Politikerinnen und Politiker reden gern von Gleichstellung. Aber wie schaut’s wirklich in Österreichs Städten und Gemeinden aus? Wie steht’s um die Chancengleichheit der Geschlechter? Womit punkten die frauenfreundlichsten Gemeinden und wo gibt’s noch Aufholbedarf? Der kürzlich veröffentlichte Gleichstellungsindex vom Städtebund zeigt‘s.
Um die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern voranzutreiben, hat der Österreichische Städtebund das SORA-Institut damit beauftragt, alle 2.094 Gemeinden in Österreich und die 23 Wiener Gemeindebezirke zu analysieren. Mit dem daraus entstandenen Gleichstellungsindex will man aufzeigen, in welchen Orten und Bezirken Frauen am besten leben und mitbestimmen können und wo es noch klaren Aufholbedarf gibt.
Wie wurden die besten und damit frauenfreundlichsten Gemeinden Österreichs ermittelt? Durch neun verschiedene Kategorien mit insgesamt 22 Indikatoren: Darunter etwa wie gut die nächstgelegenen Öffis erreichbar sind oder wie die Bildungschancen zwischen den Geschlechtern verteilt sind. Ein wichtiger Aspekt war auch, wie viele Frauen in politischen oder wirtschaftlichen Führungspositionen im Ort tätig sind oder wie gut die Kinderbetreuungsquote und die Erreichbarkeit der nächstgelegenen Betreuungseinrichtung im Wohnort ist. Und ob es ausreichend Frauen- und Mädchenberatungsstellen sowie Gewaltschutzzentren gibt sowie ob für die Pflege von Angehörigen gesorgt ist.
Alle österreichischen Gemeinden erzielen zusammen einen Wert von 51 von 100 Punkten. Es gibt also noch großen Aufholbedarf. Grundsätzlich kann man aus der Analyse aber eines ablesen: Je mehr Einwohnerinnen und Einwohner eine Gemeinde hat und je höher der Urbanisierungsgrad einer Region ist, desto besser schneidet sie im Gleichstellungsindex ab. Wien ist daher mit einem Indexwert von 79 von 100 Punkten wenig überraschend an erster Stelle im Bundesländervergleich. Schaut man alle Wiener Gemeindebezirke und Gemeinden Österreichs an, werden 18 der ersten 20 Plätze von Wiens Bezirken belegt.
Um die besten kleineren Gemeinden zu erfassen, haben wir in unserer Auflistung Wien und alle Landeshauptstädte aus der Aufstellung bewusst herausgenommen. Die fünf Vorzeige-Gemeinden und Kleinstädte abseits der Ballungszentren zeigen, wie Gleichstellung und Chancengleichheit auch am Land funktionieren können. Diese Gemeinden glänzen sowohl im Gewaltschutz, als auch in der Repräsentation von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Funktionen. Sie haben in der Kinderbetreuung und in der gerechten Aufteilung von Teilzeitarbeit die Nase vorne.
Die oberösterreichische SPÖ-geführte Stadtgemeinde Vöcklabruck schneidet mit 77 Punkten – und damit gerade mal zwei Punkten hinter Wien – sehr gut ab. Damit erreicht sie mehr Punkte als die Landeshauptstädte Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck mit jeweils 76 Punkten.
Sankt Lorenzen im Mürztal liegt in der Kategorie Bildung und Kinderbetreuung vorne und erzielt damit genau so viele Punkte wie die drei genannten Landeshauptstädte – nämlich 76 von 100 Punkten. Bürgermeisterin der steirischen 3.600 Einwohner-Gemeinde ist Petra Weberhofer. Ob das Geschlecht der Bürgermeisterin oder eine hohe Frauenquote im Gemeinderat einen Einfluss auf das Ergebnis im Ranking hatten, wollte man mit dem Gleichstellungsindex ebenfalls herausfinden. Die Studienautor:innen konnten hier aber keinen Zusammenhang erkennen.
Lienz in Tirol folgt mit 74 Punkten. Erst kürzlich konnte dort die SPÖ-Kandidatin Elisabeth Blanik einen Wahlerfolg bei den Gemeinderatswahlen erzielen. Sie darf damit in ihre dritte Amtsperiode als Bürgermeisterin gehen. Acht Listen traten in der Kleinstadt mit 11.000 Einwohnern an. Entgegen vieler Vermutungen schaffte es Blanik sogar erneut ohne Stichwahl und gegen fünf weitere Bürgermeister-Kandidat:innen, die Wahl für sich zu entscheiden.
Eine weitere Vorzeigegemeinde ist auch die steirische Gemeinde Krieglach. 75 Punkte erzielt sie im Ranking und kann damit alle Mal mit den Kleinstädten mithalten. Die 5.000-Einwohner-Ortschaft punktet vor allem durch Demografie und Repräsentation. Sie scheint attraktiv für junge Menschen zu sein: Ähnlich wie die benachbarte Gemeinde Kindberg (72 Indexpunkte) zog es viele junge Frauen in die beiden Gemeinden. In Kindberg gab es im Untersuchungszeitraum (2019) bei den Frauen einen Bevölkerungszuwachs von 13 Prozent, in Krieglach immerhin 6 Prozent.
Punktegleich mit Krieglach schnitt Lochau in Vorarlberg ab. Das lässt sich laut der Studenautor:innen auf das dort gut ausgebaute Öffinetz und eine hohe Erwerbstätigkeit beider Geschlechter erklären.
„Es gibt viele Schrauben, an denen Österreichs Kommunen drehen können, damit Frauen endlich gleichberechtigt am Leben teilhaben können. Denn Frauen haben keine Zeit zu warten. Frauen wollen jetzt die gleichen Chancen und die gleichen Voraussetzungen“, sagt Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebunds, zum Gleichstellungsindex. Mit dem Index habe man vergangene Woche ein umfassendes Messinstrument zur Gleichstellung der Geschlechter in Österreich präsentiert.
Janine Heinz – eine der Studienautor:innen – hebt hervor: „Die Datenlage auf Gemeindeebene war eine große Herausforderung. Eine öffentliche, einheitliche und transparente Bereitstellung von Daten schafft Klarheit – nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Öffentlichkeit und Politik.“ Jetzt müssten sich nur noch die übrigen Gemeindevertreter:innen etwas von den fünf Vorzeigegemeinden abschauen.
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