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Hilfe, mein Gasanbieter kündigt meinen Vertrag: Diese Rechte haben Sie jetzt!

Immer mehr Gasversorger drehen ihren Kunden die Gashähne zu. Als Grund für die Vertragskündigungen nennen sie die internationalen Gas-Einkaufspreise. Was dürfen die Energie-Anbieter wirklich und was nicht? Welche Rechte haben Kundinnen und Kunden? Und welche Maßnahmen müsste die Regierung sofort setzen, damit wir alle abgesichert sind?

„Hallo Frau Kramer!

Die Einkaufspreise für Gas sind in einer nie dagewesenen Schnelligkeit und Höhe gestiegen. Eine weitere Belieferung mit Energie ist unter diesen Rahmenbedingungen für uns nicht wirtschaftlich, daher kündigen wir hiermit Ihren Gasvertrag zum 31. August 2022.“

Mit gerade einmal zweieinhalb Monaten Vorlaufzeit kündigt der Gas-Anbieter „Billig? Will Ich!“ den Vertrag von Sabine Kramer (Name von der Redaktion geändert). Da musste die Wienerin erst einmal schlucken:

„Ich beziehe erst seit vergangenem Sommer bei meinem Anbieter Gas und habe das Unternehmen damals über die Preisvergleichs-Plattform durchblicker.at entdeckt. Dass es möglich ist, in so kurzer Zeit den Vertrag seitens des Anbieters zu kündigen, war mir nicht bewusst und schockiert mich massiv! Ich habe große Angst, jetzt nur viel teurere Anbieter zu finden. Durch die Teuerung kann ich mir ohnehin schon kaum mehr mein Leben leisten.“

Welche Rechte haben Verbraucher:innen jetzt?

Frau Kramer ist kein Einzelfall. Seit Anfang März kündigen Energieanbieter ihren Kund:innen laufend die Verträge auf. Viele müssen dann auf viel teurere Anbieter umsteigen. Welche Rechte haben Konsumentinnen und Konsumenten? Die NeueZeit hat Fragen und Antworten.

Ist es erlaubt, dass mein Gasanbieter den Vertrag derart kurzfristig kündigt?

Je nach Vertrag sind zwischen den Kund:innen und den Anbietern Kündigungsfristen vereinbart. Viele Verträge haben auf Kund:innen-Seite eine kürzere Frist, auf Anbieter-Seite eine längere Frist. Meistens beträgt sie acht Wochen – in Frau Kramers Fall ist die kurzfristige Kündigung von ihrem Gasversorger „Billig? Will ich!“ somit leider erlaubt.

Kann ich mich gegen die Kündigung wehren?

Das muss man sich bei seinem mit dem Energieanbieter abgeschlossenen Vertrag individuell ansehen. Sind oben genannte Kündigungsfristen eingehalten worden, ist ein Einspruch in der Regel nicht möglich.

Muss ich mir Sorgen machen, dass mir nun der Gashahn abgedreht wird?

Wenn einem der Gasvertrag gekündigt wird und man plötzlich ohne Anbieter dasteht, kann man sich in Österreich auf die „Pflicht zur Grundversorgung“ berufen. Jeder Energieanbieter ist gesetzlich dazu verpflichtet, jede und jeden mit Energie zu versorgen. Dieser gesetzliche Anspruch ermöglicht es, eine drohende Abschaltung zu vermeiden oder eine rasche Wiedereinschaltung zu erreichen.

Den Grundversorgungsvertrag kann man nicht nur beim bisherigen Anbieter, sondern bei allen Energieversorgern erwirken. Um ihn zu bekommen, muss man als Kunde oder Kundin allerdings den Teilbetrag für einen Monat im Voraus entrichten.

An welche Stellen kann ich mich mit weiteren Fragen wenden?

Die Abteilung für Konsument:innenschutz der Arbeiterkammer Wien berät Sie bei Fragen rund um Verbraucherschutz, Vertragsrechte und auch Versicherungen und ist wochentags zwischen 8 und 12 Uhr unter +43 1 50165 1209  erreichbar.

Wenn Probleme bei der An- oder Abmeldung von Strom oder Gas auftreten, hilft auch die Schlichtungsstelle der Energieregulierungsbehörde E-Control. Diese ist erreichbar unter 01 24724-444.

Welche Maßnahmen könnte die Regierung umsetzen, um Konstument:innen zu schützen?

Nicht nur die Preise von Gasanbietern, sondern auch Wind-, Wasser- und Solarenergie werden teurer. Bei den „grünen“ Energieformen wie Wasser und Wind gibt es in Österreich derzeit aber gar keinen Mangel. Dass alle Energiepreise nun derart steigen, liegt daran, dass in Österreich das teuerste Produkt – also Gas – den Preis für den gesamten restlichen Strommarkt bestimmt.

Ein Preisdeckel würde helfen, um dieses Problem einzudämmen. Das Schweizer Modell beispielsweise sorgt dafür, dass die Energie zu dem Preis weiterverkauft werden muss, zu dem sie auch eingekauft wird. Die Teuerung betrug dort im Mai daher nur 2,9 Prozent, während sie hierzulande mit 8 Prozent mehr als dreimal so hoch ist.

NeueZeit Redaktion

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