Anfang Dezember wurde der Weltungleichheitsbericht veröffentlicht. Dieser zeigt auf, in welchem Verhältnis Einkommen, Wohlstand und andere Faktoren weltweit zueinander stehen. Wie gerecht geht es also in der Welt zu?
Wie misst man Ungleichheit?
Ein Kilogramm Bananen ist im Supermarkt schnell abgewogen. Wie aber misst man etwas so Abstraktes wie Ungleichheit – und das auch noch weltweit? So viel vorweg: einfach ist es nicht und nimmt zudem einige Zeit in Anspruch.
Hinter dem am 7. Dezember veröffentlichten Bericht zur globalen Ungleichheit steht das Weltungleichheitslabor (WIL). Die Forscherinnen und Forscher sammeln seit 2011 Daten, damals in erster Linie mit Fokus auf Spitzeneinkommen. Mittlerweile beziehen sie noch viel mehr in die Berechnungen mit ein, sodass sich ein aussagekräftiges Gesamtbild ergibt.
Für den Bericht 2021 sammelten Forschenden über vier Jahre Daten aus der ganzen Welt. Dabei arbeiteten sie mit Steuerbehörden, Universitäten und internationalen Organisationen zusammen und speicherten diese im Anschluss in einer Datenbank. So konnten die Daten miteinander abgeglichen und gegenübergestellt werden.
Gemessen wurde Ungleichheit nicht nur in Bezug auf Einkommens- oder Vermögensunterschiede. Das WIL untersuchte beispielsweise auch Unterschiede hinsichtlich des Zugangs zu Gesundheitsversorgung und des Geschlechts, denn auch in diesen Bereichen lassen sich ungleiche Chancen feststellen.
Am wenigsten Ungleichheit gibt es in Europa
Laut den Forschenden steht Europa im internationalen Vergleich gut da. Hier besitzen die vermögendsten 10 Prozent der Bevölkerung etwa ein Drittel (36 Prozent) des gesamten Einkommens des Kontinents. Das restliche Einkommen teilt sich auf den Rest der Bevölkerung auf. Wenige Menschen besitzen also viel, während sich viele Menschen, die übrigen 90 Prozent, weniger teilen.
Auch wenn das nicht nach Fairness klingt, ist Europa damit Spitzenreiterin in Sachen Gleichheit. In Lateinamerika, einem der anderen untersuchten Standorte, besitzen die oberen 10 Prozent mit ganzen 55 Prozent des nationalen Einkommens noch einmal um einiges mehr. Das Prinzip, dass einige wenige Vermögende unverhältnismäßig mehr verdienen oder besitzen, lässt sich jedoch weltweit feststellen.
Staaten verlieren Vermögen – Private werden reicher
Der Ungleichheitsbericht stellt außerdem fest, dass das Vermögen der Gesamtgesellschaft deutlich sinkt. Zeitgleich wachsen Privatvermögen ins Unermessliche an. Unter dem Vermögen einer Gesellschaft versteht man üblicherweise alle Mittel, die der Staat zu Verfügung hat. Dazu zählen Gebäude, die dem Staat gehören, finanzielle Mittel sowie Schulden des einzelnen Staates. In Österreich gehört dazu beispielsweise auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), da sie zu 100 Prozent in Besitz der Bundesrepublik ist.
Das führt dazu, dass Österreich als Staat prinzipiell reicher wird, nur der Großteil der Bevölkerung nichts davon hat, weil der Reichtum in die Hände einiger weniger übergeht. Ein Problem ist das nicht nur, weil es offensichtlich ungerecht scheint, sondern auch, weil dem Staat somit Mittel fehlen, um Ungleichheit an anderen Stellen auszugleichen. Und die Zahl der Reichen steigt jedes Jahr weiter an.
Vermögenssteuer könnte für mehr Gleichheit sorgen
Um gegen den Trend ansteigender Privatvermögen vorzugehen, könnte laut den dem WIF eine Steuer auf diese helfen. Dabei geht es nicht um die Familie, die ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen möchte, sondern um Superreiche wie Amazon-Chef Bezos. Denn während dessen Vermögen von derzeit 172 Milliarden Euro während der Pandemie um satte 70 Milliarden Euro stieg, sanken die Löhne „normaler“ Angestellter weltweit ab. Generell zeigt die Studie, dass es eben nicht mehr Einzelpersonen sind, die reich werden. Vielmehr häufen jene, die ohnehin schon viel Vermögen besitzen, noch mehr Wohlstand an.
Dasselbe gilt für die Besteuerung von Eigentum, insbesondere erworbenen Wohnraum. Im Rahmen des Weltungleichheitsberichts erklären die Forschenden, dass in der Regel zwar eine Steuer auf Eigentum erhoben wird, diese aber für alle einheitlich ist. Kauft sich also oben genannte Familie eine lang ersparte Wohnung für 100.000 Euro, zahlen sie üblicherweise dieselbe Steuer wie die Geschäftsfrau in ihrer 10 Millionen Villa. Denn die Steuer wird nicht prozentuell, sondern als einheitlicher Betrag erhoben.
So könnte eine Vermögenssteuer in Österreich aussehen
In einer Studie des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) sprachen sich 2020 rund 72 Prozent der Österreicherinnen für eine Vermögenssteuer aus. Österreichische Wissenschaftler der Johannes-Kepler-Universität (JKU) haben errechnet, dass mit Vermögenssteuer von nur 1 Prozent ganze 5 Milliarden Euro in die Steuerkassen gespült werden könnten.
Diese Berechnung geht von einer Vermögenssteuer ab 500.000 Euro aus. Übersteigt ein Vermögen diesen Wert, so würde dieser mit 1 Prozent besteuert. Besitzt jemand also 2 Mio. Euro Gesamtvermögen, so zahlt er allein für die Summe ab 500.000 Euro Steuern, in diesem Falle also 1,5 Millionen – also 15.000 Euro. Bei einem so hohen Gesamtvermögen fällt das wohl eher nicht ins Gewicht, doch der Staat würde enorm profitieren und somit auch die weniger wohlhabenden Teile der Bevölkerung. Denn schlussendlich ist es laut den Forschern der JKU auch in Österreich vor allem das reichste eine Prozent, welches sein Vermögen ständig weiter ausbaut.