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Kärnten sagt Nein zu Windrädern: Populismus und Wissenslücken prägen Volksabstimmung – jetzt sind Bürgermeister am Wort! 

Foto von Waldemar auf Unsplash

Alle Gemeinden im Bezirk Wolfsberg stimmen für ein Verbot von Windrädern. Alle? Nein, die 2.400-Einwohner-Gemeinde Frantschach St. Gertraud hält dagegen. Auch in Reichenfels (ebenfalls Bez. WB) oder in Mallnitz (Bezirk Spittal an der Drau) gab es Überraschungen. Drei Bürgermeister erzählen, warum transparente Kommunikation und weniger Populismus vor der Volksbefragung gut gewesen wäre.

“Acht Windräder sind in unserer Gemeinde geplant und 8 Windräder werden gebaut. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Entscheidung stand auch schon vor dem jetzigen Totalverbot in Kärnten gegen Windräder. ”

Das erzählt der Bürgermeister Günther Vallant (SPÖ) von Frantschach St. Gertraud im Gespräch mit der NeueZeit.at. Seit über zehn Jahren beschäftigt sich seine Gemeinde mit nachhaltiger Energieversorgung und dem Bau von acht Windrädern. Bei der Volksabstimmung vergangenen Sonntag entschied die Bevölkerung des 2.400-Einwohner Ortes gegen den Kärntner Landestrend und votierte mit 53 Prozent für den weiteren Bau von Windrädern im südwestlichen Bundesland.

Frantschach St. Gertraud stimmt als einzige Gemeinde im Bezirk Wolfsberg für weitere Windräder in Kärnten

Einer der Gründe könnte die Bürgerbeteiligung am Bauprojekt sein. Denn Frantschach St. Gertraud hat nach einer erfolgreichen Umweltverträglichkeitsprüfung für den Windradbau vor allem eines getan: die Bevölkerung über die künftigen positiven Aspekten der acht Windräder informiert. Für den Bau der acht Windanlagen sicherte die Gemeinde gemeinsam mit dem Windparkbetreiber eine langfristige nachhaltige Finanzierung des privaten Kindergartens im Ort ab.

Gleichzeitig schuf sie einen Fonds aus den Erträgen des Windparks über eine Summe von 60.000 Euro pro Jahr. Damit kann Frantschach St. Gertraud ganz einfach in weitere Projekte für die Energiewende (zum Beispiel Solaranlagen an Gemeindegbäuden) investieren. Möglich ist das, weil die Gemeindepolitik und der Windparkbetreiber Ecowind sowie Püspök sich zum Wohle der Natur und der dort lebenden Menschen zusammengetan haben.

Warum stimmt Kärnten gegen den Bau von Windrädern?

Die Erzählung von Bürgermeister Vallant steht im Kontrast zur jetzigen Volksabstimmung. Im Bezirk Wolfsberg, aber auch im Rest von Kärnten hätten oft Emotionen und Populismus mehr Gewicht als Aufklärung und transparente Information gehabt. Das meint auch Manfred Führer, ÖVP-Bürgermeister der Gemeinde Reichenfels. Seine Gemeinde stimmte mit 61,5 Prozent für das gänzliche Windradverbot bei 644 von 1.415 abgegebenen Stimmen. Gerade in Reichenfels ist das überraschend.

Erst 2022 hat die ÖVP-Gemeinde positiv über ein Windradprojekt auf der Peterer Alpe abgestimmt. Wie auch in Frantschach legte man hier ein Projekt über acht geplante Windräder vor. Damals sprachen sich die Einwohner von Reichenfels noch für den Bau der Windräder aus. 68,88 Prozent stimmten im September 2022 für ein „Ja“. Nur 31,12 Prozent waren gegen die acht Windräder.

Warum sich das Ergebnis nun gedreht hat? Bürgermeister Führer habe mitbekommen, dass Eigentümer von Grundstücken in und rund um die Gemeinde von Großinvestoren angefragt wurden. Und zwar bevor noch die bereits geplanten acht Windräder auf der Peterer Alpe in Bau waren. Er vermute, dass die Menschen hier Angst vor dem “Ausverkauf” ihrer Region hatten und sich diesmal bei der landesweiten Volksbefragung im Gegensatz zur Abstimmung 2022 umentschieden haben.

Wer informierter war, stimmte eher gegen ein Totalverbot und für nachhaltige Energiegewinnung durch Windräder

Mit Maß und Ziel konnte man die Bevölkerung bisher also sehr wohl für den Bau von Windrädern begeistern. Nur ausufern sollte es nicht, wie diese Beispiele zeigen. Das sei in Kärnten aber ohnehin nicht möglich, denn viele Flächen kommen rein geografisch gar nicht für eine effiziente Energiegewinnung in Frage. Und manch andere Flächen sind Nationalparkgebiete. Dort ist ein Windradbau tabu. Die Menschen der Nationalparkgemeinde Mallnitz etwa hätten sich bei der Volksbefragung dennoch gewünscht, dass der Bau neuer Windräder in Kärnten nicht kategorisch abgelehnt wird. Die Mallnitzer:innen sprachen sich mit beinahe 60 Prozent mehrheitlich gegen das Verbot aus.

Bürgermeister Günther Novak (SPÖ) nimmt das wohlwollend auf, ärgert sich aber, dass die Fragestellung bei der Volksbefragung in Kärnten eine Suggestivfrage war. Und somit schon eine gewisse Tendenz für das Verbot mitgab. Das empfinde er als nicht zielführend. Vor allem, weil Kärnten nicht mit Wasserkraft alleine energieautark ist.

“Deshalb brauchen wir Windräder für eine nachhaltige und kostengünstige Energieversorgung”.

Er hätte sich für ganz Kärnten mehr Aufklärung gewünscht – in seiner Gemeinde sei das jedenfalls passiert, meint er.

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