Fast jede:r Zweite in Österreich engagiert sich freiwillig – das sind rund 3,7 Millionen Menschen. Ohne sie stünde das Land still: ob bei Katastrophen, in der Feuerwehr, im Sportverein, in der Nachbarschaftshilfe oder bei der Betreuung älterer Menschen. Doch dieses Fundament bröckelt.
Pro Woche leisten Freiwillige 24 Millionen Stunden unbezahlte Arbeit – das sind beinahe 3 Jahre, die Ehrenamtliche leisten. Ein Wert, den keine öffentliche Hand jemals ersetzen könnte. Doch es gibt Probleme und das freiwillige Engagement droht weiter zu sinken. Das beobachten nicht nur Vereine, sondern auch der Tiroler Nationalrat Bernhard Höfler (SPÖ). Er ortet Probleme, hat aber auch Lösungen parat.
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Bei einer hitzigen Debatte im Parlament ist darüber diskutiert worden.
Zeitdruck, Bildungsniveau und Integration: Wo die Probleme beim Ehrenamt liegen
Unzählige ehrenamtlich engagierte Menschen in Österreich sagen, dass sie überlastet sind und Zeitdruck verspüren: 42 Prozent geben berufliche Gründe an, warum sie mit ihrem Ehrenamt aufhören mussten. Ob es der Sportverein ist, der vernachlässigt wird, die Lesepatenschaft oder die Freiwillige Feuerwehr. Wer den Job stemmt, vielleicht noch eine eigene Familie hat, dem bleibt kaum Luft für das Ehrenamt.
Ein weiterer Faktor ist die Bildung: Menschen mit höherer Bildungsabschuss engagieren sich doppelt so oft wie jene mit Pflichtschulabschluss. Gerade die Gruppen, die selbst von der Gemeinschaft und der freiwilligen Arbeit eines Ehrenamtes profitieren, können nur wenig selbst dazu beitragen.
Ähnlich ist es bei der Integration: 15 Prozent der Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft sind in Vereinen aktiv. Da ginge noch mehr! Ehrenamt könnte Brücken bauen, Integration durch Mitmachen funktionieren: Wer in Österreich lebt, soll leichter ins Ehrenamt finden – durch gezielte Projekte, Sprachkurse mit Vereinen und Mentoring durch erfahrene Ehrenamtliche.
Nationalrat Höfler will Recht auf Freiwilligenzeit!
Abgeordnete, wie etwa der Tiroler Nationalrat Bernhard Höfler, plädieren dafür, dass jede:r Arbeitnehmer:in ein jährliches Kontingent an bezahlter Freistellung für ehrenamtliche Arbeit haben soll. Nicht nur im Katastrophenfall, sondern auch für Jugendarbeit, Pflege oder Integration. Eine einheitliche steuerfreie Pauschale und einfache Online-Abrechnung könnten vor allem kleinen Vereinen enorm helfen.
Eine weitere Idee ist der „Freiwilligenpass“. Was im Ehrenamt gelernt und geleistet wird – von Einsatzleitung bis Konfliktlösung – soll auch im Beruf zählen. So könnte man den „Freiwilligenpass“ als Karriere-Baustein nutzen. Wenn freiwilliges Engagement gesetzlich anerkannt wäre und einem das Ehrenamt in der Arbeitswelt hilft, würde das vermutlich noch mehr Freiwillige in Vereine bringen.
Ehrenamt in Österreich: Zu wenig Wertschätzung für Unbezahlbares
Neben den oberhalb genannten Ideen, sollten Ehrenamtliche auch von weiteren Vorzügen profitieren: Versicherungsschutz, Zugang zu günstigen Öffi-Tickets, Kinderbetreuung während Einsätzen, und Bildungsangeboten. Und ein Ehrenamt muss so leicht auffindbar sein wie ein Jobangebot. Eine bundesweite App, die Vereine und Menschen in Echtzeit zusammenbringt, wäre ein Quantensprung. Abschließend meint Höfler:
Ohne Ehrenamt gibt es keine funktionierende Gesellschaft. Wenn wir heute nicht investieren, zahlen wir morgen den doppelten Preis – finanziell und menschlich.