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Neuer Verfassungsschutz-Chef hätte 2016 den Anschlag auf eine Grazer Moschee verhindern können

Die Pannenserie im Innenminsterium scheint sich fortzusetzen. Karl Nehammer (ÖVP) hat wenige Tage nach dem Terroranschlag in Wien einen neuen Leiter für den Wiener Verfassungsschutz (LVT) bestellt, weil dem alten Chef „nicht tolerierbare Fehler“ unterlaufen seien. Er setzt mit Rupert Meixner ausgerechnet einen Beamten ein, dem selbst Fehler im Vorfeld eines Anschlags vorgeworfen werden, wie Recherchen der Neuen Zeit zeigen. Als eine rechte Gruppierung 2016 eine Moschee in Graz angriff, war Meixner Leiter des LVT-Steiermark und just am Abend des Angriffs in Rufbereitschaft. Er ignorierte Vorab-Informationen und griff in den Moschee-Anschlag nicht ein, so der Vorwurf. Nun ist er als Chef des Wiener Verfassungsschutzes für die Sicherheit des Landes zuständig.

Wenige Tage nach dem Terroranschlag in Wien gab es erste personelle Konsequenzen. Der Leiter des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz (LVT), Erich Zwettler, wurde abberufen – wegen „nicht tolerierbaren Fehlern“ in den Ermittlungen rund um den späteren Attentäter, wie Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sagt. Man habe daher „unverzüglich“ Konsequenzen gezogen – Zwettler musste abtreten.

Noch am selben Tag bestellte Innenminister Nehammer einen neuen, interimistischen Leiter für das Wiener LVT: Rupert Meixner. Ihm werden aber selbst Fehler im Vorfeld eines Anschlags vorgeworfen, wie Recherchen der Neuen Zeit jetzt zeigen. Als eine rechte Gruppierung 2016 eine Moschee in Graz schändete, griff das LVT-Steiermark nicht ein, so der Vorwurf. Dessen damaliger Leiter, der in der Nacht des Moschee-Anschlags sogar persönlich im Rufbereitschafts-Dienst war: Rupert Meixner.

Rechte Gruppierung schändet Grazer Moschee

Donnerstag, der 5. Mai 2016. Gegen 22:40 Uhr beobachten Passanten, wie ein Mann auf dem Gebäude des Islamischen Kulturzentrums in Graz zwei Schweineköpfe montiert. Das Minarett der Moschee beschmiert er mit Blut. Später wird sich herausstellen, dass insgesamt vier Personen aus der rechten Szene an der Tat beteiligt waren. 2019 werden sie alle wegen Herabwürdigung religiöser Lehren und Sachbeschädigung verurteilt. Zwei von ihnen wurden bereits zuvor wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz zu Haftstrafen verurteilt.

Das rechtliche Nachspiel des Anschlags auf die Grazer Moschee ist aber noch nicht vollständig abgeschlossen. Ende November stehen zwei Angehörige des Bundesheer-Abwehramtes vor Gericht. Sie müssen sich wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, beim Angriff auf die Moschee nicht eingegriffen zu haben, obwohl sie bereits im Vorfeld davon wussten. Es gab einen Informanten in der rechten Szene.

Vorwurf: Neuer Verfassungsschutz-Chef Rupert Meixner ignorierte Anschlags-Warnung

Und noch einer wusste wohl vom Moschee-Anschlag, bevor er stattfand: Rupert Meixner, seit wenigen Tagen interimistischer Leiter des LVT Wien. 2016 war Meixner noch Chef des steirischen Verfassungsschutzes – und just am Abend der Moschee-Schändung im Dienst.

Die beiden Mitarbeiter des Bundesheer-Abwehramtes riefen am 5. Mai 2016 kurz vor der Tat beim LVT-Steiermark an. Das geht aus Unterlagen hervor, die der Neuen Zeit vorliegen. Am Apparat war Rupert Meixner, der an diesem Tag Rufbereitschaft hatte. Die Kollegen des Abwehramtes informieren ihn über den geplanten Angriff auf die Moschee. Sie erwähnen explizit, dass es sich bei den Tätern um Mitglieder einer rechten Gruppierung handelt – damit fällt der Tatbestand wohl eindeutig in den Aufgabenreich des steirischen Verfassungsschutzes. Doch Meixner greift nicht ein, er verweist die Mitarbeiter des Abwehramtes – angeblich mit den Worten „wenn´s was wissen, rufen´s 133“ – an den Polizeinotruf.

Verteidiger: Meixner wurde 11 Tage vor dem Anschlag informiert

Der anschließende Notruf, mit dem die Abwehramt-Mitarbeiter die Grazer Polizei informieren, hat es in sich. Sie sprechen gegenüber der Polizei von mehreren Personen mit Rucksäcken und Waffen, die in die Moschee eindringen.

Der Rechtsverteidiger einer der angeklagten Abwehramt-Mitarbeiter, Andreas Kleinbichler, behauptet, Rupert Meixner sei von seinem Mandaten bereits am 24. April 2016 über den geplanten Anschlag informiert worden – elf Tage vor der Tat. Meixner habe daran aber kein Interesse gezeigt. Dabei seien Informationen über einen geplanten Anschlag die „ureigentliche Aufgabe des Verfassungsschutzes“, sagt Anwalt Kleinbichler, und weiter: „Das Bundesheer war dran, die Polizei war dran, nur das LVT nicht. Meixner hätte reagieren müssen“. Der Rechtsanwalt prüft, gegen Meixner deshalb eine Amtsmissbrauchs-Anzeige einzubringen.

Vor Gericht verantworten müssen sich vorerst aber nur die beiden Abwehramt-Mitarbeiter des Bundesheeres. Anders als deren Verteidigung erheben die ermittelnden Behörden und die Justiz gegen Meixner keine Vorwürfe.

Meixner gilt als ÖVP-nahe

Die Bestellung Meixners zum neuen Chef des Wiener Verfassungsschutzes erscheint dadurch in einem neuen Licht. ÖVP-Innenminister Nehammer ließ das LVT-Wien neu besetzen, weil im Vorfeld des Terroranschlags in Wien Fehler passiert seien. Der Innenminister setzt mit Meixner nun ausgerechnet einen Beamten ein, dem selbst Fehler im Vorfeld eines Anschlags vorgeworfen werden. Hinter vorgehaltener Hand gilt Meixner als ÖVP-nahe. Für eine Stellungnahme war er bisher nicht erreichbar.

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