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Statt teurer Importe: Ab 2024 produziert das Sellraintal seinen Strom selbst

Bild: Unsplash/Jon Flobrant

Ab 2024 ist das Sellraintal unabhängig von teuren Strom-Importen. Möglich machen das zwei neue Wasserkraftwerke im Tal. Jahrelang hatten die Behörden ihren Bau blockiert. Erst 2010 brachte ein junger, damals noch unbekannter Lokalpolitiker das Projekt in Gang: Georg Dornauer. Er zog bis vor den Verwaltungsgerichtshof und setzte die Baugenehmigung durch. 2021 war dann Spatenstich. Ein großer Teil der beiden Kraftwerke wird entweder unterirdisch gebaut, oder anschließend überschüttet. Denn sie sollen die Landschaft nicht verschandeln und auch dem Ökosystem im Sellraintal nicht schaden.

Bis 2050 will Tirol energieautark sein – also alle Energie, die das Bundesland verbraucht auch selbst herstellen. Dabei zeigen die rasenden Energiepreise gerade, wie teuer es die Tirolerinnen und Tiroler kommt, dass sie auf Stromimporte angewiesen sind. Warum die Tirolerinnen und Tiroler noch bis 2050 auf Energieautarkie warten sollen, obwohl das Land wie gemacht für Wasserkraft ist? Das weiß nur die amtierende Landesregierung.

Den Gemeinden im Sellraintal geht das jedenfalls nicht schnell genug. Sie produzieren ab 2024 allen Strom, den sie benötigen, selbst. Das schaffen sie mit zwei neuen Wasserkraftwerken, die Gemeinden selbst bauen. Jahrelang war das Projekt auf Eis gelegen, bis der Sellrainer Bürgermeister und SPÖ-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl Georg Dornauer es wieder in Gang brachte. Das macht die Landtagswahl am 25. September auch zur Abstimmung über die Energieversorgung Tirols: Denn ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle ist als Bereichssprecher Energie der ÖVP-Tirol und Aufsichtsrat der TIWAG für den aktuellen Kurs verantwortlich. Dornauer geht das nicht schnell genug. Er will, dass die Tirolerinnen und Tiroler sich lieber heute als morgen keine Sorgen mehr wegen der Kapriolen an Strompreisbörsen machen müssen.

Baustart nach jahrelangem Rechtsstreit

Für eines der beiden Kraftwerke haben sich die Gemeinden Oberperfuss, Sellrain, Gries im Sellrain, St. Sigmund, Grinzens und Unterperfuss  zusammengeschlossen. Das zweite baut die Gemeinde Sellrain. Geschäftsführer der Betreibergesellschaft ist  Dornauer. Zusammen sollen die beiden Wasserkraftwerke Strom für 17.500 Haushalte produzieren. Pläne für die Anlagen gab es seit 2006. Doch die Landesregierung legte sich quer, deshalb herrschte in Sellrain/Fotsch notgedrungen Stillstand.

Erst 2010 kam wieder Schwung in die Bauvorhaben: Georg Dornauer wurde – damals noch unter einem ÖVP-Bürgermeister – in den Gemeinderat gewählt und übernahm das Projekt. Von vornherein legte er Wert darauf, die Sellrainerinnen und Sellrainer in die Planung einzubinden. Das kam an: Sechs Jahre später wählten sie ihn zum Bürgermeister der Gemeinde. Dornauer brachte die Betreibergesellschaft des künftigen Wasserkraftwerks Sellrain/Fotsch in Gemeindeeigentum und ging bis zum Verwaltungsgerichtshof. 2021 war es dann nach fast 11 Jahren hartnäckiger Verhandlungen so weit: Baustart. 2024 sollen die beiden Kraftwerke im Sellraintal ans Netz gehen. Ab dann versorgen sich die Gemeinden im Tal selbst mit Strom.

Rücksicht auf Umwelt und Landschaftsbild

Die Anlagen im Sellraintal zeigen, dass Wasserkraftwerke lang keine unförmigen Betonkolosse mehr sein müssen, die ganze Täler verschandeln. Die künftigen Betreibergesellschaften nehmen Rücksicht auf Umwelt und Landschaftsbild im Sellraintal. Sie bauen große Teile der Kraftwerke so, dass sie danach überschüttet und bepflanzt werden können.

„Ich habe auch gegenüber der Behörde deutlich gemacht, dass hier kein hässlicher Betonklotz entstehen wird, sondern das Gebäude perfekt und dezent unserer schönen Naturlandschaft angepasst wird. Wir werden neue Maßstäbe in Sachen naturnaher Energiegewinnung setzen.“ Georg Dornauer

Das war auch Dornauer wichtig. Das Wasserkraftwerk Sellrain/Fotsch soll “neue Maßstäbe in Sachen naturnaher Energiegewinnung setzen.” Nach ca. 12 Jahren wird es sich amortisieren.

TIWAG-Kunden zahlen d’rauf

Erst der Verwaltungsgerichtshof stellte fest, dass Kleinkraftwerke, wie die im Sellraintal “sehr wohl einen wertvollen Beitrag zur Energiewende” leisten und dadurch “selbstverständlich im öffentlichen Interesse stehen”, so Dornauer. Die Tiroler Behörden hatten das nämlich – der ÖVP-Linie folgend – in Abrede gestellt. Die kleinen Anlagen im Eigentum der Gemeinden im Sellraintal haben noch einen Vorteil für die Bevölkerung in diesen Gemeinden: Sie wurden ausschließlich zum Zweck gebaut, sie mit Strom zu versorgen. Sie müsse kostendeckend arbeiten, aber nicht unbedingt Gewinn abwerfen.

Wieviel Verlass auf die Betreiber von Großanlagen, wie der TIWAG ist, mussten viele Tirolerinnen und Tiroler mussten in den letzten Wochen schmerzhaft – beziehungsweise: teuer – erfahren. Denn Neukunden zahlen bereits jetzt horrende Preise. Und das betrifft keineswegs nur ehemalige Kundinnen und Kunden alternativer Anbieter. Auch junge Menschen und Familien, die erstmal selbst Strom beziehen, zahlen d’rauf. Dabei produziert die TIWAG fast nur Strom aus erneuerbaren Energieträgern – und die sind keinen Cent teurer geworden. Die TIWAG macht also üppige Gewinne auf Kosten der jungen Tirolerinnen und Tiroler. Und zwar mit dem Segen von Aufsichtsrat Anton Mattle.

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