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EU-Abgeordneter Heide: Wir müssen die Bürger:innen vor Spionagesoftware schützen!

Bild: Montage

Ausgerechnet in Griechenland, der Wiege der Demokratie, spitzt sich der Spionage- und Abhörskandal zu. Die Spionagesoftware Predator wurde dort ohne jede rechtsstaatliche Grundlage zur Überwachung von Oppositionellen und Journalisten und Journalistinnen eingesetzt. Wer noch von den Abhörangriffen betroffen ist, kann kaum ermittelt werden, denn es gibt weder auf europäischer Ebene noch im nationalen Parlament eine Bereitschaft der griechischen Regierung zur Kooperation und Offenlegung der Nutzung von Spionagesoftware.

Gastkommentar von Hannes Heide
Hannes Heide ist Abgeordneter der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament.

Griechenland befindet sich auf dem Weg zur Autokratie. Die Entwicklungen in den letzten Monaten geben Anlass zur Sorge. Es gibt Anhaltspunkte, dass die griechische Regierung und Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis rechtsstaatliche Prinzipien bewusst missachten. Schon seit Mitsotakis Amtsantritt 2019 ist der Nationale Nachrichtendienst (EYP) der direkten Kontrolle des Ministerpräsidenten unterstellt. In dieser Situation können Überwachungsprogramme zu einer gefährlichen Waffe mit zerstörerischer Wirkung und schlimmen Folgen für Menschen werden, die sich für Demokratie und Grundrechte engagieren. Die EU muss die Menschen in Griechenland und alle Europäer:innen vor ihnen schützen!

Milliardengeschäft mit Spionagesoftware

Bereits im September 2022 beschäftigte sich der PEGA Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments, dem ich als Koordinator für die sozialdemokratische Fraktion angehöre, mit Spionage in Griechenland. Der Ausschuss wurde eingesetzt, weil zuvor tausende Fälle von illegaler Bespitzelung in Europa bekannt wurden. In Polen, Ungarn, Griechenland und Spanien wurden Handys von Journalisten und Journalistinnen und Regierungskritikern ausspioniert.

Der massenhafte Datenklau hat auch das Europäische Parlament erschüttert. Möglich machte das in vielen Fällen das aus Israel stammende Programm Pegasus. In Griechenland wurde eine Software namens Predator eingesetzt. Mindestens ein Dutzend weiterer europäischer Unternehmen, darunter auch DSIRF aus Österreich, sind in den Markt rund um die kommerzielle Überwachung verwickelt. Ein florierendes Milliardengeschäft – unreguliert und zunehmend umstritten. Die Angriffe laufen fast immer über Mobiltelefone und geben den Auftraggebern die volle Kontrolle über das Smartphone der Zielperson.

Nationalstaaten behindern Aufklärung

Eigentlich sollte Software dieser Art nur an demokratische Regierungen verkauft werden, um Terroristen und andere Verbrecher zu überführen. Die Aufgabe des PEGA-Ausschusses ist es, den Einkauf und Einsatz von Spionageprogrammen durch nationale Regierungen zu untersuchen und auch die Vorgänge in den EU-Institutionen zu überprüfen. Doch die Befragung griechischer Regierungsvertreter im Untersuchungsausschuss hat mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet.

Der Fragebogen über den Einsatz von Spionagesoftware in Griechenland blieb bis heute unbeantwortet. Ebenso erfolglos wurde nach nur einem Monat der nationale Untersuchungsausschuss im griechischen Parlament beendet. Weder dort noch in Brüssel konnte geklärt werden, welche Bedrohung der nationalen Sicherheit von meinem Kollegen Europaabgeordneten Nikos Androulakis ausgeht, der ebenso wie andere Oppositionspolitiker über mehrere Monate illegal abgehört wurde. Und das könnte nur die Spitze des Eisbergs sein, denn der griechische Generalstaatsanwalt untersagt der nationalen Datenschutzbehörde ADAE zu überprüfen, welche Bürgerinnen und Bürger noch überwacht wurden.

Griechenland: Pressefreiheit eingeschränkt

Alarmierend ist für mich auch, dass sich die Presse- und Medienfreiheit in Griechenland im freien Fall befindet. In der internationalen Rangliste der Pressefreiheit von 2022 ist das Land vom 70. auf den 108. Platz abgerutscht und somit das Schlusslicht in der Europäischen Union. Journalisten und Journalistinnen berichten immer häufiger, dass sie Einschüchterungen ausgesetzt sind. Ungeklärt bleibt bis heute auch der Mord auf offener Straße am Journalisten Giorgos Karaivaz im Jahr 2021. Nach seiner Ermordung hat die Regierung rasche Aufklärung versprochen, doch das könnte schwierig werden, denn der Investigativjournalist recherchierte zuletzt zum wachsenden Einfluss krimineller Banden in Griechenland – auch auf die Behörden.

Strenge Regeln für Einsatz von Spionagesoftware

Das Europäische Parlament muss wachsam bleiben, damit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Griechenland nicht von innen ausgehöhlt werden. Weder in Griechenland noch in anderen Ländern der Europäischen Union, die bereits im Verdacht stehen, Abhörangriffe zur Kontrolle der Opposition und der Wahlmanipulation genutzt zu haben. Ich setzte mich dafür ein, dass klare Maßnahmen zur Verteidigung der Medienfreiheit in Griechenland umgesetzt werden. Die Entwicklung, der Verkauf und der Einsatz von Spionagesoftware müssen streng und transparent reguliert werden. Der vorhandene Rechtsrahmen reicht nicht aus. Ohne richterliche Kontrolle darf diese Technik in den Mitgliedstaaten nicht eingesetzt werden. Denn das ist weit mehr als ein Angriff auf individuelle Freiheiten oder die Privatsphäre der Bürger und Bürgerinnen. Es ist ein Angriff auf unsere europäischen Werte.

Europaabgeordneter Hannes Heide führt die Sozialdemokratische Fraktion im PEGA-Untersuchungsausschuss an.

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