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Steiermark springt ein, wo die Wirtschaft versagte: 2 Mio. Euro Arbeitsstiftung hilft ehemaligen ATBlern

Im Juli 2020 traf die Nachricht von der Insolvenz des Antriebsherstellers ATB Spielberg die Menschen im Bezirk Murtal wie ein Schock. 360 der 400 Angestellten verloren ihren Job. Der Fall ATB ist ein Musterbeispiel für die Schattenseiten der profitgierigen und globalisierten Wirtschaft. Die chinesische Investorengruppe Wolong verhinderte die Weiterführung des Werkes und verlagerte die Maschinen ins billigere Ausland. Wo die Wirtschaft versagte, springt jetzt die Steiermark ein: Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) hilft den ehemaligen ATB-Beschäftigten mit einer zwei Millionen Euro schweren Stiftung.

ATB-Niedergang als Musterbeispiel für Profitgier

Die Insolvenz des Elektromotoren-Herstellers ATB Spielberg im Juli 2020 war der traurige Schlusspunkt einer seit Jahren andauernden Abwärtsspirale des Traditionsunternehmens. Begonnen haben die Probleme mit der Privatisierung im Jahr 2001. Nachdem die ATB zunächst in den Besitz der A-Tec unter Mirko Kovats überging, übernahm schließlich die chinesischer Investorengruppe Wolong den Betrieb.

Schnell wurde klar, dass es von nun an vor allem um Wissenstransfer ging. Steirisches Know-How wurde gnadenlos abgeschöpft. Das Wohl des Betriebes spielte dabei keine Rolle mehr. Dennoch kam die ATB-Insolvenz für viele der langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überraschend. Von heute auf morgen verloren 360 Menschen ihre Arbeit. Alle Versuche das Werk zu retten, scheiterten am Widerstand der chinesischen Eigentümer.

Bereits zwei Monate nach der Insolvenzankündigung begann der Verkauf von Maschinen. Trotz massiver Proteste weigerte sich in der Folge auch die Bundesregierung für die ATB zu kämpfen. Bundeskanzler Kurz (ÖVP) lehnte sogar eine vom Betriebsrat ausgesprochene Gesprächseinladung ab. Das Schicksal der gekündigten ATB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interessierte ihn nicht.

Die Auslagerung von Industriebetrieben zerstört Arbeitsplätze und schadet Österreich

Die Schließung der ATB ist kein Einzelfall. Bereits seit Jahrzehnten werden in Österreich und ganz Europa immer mehr Produktionsstätten ins Ausland verlagert. Die Fabriks-Umsiedlungen haben schon längst bedrohliche Ausmaße angenommen. Zunächst wurden „nur“ qualitativ und technologisch wenig anspruchsvolle Produktionen verlagert. Mit der Zeit kam es jedoch zu einem umfassenden Transfer von Produktionseinrichtungen aller Art nach Fernost.

Schrittweise wurde Europa dadurch abhängig von immer billigeren Waren. Die Arbeitsbedingungen waren den Konzernen dabei egal. Letztlich führte diese Entwicklung dazu, dass auch in Österreich Gehaltserhöhungen immer seltener werden. Gleichzeitig sind die Belegschaften dazu gezwungen, unter immer schlechteren Bedingungen zu arbeiten.

Wie weit die Auslagerung von Industriebetrieben bereits fortgeschritten ist, zeigt sich jetzt in der Corona-Krise. Viele einfache Waren und Konsumartikel können in Europa kaum noch produziert werden. Die Folgen dieser Entwicklung sind dramatisch. Mit viel Mühe und großem finanziellem Aufwand mussten eigene Anlagen zur Herstellung von Schutzmasken gebaut werden. Ob die Corona-Krise zu einem Umdenken im Industriebereich führt, ist angesichts des rücksichtslosen Profitstrebens der wichtigsten Großkonzerne jedoch mehr als fraglich. Im Hinblick auf die Dominanz konservativer und wirtschaftsliberaler Parteien in Europa dürfte auch eine umfassende politische Wende noch Zeit brauchen.

Steirische Landesrätin Kampus hilft Ex-ATB-Belegschaft mit einer Stiftung

Für die 360 entlassenen ATB-Beschäftigten würde eine industriepolitische Wende aber zu spät kommen. Sie verloren trotz teils jahrzehntelanger Arbeit ihren Job. Von der Bundesregierung wurde ihnen anschließend jede Unterstützung verweigert. Wo Wirtschaft und Bundespolitik versagten, springt nun die steirische Landesregierung ein.

Soziallandesrätin Doris Kampus initiierte die ATB Stiftung gemeinsam mit dem AMS.
Soziallandesrätin Doris Kampus initiierte die ATB-Stiftung gemeinsam mit dem AMS. // Bild: SPÖ

Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) rief eine zwei Millionen Euro schwere Stiftung ins Leben. Mit ihrer Hilfe soll den Entlassenen der Wiedereinstieg ins Berufsleben erleichtert werden. In Kooperation mit dem AMS finden seit Anfang April Aus- und Weiterbildungen statt. Vor allem eine Umschulung auf Pflegeberufe wird dabei angestrebt.

Inmitten der Corona-Krise könnten die ehemaligen ATB-Beschäftigten so schnell wieder einen wertvollen Dienst für die Gesellschaft leisten. Unabhängig vom Endresultat ist die Stiftung für sie ein Symbol der Hoffnung.

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Ein Kommentar

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  1. Schade dass das Unternehmen nicht angeführt wird die den Auftrag der stiftungserfüllung bekommen hat… Und zwar zam steiermark gmbh!! Die den enormen Aufwand jetzt haben qualitativ hochwertig die gekündigten MitarbeiterInnen beruflich wieder auf die Beine zu stellen!!

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