Waldviertel: Zu Weihnachten stirbt der Vater, zurück bleibt die demenzkranke Mutter. Was danach passiert ist für Manuela W. (64) und ihre Schwester ein monatelanger Kampf um einen Pflegeplatz für die schwerkranke Mutter. 5 Monate und zwei erschöpfte Töchter später, erhält die demenzkranke Frau endlich die höhere Pflegestufe und darf in ein Pflegeheim. Das Versagen des niederösterreichischen Gesundheitssystems in 3 Akten.
Als zu Weihnachten der Vater von Manuela W. und ihrer Schwester (auf Wunsch anonymisiert) stirbt, fällt die Pflege der an Demenz erkrankten Mutter auf die beiden Töchter zurück. Die ehemalige Wohnung, in der Mutter und Vater gemeinsam lebten, muss die Familie aufgeben. Die demenzkranke Frau zieht bei der Tochter, die noch im Waldviertel lebt, ein. Die bereits pensionierte Manuela W. arbeitet noch drei Tage in der Woche in Wien. Von nun an muss sie mehrmals wöchentlich von der Bundeshauptstadt ins Waldviertel pendeln.
1. Pflegeplatz: „Wir kämpfen seit Weihnachten“
Manuela W. möchte die im Waldviertel lebende Schwester bei der Pflege der Mutter bestmöglich unterstützen – auch wenn das für sie eine Wegzeit von 3 Stunden in eine Richtung bedeutet. Denn ein baldiger Heimplatz oder eine 24-Stunden-Pflege ist nicht in Sicht.
Gleich im Jänner, nachdem der Vater verstorben ist, sucht die Familie um eine Erhöhung der Pflegestufe an. Dann heißt es warten. So lang, dass die beiden Töchter verzweifeln:
„Es is ja wurscht wie’s uns geht. Man fühlt sich wirklich sehr allein gelassen. Man kann um Hilfe bitten, man kann grantig werden. Das war denen allen irgendwie egal“, erzählt Manuela W. der NeueZeit.
Anspruch auf eine 24-Stunden-Pflege oder einen Platz im Heim hat man in Niederösterreich erst ab Pflegestufe 4. Noch ist die demenzkranke und betagte Mutter in Pflegestufe 3 zugeteilt. „Und das obwohl die Mutter sich nicht einmal mehr selbst ein Spiegelei kochen kann,“ erzählt Manuela W. entrüstet. „Sie kann ja nix mehr alleine machen. Immer muss jemand da sein, damit ihr nicht etwas passiert.“
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Von den zuständigen Stellen im Land NÖ erhalten die Töchter keinen Rückhalt – ein Arzt sagt ihnen sogar es „sei egal“ wie es den Angehörigen gehe. Dass die Schwester von Manuela W. selbst Schmerzpatientin ist, trägt nicht dazu bei, dass sie schneller einen Pflegeplatz für die demenzkranke Mutter erhalten.
2. Demenzkranke Frau: Von Klinik wieder heimgeschickt!
Weder Manuela W. noch ihre Schwester haben einen Beruf im Gesundheitsbereich. Über Demenzerkrankungen wissen sie wenig. Als die Mutter eines Tages nicht mehr zu beruhigen ist und wild um sich schlägt, rufen sie die Polizei und den Krankenwagen. Die betagte Frau kommt in die Psychatrie.
„Wir sind ja nur ganz normale Menschen, wir haben keine Ausbildung darin, wie man jemanden gut pflegt“, sagen die Schwestern.
Dort schickt man die Dame nach drei Wochen wieder heim. Denn „Pflege sei Familiensache“ heißt es seitens der Angestellten. Die beiden Töchter sollen auch weiterhin die Pflege der demenzkranken Frau übernehmen. Ins niederösterreichische Gesundheitssystem verlieren sie nach und nach den Glauben.
3. Community Nurse kann nach 5 Monaten Heimplatz erkämpfen
Mitte März und nach unzähligem Nachfragen kommt endlich der Bescheid – die Mutter wird von Pflegestufe 3 auf Pflegestufe 4 angehoben. Doch die Hoffnung der beiden Schwestern, die Mutter bald in ein Heim mit gut ausgebildetem Pflegepersonal übergeben zu können, zerplatzt schnell. Es heißt wieder: Warten.
Eine Community Nurse, die im Heimatort der beiden Töchter im Einsatz ist, kann sich schließlich für einen Pflegeplatz einsetzen. Nach 5 kräftezehrenden Monaten für die Familie ist die demenzerkrankte Frau Ende April endlich in ein Pflegeheim überstellt worden.
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