Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) droht Arbeitslosen mit Kürzungen des Arbeitslosengeldes, wenn sie Jobs nicht annehmen. Es ist nicht der erste türkise Angriff auf Arbeitnehmer und jene, die während der Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben.
ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher droht Arbeitslosen: Wenn sie Jobs nicht annehmen, soll das Arbeitslosengeld oder die darauf folgende Notstandshilfe gekürzt oder sogar gestrichen werden. Das kündigte Kocher in der „ZIB2“ an. Der Arbeitsminister will Jobsuchende stärker unter Druck setzen und durch Sanktionen „motivieren“.
Aus Kärnten kommt postwendend harte Kritik an Kochers Drohungen. Für Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist das „erschreckend“ und der „falsche Ansatz“. Die besonders hartnäckige Langzeitarbeitslosigkeit treffe vor allem ältere Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. „Diese Menschen brauchen keine Sanktionen und Strafen, um sie in die Arbeit zu treiben, sondern Förderungen, Unterstützung und Qualifizierungsmaßnamen“, sagt Kaiser.
„Wir müssen die Arbeitslosigkeit bekämpfen, nicht die Arbeitslosen bestrafen“, fordert Kärntens Landeshauptmann von der Bundesregierung.
Weil sich die Lage am Arbeitsmarkt in den letzten Wochen entspannt hat, will Arbeitsminister Martin Kocher die Corona-Kurzarbeit schrittweise abdrehen und Arbeitskräfte für jene Branchen finden, in denen derzeit Knappheit besteht: die Gastronomie, Beherbergungsbetriebe und die Industrie. Wenn die Vermittlung durch das AMS nicht klappt, soll es Sanktionen für die Jobsuchenden geben.
„Das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe können bei der Verweigerung einer zumutbaren Arbeit sechs Wochen, im Widerholungsfall acht Wochen gestrichen werden“, heißt es aus dem Arbeitsministerium.
Als zumutbare Jobs zählen etwa auch die umstrittenen Stellen in der Bäckerei-Branche. Dort müssen Angestellte für 1.200€ netto und weniger oft mehr als 40 Wochenstunden, an Wochenenden, nachts und frühmorgens arbeiten. Die 6-Tage-Woche ist für viele Arbeitnehmer in Bäckereien Alltag.
Auch ein sogenanntes „degressives“ Arbeitslosengeld – je länger man auf Jobsuche ist, desto weniger Geld gibt´s – kann sich Minister Kocher vorstellen. Das Arbeitslosengeld in Österreich zählt mit 55% des letzten Netto-Lohns ohnehin schon zu den niedrigsten in ganz Europa. Andere Länder wie Belgien (90%), Portugal (75%) oder Schweden (70%) zahlen deutlichen mehr.
Das durchschnittliche Arbeitslosengeld liegt in Österreich bei rund 980€ und damit deutlich unter der Schwelle für Armutsgefährdung (1.286 Euro). Martin Kocher verdient als Minister übrigens ein Brutto-Monatsgehalt von 18.094€.
Die Aussagen von Arbeitsminister Kocher sind nicht die ersten türkisen Drohungen. Der ÖVP-Wirtschaftsbund schlägt vor, dass Arbeitslose für neue Jobs bis zu drei Stunden täglich pendeln sollen und die ÖVP-dominierte Wirtschaftskammer will, dass sich Arbeitssuchende nichts mehr dazuverdienen dürfen. Kurz gesagt: die Türkisen starten einen Angriff auf die Arbeitnehmerschaft und all jene, die wegen der Krise ihre Arbeit verloren haben. Währenddessen vergrößerten die zehn reichsten Milliardäre des Landes ihr Vermögen in der Krise um satte 14,6 Milliarden Euro. Dagegen hat die ÖVP nichts einzuwenden.
Für den Kärntner SPÖ-Landesgeschäftsführer Andreas Sucher sind die Vorschläge von Kocher „fernab von jeglicher Lebensrealität der Menschen“. Kärnten setzt auf einen anderen Weg: Jobsuchende, vor allem Langzeitarbeitslose, sollen unterstützt statt gemobbt werden. Im laufenden Jahr nimmt das Land 24 Millionen Euro für Fördermaßnahmen für ältere Arbeitslose in die Hand. Und das eigens entwickelte Online-Tool „Förderradar“ bietet einen Überblick über aktuelle Förderungen und Unterstützungsmöglichkeiten für ältere Jobsuchende, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer haben.
Zuletzt sank die Arbeitslosigkeit in Kärnten um 30% im Vergleich zum selben Zeitraum vor der Corona-Krise. 224.000 Beschäftigte stehen derzeit 15.408 Jobsuchenden im Bundesland gegenüber. Österreichweit sind 360.000 Menschen als arbeitslos gemeldet.
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