9,4 Prozent höhere Löhne wollen die Angestellten im Handel. Den Arbeitgebern ist das zu viel. Dabei hat der Handel im letzten Jahr besonders hohe Gewinne gemacht. Warum es von den Arbeitgebern vernünftiger wäre, jetzt höhere Löhne einzuführen? Die NeueZeit erklärt’s – in nur vier Argumenten.
Immer noch gehen Arbeiter und Angestellte für höhere Löhne auf die Straße und auch in der letzten Adventwoche gehen die Warnstreiks weiter. Die Handelsangestellten pochen auf 9,4 Prozent mehr Lohn. Den Arbeitgebern ist das zu viel. „Bleibt’s vernünftig“, entgegnen sie den Gewerkschaften. Aber ist eine Lohnforderung, die nur knapp über der Inflation liegt, wirklich so unvernünftig?
Unser Fakten-Check zeigt: Lohnerhöhungen wären das Vernünftigste, was Arbeitgeber in der aktuellen Situation umsetzen könnten – und gerecht obendrein. Denn gerade der Handel hat in den letzten Jahren ordentlich Gewinne gemacht – für höhere Löhne, wäre also genug Geld vorhanden.
Argumente für höhere Löhne: Preise sind in den letzten zwei Jahren explodiert
In den letzten zwei Jahren sind die Preise so stark gestiegen, wie zuletzt im Jahr 1975 – also seit fast 50 Jahren. Allein von Oktober 2022 bis September 2023 sind die Preise im Durchschnitt um 9,2 Prozent gestiegen. Besonders die Preise von lebensnotwendigen Gütern, wie Energie und Lebensmittel, sind explodiert. Für diese Güter müssen die Menschen heute einen weit größeren Teil ihres Einkommens ausgeben, als noch vor zwei Jahren. Höhere Löhne sind daher nur gerecht. Vor allem, weil die Eigentümer der Energie- und Lebensmittelkonzerne durch die Preisanstiege Extragewinne gemacht haben. Mit ihren Preiserhöhungen haben sie die Inflation sogar angefacht. Das hat die Nationalbank kürzlich in einem Bericht bestätigt.
Höhere Löhne helfen der Wirtschaft – davon profitieren letztlich wir alle
Arbeitgeber sagen immer wieder, sie können keine höheren Löhne zahlen. Denn das würde ihre Unternehmen und somit die gesamte Wirtschaft ruinieren. In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall: Wenn Arbeiter und Angestellte mehr Geld in der Tasche haben, geben sie auch mehr Geld aus. Dadurch steigt die Nachfrage, was wiederum die Wirtschaft ankurbelt. Und davon profitieren letztlich alle.
Dass höhere Löhne das beste Mittel gegen eine Rezession sind, sieht man aktuell in den USA: Dort konnten Gewerkschaften in vielen Branchen starke Lohnerhöhungen durchsetzen. Seitdem ist die Wirtschaft in den USA um knapp fünf Prozent gestiegen – der stärkste Anstieg seit fast zwei Jahren. Die höheren Löhne haben der amerikanischen Wirtschaft also keineswegs geschadet – im Gegenteil.
Wir erwirtschaften pro Arbeitsstunde immer mehr – bekommen dafür aber nicht mehr
Pro Arbeitsstunde erwirtschaften Arbeitnehmer heute doppelt so viel Gewinn für ihre Chefs, als noch in den 1970er-Jahren. Denn zum einen hat sich die Technik verbessert. Zum anderen unsere Arbeit: Wir arbeiten heute schneller und machen weniger Pausen. Obwohl die Arbeitgeber also doppelt so viel von unserer Arbeit haben, sind die Löhne seitdem nicht um das Doppelte gestiegen. Jedes Jahr gab es zwar leichte Lohnerhöhungen. Diese stehen aber in keinem Vergleich zu dem „Mehr“ an Leistung, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Tag für Tag verrichten.
Führungskräfte erhalten deutlich mehr als Angestellte
Unternehmer, Manager und Eigentümer von Konzernen verdienen einen Haufen Geld. Das ist kein Geheimnis. Die Gehaltsunterschiede zwischen Führungskräften und einfachen Angestellten sind trotzdem beachtlich: Laut Statistik Austria verdienen Angestellte pro Jahr im Schnitt 25.900 Euro netto. Manager verdienen dagegen durchschnittlich 137.600 Euro im Jahr. Also mehr als fünfmal so viel wie einfache Angestellte. Und das sind nur die Nettogehälter. Brutto bekommen Führungskräfte nochmal um einiges mehr als Angestellte.
Laut Felix Josef vom wirtschaftsanalytischen Forschungsinstitut Triconsult sind die Gehälter von Managerinnen und Managern in den letzten Jahren immer wieder erhöht worden. Der Grund dafür waren die hohen Unternehmensgewinne: „Die Branche, die im letzten Jahr besonders gewonnen hat, ist der Handel. Das sieht man auch an den Gehältern der Top-Manager und Top-Managerinnen in diesem Bereich“, sagt Felix Josef. Nun müssen die Gewinne nur noch bei den Angestellten auch ankommen.