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3 Ermittlungen, 1 Verurteilung: Das wurde aus den Ministern der Regierung Kurz I

Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache - damals Kanzler und Vize - mussten durch den Ibiza-Skandal die Koalition auflösen. // Bild: kontrast.at

Die Bilanz der ersten Regierung von Kanzler Sebastian Kurz, der ÖVP-FPÖ Koalition von 2017 bis 2019, ist ernüchternd: Der Vizekanzler wurde verurteilt, der Kanzler und zwei weitere Minister sind im Visier der Justiz, die Außenministerin arbeitet jetzt für einen russischen Propagandasender. Ein Überblick, was aus den Ministerinnen und Ministern der Regierung Kurz 1 wurde.

Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache grinsen in die Kamera: Es ist der 18. Dezember 2017, die ÖVP-FPÖ Koalitionsregierung wird angelobt. Kurz ist erstmals Bundeskanzler, die FPÖ wieder zurück in der Regierung.

Nicht einmal eineinhalb Jahre und ein Ibizia-Video später ist die Koalition schon wieder Geschichte.

Trotz kurzer Regierungszeit beschäftigt die türkis-blaue Koalition die Ermittler und Gerichte des Landes wie kaum eine andere Koalitionsregierung zuvor. Was wurde aus den Ministerinnen und Ministern der Regierung Kurz 1?

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

Gegen Sebastian Kurz wird wie gegen andere Minister der Regierung Kurz 1 ermittelt.
Gegen den amtierenden Bundeskanzler Sebastian Kurz wird ermittelt. // Bild: BKA/Dragan Tatic

Erstmals in der Geschichte der Republik Österreich wird gegen einen amtierenden Bundeskanzler ermittelt. Sebastian Kurz steht unter Verdacht, das Parlament im Ibizia-Ausschuss belogen zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Falschaussage, es geht um einen Deal aus Kurz erster Amtszeit als Kanzler: die Bestellung von ÖVP-Mann Thomas Schmid zum Chef der staatlichen ÖBAG.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ)

Die Regierung Kurz 1 hat jetzt ihre erste Verurteilung: Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache wurde wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Strache hat laut Urteil versucht, als Gegenleistung für eine Parteispende ein vorteilhaftes Gesetz für einen befreundeten Privatkliniken-Besitzer im Parlament durchzuboxen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP)

Gernot Blümel, in der ÖVP-FPÖ Regierung als Kanzleramtsminister einer der engsten Vertrauten von Kurz, ist mittlerweile amtierender Finanzminister. Auch gegen ihn ermittelt die Justiz. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob Blümel und die ÖVP Spenden des Glücksspielkonzerns Novomatic angenommen und dafür Gegenleistungen versprochen haben. Im Zuge der Ermittlungen fand bei Blümel sogar eine Hausdurchsuchung statt. Unvergessen bleibt: Kurz vor der Durchsuchung ging Blümels Frau zufällig spazieren – mit Kind und dem Laptop ihres Mannes.

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ)

Der Verkehrsminister der Regierung Kurz 1, Norbert Hofer, ist mittlerweile eher glücklos. Hofer übernahm die FPÖ nach dem Ibizia-Video als Parteichef. Nach einem parteiinternen Streit warf er im Juni 2021 den Hut und trat als FPÖ-Obmann zurück. Hofer ist weiterhin Dritter Nationalrats-Präsident.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP)

Auch der Finanzminister der türkis-blauen Koalition, Hartwig Löger, ist im Visier der Justiz. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue mittlerweile abgeschlossen. Es geht um Parteispenden des Privatkliniken-Betreibers „Premiqamed“ an die ÖVP. Jetzt liegt der Ball beim Justizministerium. Ob es zu einer Anklage kommt, ist offen.

Außenministerin Karin Kneissl (parteilos, von FPÖ nominiert)

Die Außenministerin der Regierung Kurz 1, Karin Kneissl, legte nach dem Ende der Koalition eine ungewöhnliche Karriere für eine österreichische Politikerin hin: Sie sitzt heute im Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns „Rosneft“ und ist als Gastautorin des russischen Staatssenders „Russia Today“ tätig – der Sender gilt als Putins Propagandakanal, der gezielt falsche Informationen im Ausland verbreitet. Kneissls Weg ist ungewöhnlich, aber wohl wenig überraschend. Schließlich lud sie Russlands umstrittenen Präsidenten Vladimir Putin schon während ihrer Amtszeit als Außenministerin auf ihre private Hochzeitsfeier ein – inklusive Knicks vor Russlands mächtigstem Mann.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)

Herbert Kickl, heute Parteichef der FPÖ, war in der Regierung Kurz I Innenminister. Als solcher befehligte Kickl 2018 eine Durchsuchung beim österreichischen Verfassungsschutz BVT. Einsatzleiter der umstrittenen Durchsuchung war ausgerechnet ein Parteikollege von Kickl: FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Preiszler. Nach den Vorgängen rund um die ungewöhnliche Razzia stellten viele ausländische Geheimdienste die Zusammenarbeit mit Österreichs BVT ein.

Justizminister Josef Moser (parteilos, von ÖVP nominiert)

Josef Moser, Absolvent des Militärgymnasiums in Wiener Neustadt, war Justizminister der türkis-blauen Regierung. Seine eigenen Leute im Ministerium hatte er wohl nie unter Kontrolle. In später aufgetauchten Chat-Nachrichten schreibt der damalige Justiz-Sektionschef, Christian Pilnacek, über seinen Chef: „Moser ist ein A-Loch“. Heute ist Josef Moser nicht mehr als Politiker tätig.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ)

Die ehemalige FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein hat zwar keine nennenswerten Reformen umgesetzt, bleibt aber trotzdem wegen zwei Sagern in Erinnerung. Einmal brüllte sie im Parlament: „Wer schafft die Arbeit? Die Wirtschaft schafft die Arbeit! Bitte merkts euch das einmal!“ Die Millionen von Österreicherinnen und Österreichern, die jeden Tag aufstehen und arbeiten gehen, haben dazu wohl eine andere Meinung.

Ein anderes Mal, als es um die Reform der Mindestsicherung ging, meinte Hartinger-Klein: Die Menschen können von 150€ pro Monat leben. Mit einem Bruttogehalt von fast 18.000 Euro lässt es sich als Ministerin da leicht reden.

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP)

Elisabeth Köster, unter Türkis-Blau Tourismusministerin, ist mittlerweile Landwirtschaftsministerin und enge Vertraute von Kanzler Sebastian Kurz. Ihre größten politischen „Erfolge“: Köstinger will bis mindestens 2032 die sogenannten „Vollspaltböden“ in der Schweinehaltung erlauben – für die Tiere eine besonders qualvolle Art der Haltung. Dafür lobbyiert die ÖVP-Ministerin in Brüssel offen gegen eine Halbierung von schädlichen Pestiziden – alle anderen EU-Staaten sind für die Reduktion der Pflanzengifte.

Ein anderer „Erfolg“: Köster verhindert standhaft Arbeitsrechte für Erntehelfer. Diese verdienen für bis zu 17 Stunden Arbeit pro Tag auf österreichischen Feldern einen Stundenlohn von 3,50 Euro.

Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ)

Den ehemaligen Verteidigungsminister Mario Kunasek hat es nach dem Ende von Türkis-Blau zurück in die Steiermark verschlagen, wo er FPÖ-Landeschef und Klubobmann der Blauen ist. Kunasek fällt immer wieder durch Entgleisungen am rechten Rand auf. 2015 traf er sich in einem einschlägigen Lokal in der Südsteiermark mit rechtsradikalen Neo-Nazis, die sich mit SS-Totenköpfen, Nazi-Helmen und Reichsadler zeigen.

Während seiner Zeit als Minister wurde Kunasek bei einer Feier mit Werner L. fotografiert. L. ist ein verurteilter Straftäter, weil er einen Flüchtling mit einer Schrotflinte bedroht hatte.

Bildungsminister Heinz Faßmann (parteilos, von ÖVP nominiert)

Bildungsminister Heinz Faßmann schaffte den Sprung von der alten türkis-blauen in die neue türkis-grüne Regierung. Was genau er dort macht, ist allerdings vielen nicht klar. Als Minister ist er unter anderem für die Schulen zuständig – dort gilt er als Schlafmütze. Erst 17 Monate nach dem ersten Corona-Lockdown bestellte Faßmann Luftfilter, um den Schulunterricht sicherer zu machen. Sie reichen aber nur für 10.000 von 50.000 Klassenzimmern in Österreich.

Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP)

Juliane Bogner-Strauß ist heute Landesrätin in der Steiermark. In ihrer Zeit als Ministerin fiel sie vor allem durch die bis zu 20%ige Kürzung der Budgetmittel für Frauenorganisationen auf.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP)

Auch Margarete Schramböck darf noch einmal: Sie ist wie unter Türkis-Blau in der Regierung Kurz II erneut Wirtschaftsministerin. Und hat die Steuerzahler schon einiges an Geld gekostet. Im „Kaufhaus Österreich“ versenkte die 1,3 Millionen Euro Steuergeld. Die als „digitaler Marktplatz“ gedachte Webseite funktionierte nicht richtig. Und nur 70 Tage nach Projektstart ist Ministerin Schramböck draufgekommen, dass ihr Ministerium gar keinen kommerziellen Marktplatz betreiben darf – das Kaufhaus musste wieder zusperren, das Geld war weg.

Bild: Montage

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