Seit vielen Jahren leidet die Grazer Bevölkerung unter der sich ständig verschlechternden Verkehrssituation. Das schnelle Wachstum der Stadt hat in Verbindung mit einer ungeregelten Bauwut dazu geführt, dass Staus auf der Tagesordnung stehen. Das chronische Verkehrschaos ist durch die Feinstaubbelastung längst auch zu einem Umwelt- und Gesundheitsproblem geworden. Es ist also höchste Zeit für Lösungen. Nach vielen Jahren scheint das auch die Stadtpolitik so zu sehen. Die NeueZeit hat die Verkehrskonzepte der Grazer Parteien unter die Lupe genommen.
Mit viel PR-Aufwand kündigte Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) im Februar den Bau einer U-Bahn an. Das Verkehrschaos in der Landeshauptstadt soll damit bis 2035 der Vergangenheit angehören. Wenig überraschend dominierte Nagls Idee mehrere Wochen lang die politische und mediale Diskussion. Nachdem Umfragen zufolge zunächst eine Mehrheit der Grazerinnen und Grazer dem Projekt positiv gegenüberstand, drehte sich die Stimmung schnell.
Dafür war vor allem die potenzielle Kostenexplosion verantwortlich. Schätzungen zufolge könnten aus den ursprünglich geplanten 3,3 Milliarden Euro nun doch 7 Milliarden werden. Außerdem würden die langwierigen Bauarbeiten die städtische Verkehrsproblematik für mehr als ein Jahrzehnt nicht verbessern, sondern weiter verschärfen.
Für Skepsis gegenüber der Metro sorgt auch ein Blick auf Nagls bisherige Großprojekte. Murgondel, Olympiabewerbung und Plabutschbahn wurden aufwendig angekündigt, aber nie umgesetzt. Dem Steuerzahler kostete die Olympiabewerbung 400.000, die Plabutschbahn 1,2 Millionen und die Murgondel 1,5 Millionen Euro. Das Metroprojekt wird, auch im Fall des Scheiterns, deutlich teurer. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass Nagl sein neuestes Luftschloss aufgibt. Hohe Kosten haben ihn noch nie am letztlich immer erfolglosen Vorantreiben seiner Traumprojekte gehindert.
Nach zwei Jahren Arbeit präsentierte die Grazer SPÖ im März ihr Verkehrskonzept. Die Grundidee: Schiene statt Straße. Die Straßenbahn soll ausgebaut werden, eine City-S-Bahn soll kommen. So soll endlich jeder Bezirk an das Schienennetz angeschlossen werden. Besonders nachhaltig ist dabei die geplante Reaktivierung nicht mehr genutzter Gleisanlagen. „Park and Ride“ Anlagen in den Außenbezirken ergänzen den sozialdemokratischen Plan.
Bei Umsetzung würde der rote Plan auch verkehrspolitische Versäumnisse der Vergangenheit beheben , etwa die Nichtanbindung des MAGNA-Werkes und des „Park and Ride“ Zentrums Fölling an das Straßenbahnnetz. Experten bewerten den sozialdemokratischen Plan aus zwei Gründen positiv. Er ist mit geschätzten Kosten von einer Milliarde Euro deutlich günstiger als die Metro. Zusätzlich wäre das Verkehrskonzept schrittweise umsetzbar und würde die Verkehrssituation in Graz sofort und nicht erst in 15 Jahren verbessern. Der Plan sei daher kostengünstiger, realistischer und schneller zu verwirklichen als die Metro des Bürgermeisters.
Wie SPÖ und KPÖ lehnen auch die Grünen den Bau einer U-Bahn ab. Ihre Alternative dazu ist der S-Bahn-Ring. Dieser soll Teile von Graz umschließen und an das bestehende Straßenbahnnetz angebunden werden. Zusätzlich ist der Ausbau des Rad- und Fußwegnetzes geplant. Wie beim sozialdemokratischen Konzept würde auch das MAGNA-Werk an das Öffi-Netz angebunden.
Außen vor bleibt jedoch das „Park and Ride“ Zentrum Fölling. Diese Bausünde aus der Amtszeit der Grünen Verkehrsstadträtin Rücker würde durch den S-Bahn-Ring also nicht behoben. Daneben bleiben viele weitere Fragen offen. Bisher gibt es keine Kostenschätzung für das grüne Verkehrskonzept. Die grüne Vorsitzende Judith Schwentner verweist lediglich darauf, dass es Förderungen von Bund und Land geben werde. Wie viel Zeit bis zur Fertigstellung des Rings vergehen soll, ist nicht klar.
Seit 2017 amtiert Elke Kahr von der KPÖ als Verkehrsstadträtin. In dieser Zeit fiel die kommunistische Parteichefin jedoch nicht mit neuen Ideen auf. Vielmehr scheint sie den verkehrspolitischen Stillstand zu verwalten. Dabei verwies Kahr mehrfach darauf, dass sie von der türkis-blauen Stadtregierung finanziell an der kurzen Leine gehalten werde.
Tatsächlich fehlen dem Verkehrsressort seit Jahren die nötigen Mittel und Kompetenzen zur Umsetzung von Großprojekten. Das erklärt allerdings nicht, warum die Kommunisten bisher noch kein eigenes Konzept präsentierte haben. Es scheint, als würden sie versuchen, das unangenehme Thema Verkehr so gut es geht zu meiden. Aus parteipolitischer Sicht macht das wahrscheinlich Sinn. Den Grazerinnen und Grazern hilft das Ideenvakuum aber nicht.
Zwischen 2013 und 2017 leitete Maria Eustacchio (FPÖ) das Verkehrsressort. Schon damals hielten sich die Blauen beim Thema Öffi-Ausbau zurück. Stattdessen verteidigten sie die „Autostadt Graz“. Generell vertrat Eustacchio die Ansicht, dass die Verkehrssituation in Graz im Vergleich zu anderen Städten gut sei.
Seit Übernahme des Verkehrsressorts durch die KPÖ beschwert sich die FPÖ zwar wieder über das „Verkehrschaos“, hält jedoch an der Bevorzugung des Auto-Individualverkehrs fest. Antworten auf die Frage, wie in einer „Autostadt Graz“ die Probleme Staus, Lärmbelästigung und Feinstaub gelöst werden können, bleiben die Freiheitlichen dabei schuldig. Letztlich bleibt ihr verkehrspolitischer Ansatz damit in den 1960er-Jahren stecken. Der Begriff ewiggestrig drängt sich in diesem Zusammenhang förmlich auf.
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