In Kärnten diskutieren Touristiker und Politik wild über ein mögliches Motorboot-Verbot am Wörthersee. Der Grund: Der ökologische Zustand des Sees ist laut jüngster Untersuchungen nur mehr „mäßig“. Ein „geleaktes“ Expertenpapier aus der Abteilung für Wasserwirtschaft schlägt deshalb Schutz-Maßnahmen vor. Auch eine EU-Regelung schreibt vor, dass dringend Handlungsbedarf besteht. Die NeueZeit hat Landesrat Daniel Fellner befragt, um Aufklärung in die Sache zu bringen.
Die politische Debatte ist überhitzt, das zeigt ein Fall aus Kärnten. Weil ein Ende Juli „geleakter“ Bericht mit dem Titel „Schutz- und Nutzungskonzept Wörthersee“ der Amtsabteilung für Wasserwirtschaft ein Motorbootverbot diskutiert, laufen Touristiker und Wirtschaftsbosse seither im Kreis. Von rechtlichen Schritten gegen die Abteilung ist sogar die Rede, die externen Expert:innen aus dem Projekt-Team rund um den Bericht fühlen sich eingeschüchtert. Dabei haben alle Beteiligten einfach nur ihre Arbeit gemacht. Aber von vorne.
Ökologischer Zustand nur mehr „mäßig“: Der Wörthersee braucht dringend Schutzmaßnahmen
Das nun heiß diskutierte Expertenpapier aus der Abteilung für Wasserwirtschaft ist aufgrund eines gesetzlichen Auftrags entstanden. Das Wasserrechtsgesetz sieht vor, dass alle Gewässer in Österreich einen guten ökologischen Zustand aufweisen müssen. Bei Verschlechterung besteht seitens des Amtes Handlungsbedarf. So im Fall des Wörthersees. Denn der ökologische Zustand des Naturjuwels geht bergab.
2021 wurde der See im Rahmen des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans (NGP) erstmals in die Kategorie „mäßig“ herabgestuft. Diese Einstufung nach den Kriterien der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zeigt, dass der See deutliche Anzeichen ökologischer Belastungen aufweist. Besonders betroffen sind die Wasserpflanzen, deren Rückgang ein Zeichen für das geschwächte Ökosystem des Sees ist. Die Tier- und Pflanzenwelt leidet massiv – teils unter Großtouristikern, teils unter industriellen Villenbesitzern mit ihren Booten.
Landesrat Daniel Fellner (SPÖ), aus dessen Büro das Papier den Weg an die Öffentlichkeit fand, versucht zu beruhigen:
„Die Wasserqualität ist nach wie vor ausgezeichnet. Da, wo wir aber ansetzen müssen, ist die Tier- und Pflanzenwelt im See. Hierfür erarbeiten wir einen Maßnahmenplan, um auch unserer EU-weiten gesetzlichen Verpflichtung die Seen sauber zu halten, nachzukommen“, erklärt er in einem Gespräch bei Kärnten Heute.
Wörthersee gehört längst nicht mehr allen: Mehr als ein Fünftel durch Ufermauern verbaut.
Die unabhängigen Expert:innen des Berichts sind hinsichtlich der Maßnahmen einig: Ohne Einschränkungen wird es nicht gehen. Das kann unter Umständen auch ein Motorboot-Verbot bedeuten – eine Maßnahme, die zwar auf Kritik stößt, aber vorerst noch eruiert wird, um den See langfristig zu schützen. „Bei weiterhin ausgezeichneter Wasserqualität des Wörthersees hat sich dessen ökologischer Zustand in den vergangenen Jahren verschlechtert. Nun ist es unsere Aufgabe, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, diesen so rasch und nachhaltig wie möglich, wieder zu verbessern – um so das Naturjuwel Wörthersee für die nachfolgenden Generationen zu bewahren“, sagt der zuständige SPÖ-Landesrat Daniel Fellner.
Es handelt sich bei einem möglichen Motorboot-Verbot aber nur um eine von 34 diskutierten und möglichen Maßnahmen. Das bedeutet noch lange nicht, dass diese auch tatsächlich umgesetzt werden müssen, um die Wasserqualität langfristig zu schützen. Der Wellenschlag durch Boote ist besonders schädlich für die Wasserpflanzen, doch mindestens genauso ein großes Problem ist die Verbauung.
Beton statt Natur: 62 Prozent der Ufer sind verbaut, Schilfgürtel um 58 Prozent abgestorben
Ganze 62 Prozent der Ufer sind verbaut, davon sogar 30 Prozent mit Ufermauern. Auch die Anzahl der Bootsliegeplätze ist mit 2.986 sehr hoch. Das zeigt: der Wörthersee gehört leider längst nicht mehr allen, sondern jenen, die sich mittlerweile sündteures Privateigentum leisten können oder geerbt haben. Darunter leidet neben der einfachen Bevölkerung auch die Natur. Eine Analyse des Schilfgürtels zeigt einen erschreckenden Rückgang von 58 Prozent seit den 1950er-Jahren.
„Das Ziel und der Zweck hinter dem Schutz- und Nutzungskonzept ist schlichtweg die langfristige Wahrung unseres Naturjuwels Wörthersees“, sagt Daniel Fellner.
Was die überdrehten Stimmen aus Wirtschaft und Tourismus vermutlich zu wenig berücksichtigen: Ein gesundes Ökosystem ist auch die Grundlage für langfristigen Tourismus. Ohne gezielte Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands könnte der Wörthersee langfristig an Attraktivität verlieren, was letztlich auch den Tourismus und die Wirtschaft schädigen würde. Darum werden im nächsten Schritt des Projekts rund um das „Schutz- und Nutzungskonzept Wörthersee“ alle Stakeholder in den Entscheidungsprozess einbezogen. Es geht um den Schutz des Sees und genau so aber auch um die wirtschaftlichen Interessen. Damit der Wörthersee auch in Zukunft ein Ort der Erholung und der natürlichen Schönheit bleibt.