Österreich

Zerfällt das „System Kurz“? Diese 11 Kurz-Vertrauten mussten in den letzten Wochen gehen

Zerfällt das „System Kurz“ in seine Einzelteile? Sebastian Kurz selbst mitgerechnet, mussten in den letzten Monaten nicht weniger als zwölf türkise Politikerinnen und Politiker sowie wichtige Vertraute von Kurz ihre Sessel räumen. Die NeueZeit hat die Rücktritte der ÖVP-Politiker und die Rauswürfe im engsten Machtzirkel rund um Sebastian Kurz gesammelt.

Anstoß für die meisten Rücktritte war die große Razzia im Kanzleramt und der ÖVP-Parteizentrale am 6. Oktober, nach der bekannt wurde: Gegen Sebastian Kurz und seine engsten Vertrauten wird wegen mutmaßlich gefälschten Umfragen und Inseraten-Korruption ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung. In der Folge zog sich Kurz zuerst als Kanzler, später auch als türkiser Parteichef zurück. Ihm folgten wichtige Minister und PR-Mitarbeiter.

Aber schon vor Bekanntwerden der ÖVP-Inseraten-Affäre mussten Vertraute von Sebastian Kurz ihre Ämter räumen. Gegen viele von ihnen ermittelt die Justiz weiterhin. Das „System Kurz“ könnte noch jahrelang gerichtliche Nachspiele haben.

Die Rücktritte der ÖVP-Politiker: Diese Kurz-Vertrauten mussten gehen

Sebastian Kurz als Bundeskanzler & ÖVP-Chef
Nur drei Tage nach der Hausdurchsuchung im Kanzleramt gab Sebastian Kurz am 9. Oktober 2021 seinen Rücktritt als Bundeskanzler bekannt. Knapp zwei Monate später, am 2. Dezember, verkündete er seinen vollständigen Rückzug aus der Politik. Die Ermittlungen gegen Kurz – unter anderem wegen Falschaussage und mutmaßlicher Inseraten-Korruption – laufen weiter.
Alexander Schallenberg als Bundeskanzler
Kurz installierte Alexander Schallenberg als seinen Kanzler-Nachfolger. Aber Schallenberg war nur von 11. Oktober bis 6. Dezember 2021 Bundeskanzler der Republik. Danach trat er zurück, um uns Außenministerium zurückzukehren. Das bestärkt die Einschätzung vieler Beobachter: Schallenberg war nur ein „Schattenkanzler“ für Kurz.
Gernot Blümel als Finanzminister und ÖVP-Wien Chef
Lange Zeit galt Gernot Blümel als wichtigster Vertrauter von Sebastian Kurz in den Reihen der Ministerinnen und Minister. Nach dem vollständigen Kurz-Rückzug schmiss auch Blümel alles hin. Die Justiz ermittelt gegen den Ex-Finanzminister weiterhin wegen Bestechung und Bestechlichkeit in Zusammenhang mit einem Spendenangebot des Glücksspielkonzerns Novomatic. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bernadette Arnoldner als ÖVP-Wien Parteimanagerin
Kurz nach Blümels Rücktritt kündigte auch die Parteimanagerin der Wiener ÖVP, Bernadette Arnoldner, ihren Job. Sie wolle dem neuen ÖVP-Wien Chef die Chance geben, sich sein Team neu zusammen zu stellen, sagt Arnoldner offiziell.
Heinz Faßmann als Bildungsminister
Sebastian Kurz präsentierte Heinz Faßmann als „unabhängigen“ Experten im Bildungsministerium. Nur wenige Tage nach dem Kurz-Rücktritt musste auch Faßmann gehen. Nicht einmal die ÖVP wollte ihn dem Vernehmen nach noch als Minister halten.
Michael Linhart als Außenminister
Michael Linhart war nach dem Aufstieg Alexander Schallenbergs zum Bundeskanzler nur kurz Außenminister Österreichs. Er musste seinen Platz sofort wieder für Schallenberg räumen, der vom Kanzleramt zurück ins Außenministerium wechselt. Postenschacher im Außenministerium – nicht unbedingt vorteilhaft für das internationale Ansehen des Landes.
Christine Aschbacher als Arbeitsministerin
Die ehemalige ÖVP-Arbeitsministerin Christine Aschbacher stolperte schon zu Jahresbeginn 2021 über ihre Diplom- und Doktorarbeit. Die wissenschaftlichen Arbeiten sollen Plagiate, also abgeschrieben sein – Aschbacher trat zurück.
Bernhard Bonelli als Kabinettschef im Kanzleramt
Das „System Kurz“ bröckelt auch in der zweiten Reihe. Bernhard Bonelli hielt als Kabinettschef das Kanzleramt für Sebastian Kurz zusammen. Nachdem Karl Nehammer Kanzler wurde, musste Bonelli gehen. Auch gegen ihn ermittelt die Justiz weiterhin wegen Falschaussage im U-Ausschuss.
Axel Melchior als ÖVP-Generalsekretär
Auch der türkise Parteimanager Axel Melchior muss sich nach dem Kurz-Rücktritt einen neuen Job suchen. Er verließ die Partei „auf eigenen Wunsch“, heißt es aus der ÖVP-Zentrale.
Gerald Fleischmann als Medienbeauftragter des Kanzlers
Gerald Fleischmann sei gnadenloser Vollstrecker der türkisen Message-Control von Sebastian Kurz, heißt es hinter den Kulissen. Da überrascht es wenig, dass auch er als Beschuldigter in der ÖVP-Inseraten-Affäre geführt wird. Fleischmann wurde als Medienbeauftragter im Kanzleramt beurlaubt.
Johannes Frischmann als Kanzler-Pressesprecher
Ebenfalls unfreiwillig auf Urlaub geschickt wurde der wichtigste Pressesprecher von Kurz: Johannes Frischmann. Ihm wird in der Inseraten-Affäre Untreue und Bestechlichkeit vorgeworfen.
Thomas Schmid als ÖBAG-Chef
Die Ermittlungen gegen Kurz und sein engstes Umfeld ins Rollen gebracht hat das Handy von Thomas Schmid, jahrelang Generalsekretär im ÖVP-Finanzministerium. Die Justiz konnte tausende Chatnachrichten von Schmids Handy sicherstellen. Sie geben einen Einblick in die türkisen Machtspielchen auf Kosten der Republik und führten bereits zu mehreren Ermittlungen. In deren Folge musste Thomas Schmid zuletzt als Chef der staatlichen Beteiligungs-Gesellschaft ÖBAG zurücktreten.
NeueZeit Redaktion

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