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Zeitarbeit: Erst seit 2002 gibt es einen Kollektivvertrag. 2022 wurde er allein in Oberösterreich 507 Mal ignoriert

1948 suchten US-amerikanische Anwälte Ersatz für ihre kranke Sekretärin. Ersatz, den sie schnell wieder loswerden konnten. So entstand eine Geschäftsidee: Leiharbeit. Sie steht für „hire and fire“, zu niedrige Löhne und „Arbeitnehmer zweiter Klasse“. 1975 gab es 7.000 Leiharbeiter in Österreich. Heute sind es 190.000.  

Knapp 190.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter gibt es in Österreich. Sie sind bei Unternehmen angestellt, die sie an andere Betriebe „vermieten“. Für die hat das viele Vorteile: Sie können Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter jederzeit an die Verleihfirma zurückgeben. Ohne „lästige“ Kündigungsfristen und Abfertigungen. Die Kehrseite der Medaille kriegen die „verliehenen“ Arbeitskräfte zu spüren: Ihre Jobs sind unsicher, lange Zeit verdienten sie bei gleicher Arbeit weniger und sind bis heute oft „Arbeiter zweiter Klasse“.

So entstand die Zeitarbeit – eine fragewürdige Geschäftsidee

Als 1948 in einem US-amerikanischen Anwaltsbüro die Sekretärin erkrankte, suchten die Eigentümer nach Ersatz. Es sollte allerdings jemand sein, den sie schnell wieder loswerden konnten, sobald die eigentliche Sekretärin wieder gesund war. Das brachte die beiden auf eine – fragwürdige – Geschäftsidee: Man könne Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer doch einfach „vermieten“. Also: Einstellen und feuern, wie man sie braucht. Die Anwälte gründeten ein Unternehmen: Manpower. Der Siegeszug der Leiharbeit begann.

Ein gutes Jahrzehnt später kam sie in den 1960ern in Österreich an. 1975 gab es allein in Wien bereits 40 Leiharbeitsfirmen. 1976 waren 7.000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in Österreich tätig. 1983 waren es bereits 80.000. Heute gibt es rund 190.000 „überlassene Arbeitskräfte“ in Österreich. Im April letzten Jahres war jede dritte Stelle beim AMS eine Leiharbeitsstelle. Vor allem in der Industrie geht ohne sie nichts mehr.

Extreme Ausbeutung und keine Kollektivverträge

Von Anfang an war Leiharbeit oft mit extremer Ausbeutung verbunden. „Je besser ein Kollektivvertrag ist, desto eher greifen Unternehmen auf die Dienste eines Überlassers zurück.“ So fasste es bereits 1977 der Gewerkschaftsfunktionär und spätere Minister Walter Geppert (SPÖ) zusammen.  Die überlassenen Arbeitskräfte verdienten lange Zeit ganz legal weniger und hatten kaum Rechte. Unternehmen spielten fest angestellte Arbeiterinnen und Arbeiter gegen die „Überlassenen“ aus. Erst 1988 wurde Leiharbeit mit dem „Arbeitskräfteüberlassungsgesetz“ rechtlich geregelt.

1999 lag ein unterschriftsreifer erster Kollektivvertrag für die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter vor. ÖGB und AK mussten zuvor den Leiharbeitsfirmen mit massiven gemeinsamen Kampagnen – rechtlich und medial – drohen, um sie an den Verhandlungstisch zu bringen. Trotzdem weigerten sich die Arbeitgeber in letzter Sekunde, zu unterschreiben. Die Metallergewerkschaft reagierte mit einer Kampagne, die von 1999 bis Ende 2001 laufen sollte. Sie kontrollierte die Lohnzettel der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter, und erklagte rund 14 Millionen Schilling Lohnnachzahlungen. Gleichzeitig informierte sie in den Medien über Missstände und Skandale in der Branche.

Die Geschichte zeigt: Es gibt viele schwarze Schafe in der Leiharbeit

2002 gaben die Leiharbeitsfirmen auf und unterzeichneten den ersten Kollektivvertrag für überlassene Arbeitskräfte. Endlich durften Leiharbeitskräfte nicht mehr unter dem Kollektivvertrag der Branche, in die sie „überlassen“ wurden, bezahlt werden. Außerdem dürfen Überlasserfirmen die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter nicht mehr einfach kündigen, wenn sie die Firma, an die sie verliehen wurden, zurückschickt. Seitdem verbesserte sich dieser Kollektivvertrag laufend.

Doch es gibt viele schwarze Schafe in der Branche, die sich nicht an die Vorgaben halten. Allein in Tirol muss die Arbeiterkammer im Jahr mindestens 70 Mal das Recht von Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeitern erstreiten.

NeueZeit Redaktion

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