eigenwerbung
Auch in anderer Hinsicht stellt die Message Control von Kurz und Co neue Medien-Rekorde auf. ÖVP und Grüne geben so viel Geld für PR aus wie keine andere Regierung zuvor. 4,3 Millionen Euro lässt sich Türkis-Grün ihre Eigenwerbung pro Monat kosten. Das beinhaltet Ausgaben für Inserate, Fernseh-Spots oder Kampagnen in den sozialen Netzwerken. Die Regierungswerbung der aktuellen Koalition ist damit doppelt so teuer wie jene des bisherigen Spitzenreiters. Das Kabinett Sebastian Kurz I gab zwischen 2017 und 2019 monatlich rund zwei Millionen Euro für Werbung aus – halb so viel wie Türkis-Grün im Corona-Jahr 2020.