Von 2003 bis 2021 regierte die ÖVP in Graz. Die Schulden der Stadt explodierten in diesem Zeitraum auf 1,7 Milliarden Euro. Vom Stadtrechnungshof bekam Ex-Bürgermeister Siegfried Nagl dafür ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Jetzt haben Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation zu einer Verschärfung der Situation geführt.
Am 26. September 2021 präsentierten die Grazer Wählerinnen und Wähler Siegfried Nagl (ÖVP) die Rechnung für Verbauung, Verkehrschaos und Mietpreisexplosionen. Seine Partei verlor über zehn Prozent der Stimmen. Einen Monat später wählte eine Koalition aus KPÖ, SPÖ und Grünen die Kommunistin Elke Kahr zur Bürgermeisterin.
Wie schlimm die Finanzsituation der Stadt ist, stellte sich schnell heraus. Im Dezember 2021 zerriss der Stadtrechnungshof die Budgetpolitik der vormaligen ÖVP-Stadtregierung – die NeueZeit hat berichtet. Der Schuldenberg der Stadt Graz wuchs während Nagls Amtszeit auf 1,7 Milliarden Euro an. Neben bekannten Fantasieprojekten wie die Murgondel, die Plabutschbahn und die Olympia-Bewerbung war dafür auch das Immobilien-Management verantwortlich. Zusätzlich warf der Rechnungshof der ÖVP-Stadtregierung vor, Schulden verschleiert zu haben.
Deshalb explodierte das Minus in Nagls Amtszeit von 500 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro. Die rot-rot-grüne Koalition startete damit mit hohen Altlasten.
Trotz der angespannten Finanzlage investierte die neue Stadtregierung in den ersten Monaten in soziale Projekte. Unter anderem erleichterte sie den Zugang zur Sozialcard und verzichtete auf Gebührenerhöhungen. Um Spekulanten zur Kasse zu bitten, beschloss Rot-Rot-Grün außerdem die Einführung einer Abgabe für leerstehende Wohnungen.
Der Ukraine-Krieg und seine Folgen verschlechterten die Budgetsituation jedoch schnell. So wie viele andere Gemeinden in Österreich hat Graz mit steigenden Energiekosten und einer der Teuerung zu kämpfen.
Erschwerend kam hinzu, dass Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ) und Finanzdirektor Stefan Tschikof oft keine gute Figur machten. Immer öfter war aus Rathaus-Kreisen von handwerklichen Fehlern die Rede. Tschikof, der noch von Nagl eingesetzt worden war, ist mittlerweile zurückgetreten.
Die Situation spitzte sich bis November so weit zu, dass der Stadtrechnungshof schließlich vor der Pleite warnte. Im schlimmsten Fall droht die Einsetzung eines Regierungskommissärs. Neuwahlen wären die Folge.
Nach Erscheinen des Rechnungshofberichts gingen die politischen Wogen in Graz hoch. Die Linkskoalition nahm die Entwicklung zur Kenntnis und konzentrierte sich auf die Lösung des Finanzproblems. Im Gegensatz dazu schürt die ÖVP Panik. Sie macht KPÖ, SPÖ und Grüne für die Situation verantwortlich und streitet jegliche Mitverantwortung ab. Wortführer ist dabei ironischerweise der jetzige Kulturstadtrat Günter Riegler, der zwischen 2017 und 2021 für die Finanzen verantwortlich war. Alleine in seiner Amtszeit stiegen die Schulden der Stadt von 1,2 auf 1,7 Milliarden Euro.
Neben der moralischen Fragwürdigkeit der ÖVP-Taktik hat die Panikmache wohl auch konkrete Auswirkungen. Das ständige Schlechtreden vonseiten der Ex-Regierungspartei schadet dem Ansehen der Stadt bei potenziellen Investoren.
Die rot-rot-grüne Koalition arbeitet unterdessen an einer Lösung des Finanzproblems. Für Doris Kampus, Vorsitzende der SPÖ-Graz, ist es Zeit „die Ärmel hochzukrempeln, um zu arbeiten“. Aus diesem Grund kam es auch zur Einberufung einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung, bei der es ausschließlich um die Finanzkrise gehen wird. Die Sondersitzung findet am 28. November statt.
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