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Digitale Gemälde um Millionen: Was sind „NFTs“ und wie funktionieren sie?

Jetzt sind „NFTs“ auch in Österreich angekommen. Die Galerie Belvedere verkauft 10.000 digitale Kopien des berühmten Gemäldes „Der Kuss“ von Gustav Klimt. Die Käuferinnen und Käufer hoffen auf eine Wertsteigerung. Dabei könnte sich ihr virtuelles Gemälde aber jederzeit in Luft auflösen, denn ein NFT ist nichts anderes als ein unverwechselbarer Link zum digitalen Kunstwerk. Ein Überblick, wie ein NFT technisch funktioniert und was das mit Kunst zu tun hat.

Mit den Worten „Digitale Liebesklärung“ bewarb die Österreichische Galerie Belvedere anlässlich des Valentinstags den Verkauf von 10.000 Ausschnitten einer digitalen Kopie des Gemäldes „Der Kuss“ von Gustav Klimt zu je 1.850 Euro – sogenannte „NFTs“ Damit hat sich erstmals ein staatliches österreichisches Museum dem neuen Hype der Kunstwelt angeschlossen. Und freute sich kurz darauf bereits, mit diesem „erfolgreichen Einstieg ins Metaverse“ rasch 3,2 Mio. Euro lukriert zu haben – willkommene Einnahmen nach den corona-bedingten Ausfällen der letzten beiden Jahre.

"Der Kuss" von Gustav Klimt: Das Belvedere verkauft digitale Kopien des berühmten Gemäldes als "NFT"-Kunst.
„Der Kuss“ von Gustav Klimt: Das Belvedere verkauft digitale Kopien des berühmten Gemäldes als „NFT“.

Was steckt hinter der Abkürzung „NFT“?

NTF ist die Abkürzung des englischen Begriffs „non-fungible token“. Non-fungible heißt so viel wie nicht-austauschbar oder nicht-ersetzbar. Im Fall der digitalen Kopie des Kuss-Gemäldes spricht das Belvedere in einer Aussendung von „10.000 unverwechselbaren Einzelteilen“.

Der Begriff token wiederum bezeichnet einen mit einem privaten Schlüssel geschützten Eintrag auf einer Blockchain, auch Krypto-Vermögenswert genannt. Bei den bekannten Kryptowährungen, wie Bitcoin oder Ethereum, die ebenso auf der Blockchain-Technologie basieren, handelt es sich ebenfalls um tokens.

Technisch betrachtet ist jeder NFT ein zusätzlich generierter Token auf einer Blockchain. Im Fall des digitalisierten Kusses von Gustav Klimt sind es exakt 10.000 Stück, von denen jedes mit jeweils einem bestimmten Zehntausendstel der digitalisierten Bildkopie verknüpft ist.

Wie funktioniert ein NFT und was genau erwerbe ich mit seinem Kauf?

Jede Käuferin und jeder Käufer erwirbt einen Eigentumsnachweis an diesem digitalen Bild – so wird behauptet. Damit wird versucht, etwas beliebig oft vermehrbares, wie eine digitale Kopie eines Gemäldes, zu einem begrenzten Gut zu machen. Tatsächlich kann es sich in so einem Fall jedoch nur schwer um ein Unikat oder auch nur ein knappes Gut handeln. Denn in Zukunft könnte es beliebig viele NFTs des Klimt´schen Kusses geben. Der NFT-Kaufpreis, im vorliegenden Fall von 1.850 Euro je Anteil, wird künstlich festgesetzt. Mit einem NFT erwirbt man einen Eintrag in der Blockchain, und dieser Eintrag ist nicht das eigentliche Bild, sondern nur ein Link zu einer Website, auf der ich meinen gekauften Ausschnitt des Bildes ansehen kann.

Rechtlich betrachtet werfen diese Transaktionen einige Fragezeichen auf. Verkauft wird ein Eigentumsnachweis, aus dem im Grunde keine Eigentumsrechte ableitbar sind. Als Besitzer*in kann ich nachweisen, dass ich das Passwort habe, um meinen Token zu veräußern. Dieser Token ist jedoch nur ein so genannter hashwert, das heißt ein „Fingerabdruck“ des eigentlichen digitalen Kunstwerks auf einer Plattform. Das Kunstwerk selbst ist daraus nicht wiederherstellbar. Und die Verknüpfung zu einem Kunstwerk ist kein eigentümliches Recht. Der Link zum Bild funktioniert nur so lange, wie die Website existiert. Und es kann nicht verhindert werden, dass jemand anderer ein weiteres Digitalbild in Form von NFTs zum Verkauf stellt. Hinter geschätzten 80% aller NFTs wird Betrug vermutet, da der Emittent nicht die Rechte am Originalbild besitzt.

Die Website mit der digitalen Bildkopie des Kuss-Gemäldes betreibt das Wiener Belvedere. Hinter der Emission der Token steht die technische Lösung von „artèQ“. artèQ ist eine Marke bzw. Produktbezeichnung der „Digital First GmbH“ aus Wien – soweit dies aus den öffentlich zugänglichen Unterlagen ersichtlich ist. Die internationale Anwaltskanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH übernahm die rechtliche Beratung.

Das Belvedere verkauft Klimt-NFT – Wertanlage? Spekulationsobjekt? Und wer verdient daran?

Mit dieser Aktion erteilte die öffentliche Hand dem Verkauf und Handel von NFTs einen offiziellen Sanktus in Österreich. Und suggeriert damit, dass es sich um eine seriöse Geldanlage handelt. Bei einigen Käufer*innen spielt wohl auch die Hoffnung auf Wertsteigerung eine Rolle. Allgemein werden NFTs als gut handelbar beworben.

Tatsächlich handelt es sich jedoch viel eher um eine hoch riskante Investition, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Totalverlust führen wird. Nämlich dann, wenn der Hype um NFTs wieder vorbei ist. Auch der oft behauptete Originalnachweis ist mit Vorsicht zu betrachten. Der Erwerb eines Links zu einer Webseite garantiert nicht, dass der Betreiber die Webseite in Zukunft verändern oder gar einstellen wird. Sollte dies geschehen, ist mein Token nutz- und damit auch wertlos geworden.

Auf diese Risiken wird auf der vom Belvedere betriebenen Website in den „Terms of Service“ (TOS), etwa unter der Überschrift „No guarantees or future promises“, zwar hingewiesen. Wenn jemand dieses quasi Kleingedruckte jedoch nicht liest, klingt das auf der Hauptseite deutlich anders. Und gemäß Konsumentenschutzgesetz (§6, Abs. 3) sind einzelne Geschäftsbedingungen für Konsument*innen unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst sind.

Das Schloss Belvedere in Wien beherbert die gleichnamige Galerie - und verkauft jetzt auch NFT-Kunst.
Das Schloss Belvedere in Wien beherbert die gleichnamige Galerie. // Bild Wikimedia/Gugerell

Ein in diesem Zusammenhang interessantes Detail verbirgt sich unter Punkt 9 der TOS: Dort ist festgehalten, dass bei jedem Weiterverkauf 10% des Verkaufspreises an das Belvedere abzuführen sind. Wechselt ein Kuss-NFT zehn Mal die Eigentümerin, erhält das Belvedere – unter der Annahme, dass der Preis des NFTs gleich bliebe – den Verkaufspreis praktisch noch einmal.

Sind die 1.850 Euro für ein NFT im Sinne einer Spende ans Belvedere geflossen, ist dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden. Hat sich die NFTs jemand aus Veranlagungsgründen gekauft hat, dann stellt sich jedoch einerseits die Frage der Haftung, nämlich ob die Käufer*innen ausreichend über alle Risiken informiert wurden, und andererseits, ob der „artèQ NFT Investment Fund“ über eine Wertpapier-Konzession der Finanzmarktaufsicht verfügt und berechtigt ist, in Österreich Fondsanteile zu verkaufen.

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