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Schwechater Bürgermeisterin Karin Baier: „Kann nicht sein, dass Menschen für Arztbesuch zahlen müssen!“

Bildcredits: Dejan Mladenov

Fachärzte sucht man in vielen niederösterreichischen Gemeinden vergeblich. Karin Baier, Bürgermeisterin von Schwechat, hat hier angepackt und in ihrer Gemeinde für ein Primärversorgungszentrum mit ausreichend Kassenärzten und einem Apotheken-Dienst am Wochenende gesorgt. Warum ihr das bei den Gemeinderatswahlen im Jänner den Wahlsieg beschert hat und mehr Frauen im Bürgermeister-Amt sicher nicht schlecht wären, hat sie der NeueZeit erzählt.

„Für meine Generation war’s selbstverständlich, dass man einen Kassengynäkologen hatte. Heute können sich die Frauen die 150 Euro nicht leisten, weil es nur noch Privatärzte gibt. Das müssen wir wieder ändern!“

Eine „gelernte Politikerin“ steht nicht vor einem, wenn man mit der Bürgermeisterin von Schwechat, Karin Baier, spricht. Aber eine Frau, die bereit ist, Lösungen für drängende Probleme zu finden. Schon zu Beginn unseres Gesprächs schwenkt die Lokalpolitikerin, die früher als Buchhändlerin gearbeitet hat, deshalb zur Gesundheitsversorgung in Niederösterreich. Die ist alles andere als prickelnd. Vor allem Frauen- oder Kinderärzte sucht man in vielen Regionen Niederösterreichs vergeblich. Für Baier ist das Thema Gesundheitsversorung ein Mitgrund, warum sie und ihr Team bei den Gemeinderatswahlen im Jänner so positiv reüssieren konnten.  

Bürgermeisterin Baier: „Wie viele Ärzte mit Kassenvertrag gibt’s noch?“

Baier erreichte im Jänner 2025 bereits zum 2. Mal die absolute Mehrheit in Schwechat. „Für viele überraschend“, wie sie im Gespräch mit der NeueZeit erzählt. Der Erfolg kommt aber nicht von irgendwo: 2019 realisierte sie in Schwechat das Primärversorgungszentrum. 500 Quadratmeter mit einer Hand voll Ärztinnen und Ärzten, Sozialarbeitern, diplomierten Krankenschwestern und Physiotherapeutinnen bietet den Menschen in und rund um Schwechat ein komplexes und umfassendes medizinisches Angebot.

Einen weiteren Kassenvertrag  für Gynäkologie hat sie kürzlich verhandelt, eine weitere Vertragskinderärztin soll es ebenfalls für die Stadtgemeinde geben. Das ist mehr, als viele andere Gemeinden ähnlicher Größenordnung sich wünschen würden. 

Eine Idee mit Nachahmungs-Charakter auch für andere Gemeinden: Wer sich in Schwechat auf die „Plauderbank“ setzt, hat Zeit und Lust für ein Tratscherl. Meist dauert es nicht lange, bis ein anderer Schwechater Bürger oder eine Bürgerin sich dazu gesellt und man miteinander ins Gespräch kommt. // Bildcredits: Stadtgemeinde Schwechat

Aber nicht nur die Gesundheit ist ein wichtiges Thema für Baier. Auch der Zusammenhalt zwischen der jüngeren und betagteren Generation lasse sich in Schwechat, laut ihr, wirklich sehen. Nicht wenige junge Leute haben in der Coronazeit die Einkäufe für die Älteren erledigt. Die Plauderbänke sollten auch nach der Pandemie für den sozialen Austausch und ein „Tratschen“ in ungezwungener Atmosphäre sorgen. Und nicht zuletzt trägt auch das Seniorenzentrum der Stadt als „Gemeindebau für ältere Leute“ dazu bei, dass sich die Menschen hier zuhause fühlen. 

Absolute ausgebaut: „Bin alles andere als fragil“ und immer gut für eine Überraschung!

3.500 Stimmen  für ihre Partei unterstreichen die Zufriedenheit der Schwechater:innen mit Baiers Politik.1.945 der 3500 Stimmen sind allein ihrem Konto zuzuschreiben. Das große Vertrauen seitens der Bevölkerung, nimmt sie besonders dankbar für die Arbeit der kommenden Jahre mit. Denn Frauen wie sie, sind in der Kommunalpolitik eine Seltenheit. 89 Prozent der Bürgermeister in Österreich sind Männer, nur 11 Prozent sind Frauen. Vielleicht weil die Vorurteile immer noch zu groß sind?

 

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„Daran wirst du zerbrechen!“, das war auch die Reaktion einer Freundin von Baier, als diese erfuhr, dass sie sich 2015 für das Bürgermeisterinnen-Amt meldete. Das ist ein Jahrzehnt her. Die Rolle der Bürgermeisterin hat Baier aber ganz und gar nicht zerbrochen, sondern nur stärker gemacht. Nicht nur menschlich, auch in Absoluten zahlen. 2020 erreichte sie + 16 Prozent der Wähler:innen-Stimmen. Im Jänner 2025 konnten Baier und ihr Team die absolute Mehrheit in Schwechat ausbauen. Sie fuhr noch einmal ein Plus – diesmal von 3,08 Prozentpunkten mehr im Vergleich zu 2020 – ein. Und kletterte damit von 48,9 Prozent auf  52,0 Prozent. 

Mediatorin und Bürgermeisterin für alle  

Stabilität hat Karin Baier nicht nur in Wahlergebnissen gefunden. Ihr Job hat sie über die Jahre ganz generell gelassener gemacht. Sie vertraut auf ihr „gut durchmischtes, weibliches und durchaus auch jung(geblieben)es Team“. Sie ist zufrieden, wie ihr Polit-Stil bei der Bevölkerung und bei anderen Fraktionen im Gemeinderat ankommt. 

Ich bin ein kommunikativer Mensch und ich hab auch kein Problem damit, mir was von anderen Leuten und auch von anderen Parteien sagen zu lassen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum bei uns in Schwechat alles meist recht reibungslos funktioniert.

Weniger reibungslos läuft Baiers Ausbildung zur Mediatorin ab. „Ich hab’ lang damit gehadert, keinen herkömmlichen Abschluss in einem Beruf zu haben. Zwar hab’ ich lange Zeit – und auch nicht unerfolgreich – als Buchhändlerin gearbeitet, aber ein Abschluss hat mir gefehlt.“ Deshalb fiel ihr Entschluss vor ihrem 60er noch „etwas zu Ende zu bringen“ und die Ausbildung zur “akademischen Mediatorin” zu starten – auch um eine weitere mentale Herausforderung zu haben. Mit dem Bürgermeisterinnen-Amt war die Terminkoordination manchmal stressig, erzählt sie, aber bald ist es so weit: 

In Kürze reicht Baier ihre Masterarbeit ein. Geschrieben hat sie über “Mediation und BürgermeisterInnen und den möglichen Unterschieden zwischen Männern und Frauen in diesem Amt”. Darin befasst sie sich mit der Frage, warum mehr Bürgermeisterinnen den österreichischen Gemeinden ganz sicher nicht schaden würden. Die Gesundheitsversorung und das Wahlergebnis von Schwechat, können diese These nur untermauern. 

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