Es ist das Sinnbild einer politischen Endlosschleife: Seit fast 30 Jahren wird über den Neubau der Donaubrücke Mauthausen gesprochen – passiert ist so gut wie nichts. Jetzt verzögert ein weiteres Gutachten erneut den Bau.
Die Geschichte der Donaubrücke Mauthausen ist eine Geschichte verpasster Chancen und ein Beispiel dafür, wie politische Entscheidungsprozesse über Jahrzehnte ins Stocken geraten können. Die bestehende Straßenbrücke stammt aus dem Jahr 1961, errichtet als Provisorium auf den Pfeilern der Eisenbahnbrücke. Sechzig Jahre später ist sie am Ende ihrer Lebensdauer.
Eine Geschichte der Versäumnisse

Schon 1997 versprach ÖVP-Urgestein Franz Hiesl den Neubau. Seither wurden Plakate geklebt, Pressefotos gemacht, symbolische Spaten gestochen – nur gebaut wurde nie. 2015 wurde das Projekt erstmals konkret finanziell geplant. Zuständig: die Landesregierungen unter Josef Pühringer (ÖVP) in Oberösterreich und Erwin Pröll (ÖVP) in Niederösterreich. Doch auch das änderte nichts.
2018 folgte ein „Grundsatzbeschluss“. Sieben Jahr später aber: immer noch keine neue Brücke. Und es ist auch kein Ende dieser Situation in Sicht. NeueZeit.at hat berichtet. Wie der Landtagsabgeordnete und SPÖ-Bezirksvorsitzende von Perg, Erich Wahl, kritisch anmerkt:
Immer wieder hat die Wirtschaft der Region, die Bevölkerung aber auch die SPÖ auf die Dringlichkeit dieses zentralen Verkehrsprojektes hingewiesen.
Die Donauquerung war stets Wahlkampfthema, aber nie Priorität in der Umsetzung, so Wahl. Die „Grundsatzbeschlüsse“ dienten mehr der Symbolpolitik als dem tatsächlichen Fortschritt. Hinzu kommen Verzögerungen im laufenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, das sich inzwischen seit fast vier Jahren hinzieht. Das jüngste Gutachten kritisiert die von Oberösterreich und Niederösterreich vorgesehenen Artenschutzmaßnahmen als unzureichend – insbesondere der Lebensraum des Mittelspechts sei durch das Projekt gefährdet. Wurde da etwa ungenügende Vorarbeit geleistet?
Die Präsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich Doris Hummer warnt:
Die Donaubrücke Mauthausen darf nicht das Schicksal des Linzer Westrings teilen, dessen Verfahren fast zehn Jahre gedauert hat.
Verkehrschaos vorprogrammiert
Im März 2023 musste die Höchstgeschwindigkeit auf der Brücke auf 30 km/h reduziert werden, um Schwingungen zu verringern. Eine Brückenprüfung 2020 ergab: Korrosionsschäden an verschiedenen Teilen der Brückenkonstruktion. Immer wieder werden Maßnahmen ergriffen, um die Brücke weiter befahrbar zu halten.
Günther Steinkellner (FPÖ) ist seit 2015 Verkehrslandesrat. Er versprach in einer Anfragebeantwortung 2022 den Baubeginn 2024. Heute ist klar: Der Baubeginn ist weiter offen, während im Sommer 2028 der Tragwerkstausch der alten Brücke ansteht. Das bedeutet eine dreimonatige Totalsperre – mit massiven Auswirkungen auf Pendler:innen und Wirtschaft.
Denn sollte bis dahin keine neue Brücke bestehen, droht der Region ein Verkehrschaos. Pendler:innen müssten auf die Donaubrücken in Linz oder Grein ausweichen – Umwege bis zu 80 Kilometer sind realistisch. „Die Menschen haben berechtigte Angst vor einer Totalsperre. Arbeitswege, die sich auf eineinhalb Stunden verlängern, sind schlicht unzumutbar“, warnt Wahl.
Kostenexplosion durch Zuwarten
Das Zuwarten hat nicht nur verkehrstechnische, sondern auch finanzielle Folgen. Als 2015 erstmals kalkuliert wurde, beliefen sich die Kosten auf rund 60 Millionen Euro. 2018 waren es bereits 125 Millionen. Heute liegt das Projekt bei 230 Millionen Euro – fast das Vierfache.
Der Baukostenindex ist seit 1997 von 124,9 auf 287,7 Punkte gestiegen, also um das 2,3-Fache. Die tatsächlichen Brückenkosten haben sich jedoch mehr als vervierfacht. „Wäre die neue Brücke rechtzeitig umgesetzt worden, hätte man sich 100 Millionen Euro sparen können“, so Landesrat Martin Winkler (SPÖ).
Region wirtschaftlich unter Druck
Die Brücke ist nicht nur Verkehrsader, sondern auch Lebensnerv der Wirtschaft. Rund 22.000 Fahrzeuge täglich queren hier die Donau, Prognosen für 2035 gehen von 27.000 aus.
Großunternehmen wie Hödlmayr und Poschacher haben sich längst organisiert: Unter dem Namen „DoNeubrücke“ fordern sie eine rasche Umsetzung und warnen vor massiven wirtschaftlichen Schäden durch eine längere Sperre.

Winkler (SPÖ) fordert Taten statt Ausreden
Für SPÖ-Landesrat Martin Winkler ist das Maß voll: „Die Donaubrücke Mauthausen sollte längst eine Investition in die Zukunft der Region sein. Stattdessen wird sie zum Symbol für FPÖ/ÖVP-Versagen. Drei Jahrzehnte Versprechen, steigende Kosten, kein Baustart – so geht man nicht mit den Menschen um.“
Winkler fordert ein umfassendes Überbrückungskonzept:
- Temporäre Ersatzlösungen wie Behelfsbrücken oder zusätzliche Donaufähren,
- Transparenz und Planungssicherheit durch einen klaren Fahrplan,
- Prüfung von EU-Kofinanzierung über Connecting Europe Facility oder EFRE.
Zugleich kritisiert er die dramatische Kostenentwicklung:
Wäre die Brücke rechtzeitig umgesetzt worden, hätte man 100 Millionen Euro sparen können.
Die Donaubrücke Mauthausen ist längst mehr als nur ein Infrastrukturprojekt – sie ist ein Prüfstein dafür, wie ernst Politik ihre Verantwortung gegenüber Bevölkerung und Wirtschaft nimmt. Jahrzehntelang wurde geplant, verschoben und diskutiert, während der Verkehr über eine Brücke rollt, die ihre Lebensdauer längst überschritten hat.
SPÖ-Landesrat Martin Winkler drückt es so aus: Es geht nicht nur um Beton und Stahl, sondern um Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit. Wie viele Verzögerungen kann sich ein Land noch leisten, bevor aus einer Brücke endgültig ein politisches Mahnmal wird?