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Trotz voller Intensivstationen: ÖVP & FPÖ stimmen gegen gemeinsames OÖ-Bekenntnis zur Impfung

Die Intensivstationen in Oberösterreich sind voll, das Pflegepersonal am Limit. Trotzdem verweigerte ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer im Landtag ein gemeinsames Parteien-Bekenntnis zur Corona-Impfung. Aus Rücksicht auf den blauen Koalitionspartner stimmte die ganze ÖVP-FPÖ-Landesregierung gegen ein OÖ-Bekenntnis zur Impfung.

So haben die Parteien in der OÖ-Landtagssitzung am 18. November 2021 abgestimmt.
So haben die Parteien in der OÖ-Landtagssitzung am 18. November 2021 abgestimmt.

Die Corona-Schreckensmeldungen für Oberösterreich überschlagen sich. Ein Drittel der geplanten Operationen muss verschoben werden. Das Pflegepersonal ist am Limit, die Intensivstationen voll. Weil zu viele Menschen auf einmal sterben, müssen Leichen „am Gang abstellt werden“, wie eine Pflegerin berichtet.

Auch die erste Landtagssitzung nach der Wahl stand ganz im Zeichen der Corona-Krise. ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer kündigte einen Lockdown für ganz Oberösterreich an. Zu einem gemeinsamen Parteien-Bekenntnis zur Schutzimpfung konnte sich der Landeschef aber nicht durchringen: Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ weigerten sich, ein OÖ-Bekenntnis zur Corona-Impfung abzugeben. Und das im Bundesland mit der niedrigsten Impfquote!

Stelzer-Regierung schafft es nicht, einem Bekenntnis zur Impfung zuzustimmen

Die SPÖ hatte im Vorfeld der Sitzung versucht, eine gemeinsame Erklärung aller Parteien aufzusetzen. „Die Landespolitiker müssen selbst Vorbilder sein und sich aktiv für die Covid-Impfung und gegen die Verbreitung von Fake-News aussprechen“, sagt der rote Klubobmann Michael Lindner. Motto: Alle sollen an einem Strang ziehen.

Beim gemeinsamen Bekenntnis zur Impfung ging die FPÖ aber nicht mit. Weil man den Koalitionspartner nicht verärgern wollte, gaben auch Stelzer und seine ÖVP nach. Türkis-Blau (und die Impfgegnerpartei MFG) stimmte gegen ein gemeinsames OÖ-Bekenntnis zur Corona-Schutzimpfung. Antrag abgelehnt!

Ein Schlag ins Gesicht für alle Pflegekräfte, die derzeit in den Krankenhäusern um Menschenleben kämpfen.

Immerhin: Die Landesregierung beauftragte sich mit einem anderen Antrag selbst, die Impfangebote im Bundesland weiter auszubauen, etwa durch Pop-Up-Impfstationen oder Impf-Schwerpunktaktionen. Gleichzeitig sollen bundesweit kostenlose Antikörper-Screenings angeboten werden.

OÖ hat seit Wochen die höchsten Infektionen und die wenigsten Impfungen

SPÖ-Klubchef Michael Lindner: “Zaudern von Stelzer war katastrophaler Fehler” // Bild: Land OÖ / Stinglmayr

In der Landtagsdebatte waren sich die Oppositionsparteien einig: Die ÖVP-FPÖ-Regierung habe „versagt“. SPÖ-Klubchef Lindner: „Das Zuwarten und Zaudern von Thomas Stelzer war ein katastrophaler Fehler. Das Ergebnis ist desaströs und führt uns in den Stelzer-Lockdown, der wahrscheinlich zu spät kommt.“

Tatsächlich kommt die Corona-Explosion in Oberösterreich wenig überraschend. Die Infektionen steigen seit September, aber vor den Landtagswahlen wollte Stelzer keine unpopulären Maßnahmen setzen. Gleichzeitig hat Oberösterreich seit Monaten die niedrigste Impf-Quote des Landes.

Dass es die Landesregierung nicht einmal jetzt schafft, ein gemeinsames Bekenntnis zur Impfung abzugeben, wird das wohl nicht unbedingt ändern.

Die weiteren Abstimmungen der OÖ-Landtagssitzung

Ausbau von Frauenhausplätzen: Während der Pandemie und den Lockdowns nahm die häusliche Gewalt gegen Frauen zu. 2020 stiegen die Gewaltvorfälle mit Polizeieinsatz in Oberösterreich um 19% an. Schutz finden Betroffene in Frauenhäusern oder Notwohnungen. Und genau die will die Landes-SPÖ ausbauen. In einem Dringlichkeitsantrag forderten die Sozialdemokraten den Ausbau von Frauenhausplätzen sowie Übergangswohnungen für Frauen. Das Vorhaben scheiterte an den Gegenstimmen der türkis-blauen Landesregierung. Grüne, MFG und NEOS hatten dem roten Antrag zugestimmt.

Energie AG soll Abfall umweltgerecht verwerten: Die landeseigene Energie AG kümmert sich um einen großen Teil der heimischen Abfallverwertung. Das soll sie umweltgerecht machen, beantragten die Grünen mit einem Dringlichkeitsantrag. Vor allem wenn oberösterreichischer Abfall zur Entsorgung ins Ausland geliefert wird, müssen Umweltstandards geprüft werden. SPÖ und NEOS stimmten für den Umwelt-Antrag, ÖVP, FPÖ und MFG dagegen – abgelehnt.

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Ein Kommentar

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  1. Mir war Herr Stelzer ja unbekannt, als er dann als LH sein erstes Statement abgab wurde mir sofort klar: eine glatte Fehlbesetzung! Er deklarierte sich eh gleich als Kurz-Jünger. Die kostenaufwändige Wahlpropaganda anlässlich der Landtagswahl war mit peinlichen bis doofen Slogans übertrieben und äußerst aufdringlich. Alle paar hundert Meter riesengroße Plakate mit allen möglichen Gesichtsausdrücken des LH? Wäre gut gewesen wenn er seine sooo wahrhaftigen Tugenden auch in Bezug auf Corona VOR dem Wahlkampf ausgeübt hätte.
    Außerdem steht er als LH nur für Türkis und Blau, leider! Besser wäre es gewesen, als “Gewinner” (trotz Stimmverlusten) der Wahl auch sozialdemokratische Kräfte in die Oö Landesregierung einzubeziehen. Mit seiner Entscheidung für die FPÖ gibt er der ohnehin hohen politischen Rechtslastigkeit in OÖ auch noch Auftrieb. Als wenn Wels und Braunau nicht genügen würde…

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