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13.000 Pädagoginnen fehlen: Kommt jetzt auch noch der “Kindergartenkollaps”?

In Österreich gibt es zu wenige Kindergartenpädagog:innen. Rund 13.000 zusätzliche fehlen, weil der Arbeitsdruck zu hoch und die Einkommen zu niedrig sind. Kärnten ist nun das erste Bundesland, das mit einem Gesamtpaket reagiert: ab sofort bis zu 40 Prozent mehr Gehalt, schrittweise kleinere Gruppen und bauliche Verbesserungen an den Kindergärten.

Österreich gehen die Kindergartenpädagoginnen aus. Für einen zeitgemäßen Kindergartenbetrieb fehlen 13.000 von ihnen. Expertinnen und Experten warnen bereits vor einem „Kindergartenkollaps“. Einer der vielen Gründe dafür ist die schlechte Bezahlung. Erste Bundesländer reagieren: Im Burgenland verdienen viele Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen wegen des Mindestlohns im Landesdienst schon mehr. In Kärnten gibt es seit diesem Herbst mehr Geld für all Fachkräfte in den Kindergärten – das gilt auch für Pädagoginnen und Pädagogen in privaten Einrichtungen. Zusätzlich sollen kleinere Gruppen und bessere bauliche Gegebenheiten den Kindergarten attraktiver machen: für Kinder, Eltern und Personal.

Kindergarten: immer mehr Arbeit für gerade mal 1.500 Euro netto

Fast jeder kennt ausgebildete Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, die ihrem erlernten Beruf den Rücken gekehrt haben. Kein Wunder: Die Belastung ist hoch und die Bezahlung eher schlecht. Zuständig sind die Länder. Rund 1.300-1500 Euro netto bleibt einer Berufseinsteigerin  durchschnittlich.

Im Gegensatz zu den Gehältern wachsen die Aufgaben rasant: verpflichtende Sprachstandserhebungen der Kinder, Elternberatungen, Team – sowie Standortentwicklung. Das sind nur einige der neuen Verantwortungen, die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen schultern müssen.  Noch dazu sind die Betreuungsverhältnisse schlecht – zu viele Kinder treffen auf zu wenige Kindergartenpädagog:innen. Immer weniger wollen sich „das geben“.

Bundesweit fehlen in den nächsten Jahren deshalb bis zu 13.000 Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, rechnet der Berufsverband NEBÖ (Netzwerk Elementarer Bildung Österreichs) vor. Zumindest, wenn die Kindergärten Bildungseinrichtungen und nicht nur “Kinderverwahranstalten” sein sollen.

Kindergarten: Polaschek will Quereinsteiger

Die Gegenrezepte sind bisher dürftig. Unterrichtsminister Martin Polascheck setzt auf Quereinsteiger. Mit dem gleichen Rezept will er auch den Lehrermangel bekämpfen. Zusätzlich sollen Ausbildungsinitiativen in den Ausbildungsstätten helfen. Ob das hilft, bleibt abzuwarten. Das fast selbe Rezept hat jedenfalls beim Lehrermangel bisher nicht geholfen.

Denn Quereinsteigerregelung hin, Ausbildungsinitiativen her – was bleibt ist die Frage: Wer steigt für die viel zu niedrigen Gehälter ein? Das ahnt wohl auch der Unterrichtsminister selbst, denn er verweist postwendend auf die Bundesländer. Die seien „schuld“.

Kärnten: mehr Gehalt, mehr Zeit für die Kinder und mehr Platz

Tatsächlich nutzen die Bundesländer ihre Spielräume unterschiedlich. Das Burgenland beispielsweise zahlt allen Landesangestellten 2.000 Euro netto Mindestlohn. Das bringt für Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen ein deutliches Gehaltsplus. Auch Kärnten bessert beim Einkommen nach: Bis zu 40 Prozent mehr verdienen die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen ab Herbst 2023. Der Clou bei der Gehaltserhöhung im südlichsten Bundesland: Sie gilt auch für Angestellte in privaten Kindergärten. Kärnten will so “das Berufsbild attraktiver gestalten” und dafür sorgen, “dass dieses immens wichtige Berufsfeld auch eine adäquate Entlohnung erfährt.” Das erklärte der zuständige Landesrat für Bildung, Daniel Fellner.

Zusätzlich schreibt das Land schrittweise kleinere Gruppen vor und ändert die baulichen Vorgaben für Kindergärten. Um das zu ermöglichen, braucht es auch größere Kindergärten mit mehr Räumen. Dafür hat das Land eigens seinen “Schulbaufonds” in einen “Bildungsbaufonds” umgewandelt. Außerdem gibt es mehr Vor- und Nachbereitungszeiten für die Pädagoginnen und Pädagogen. Auch den Familien soll mehr Geld bleiben: Der Kindergartenbesuch wird – Bastel- und Essensbeitrag ausgenommen – kostenlos.

Nur wenige Bundesländer sind vorbereitet

Damit dreht Kärnten an gleich mehreren der Stellschrauben, die auch der Berufsverband NEBÖ benennt. Freilich gibt es auch Kritik am Paket: Denn der Gratis-Kindergarten sei nicht gratis, kritisieren manche Kärntner Eltern. Als gefühlte Wahrheit stimmt das auch: Die Kindergärten dürfen nämlich weiterhin Bastel- und Verpflegungsbeiträge einheben. Und manche private Kindergärten nützen diesen Spielraum großzügig aus. Man musste sich mit ihnen einigen, alles andere hätte praktisch Stillstand bedeutet, hält die Landesregierung dagegen. Denn in Kärnten gibt es besonders viele private Kindergärten – sie außen vor zu lassen, hätte dem Paket die Zähne gezogen.

Der größte Nutzen der Maßnahmen wird für die Kärntner Familien wohl erst in den nächsten Jahren spürbar werden. Denn Österreich rast auf einen “Kindergartenkollaps” zu. Wenn nicht auch andere Bundesländer reagieren, werden dort bald viele Familien keinen Kindergartenplatz mehr für ihre Kinder kriegen – zumindest keinen hochwertigen.

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