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Wo ein Wille, da kein Weg: Junge Menschen in ländlichen Regionen kommen ohne Auto nirgendwo hin

In den letzten 20 Jahren ist das europäische Straßennetz um 30.000 Kilometer gewachsen, das Schienennetz hingegen ist um 15.000 Kilometer geschrumpft. Selbst wenn junge Menschen mit Bus oder Bahn unterwegs sein wollen, sind ausreichend öffentliche Verkehrsmittel vielerorts in Österreich nicht vorhanden – und oft mit unzumutbaren Hürden verbunden. Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt: es besteht Aufholbedarf in Sachen Öffis. 

“Wenn ich an einem Samstagabend Freunde in Schrems, eine Ortschaft knapp 20 Kilometer von Waidhofen entfernt, besuchen will, bräuchte ich mit den Öffis fast zweieinhalb Stunden – mit dem Auto sind es 20 Minuten”, erzählt Georg, ein 20-jähriger Softwareentwickler aus dem Bezirk Waidhofen an der Thaya. 

Der Bahnhof Waidhofen an der Thaya wurde eingestellt. Wenn Georg seine Freunde besuchen will, bleibt oft nur das Auto. // Bildcredits: Georg Schlager

Diese Schilderung ist eine von vielen jungen Stimmen aus ländlichen Regionen. Sie alle beklagen das gleiche Schicksal: es gibt de facto kaum eine Möglichkeit für junge Menschen rund um die Uhr öffentlich mobil zu sein. Am Wochenende Freundinnen oder Freunde besuchen, gemütlich und sicher vom Fortgehen nach Hause kommen: all das ist ohne eigenem Auto am Land nicht möglich.

Vielerorts gibt es schlichtweg keine Verbindungen. An anderen Orten wiederum ist die öffentliche Fahrzeit um ein Vielfaches höher, als mit dem Auto. Gerade die jüngere Generation sehnt sich sehr nach einem unkomplizierten Umstieg auf die Öffis, zumutbar ist das im ländlichen Raum aber nur selten. 

Plus 30.000 Kilometer Straßen, Minus 15.000 Kilometer für die Schiene – hier läuft’s verkehrt!

Im europaweiten Vergleich schneidet Österreich in vielen Rankings zur Qualität der öffentlichen Verkehrsmittel gut ab. Vor allem in puncto Leistbarkeit konnten zuletzt sehenswerte Ergebnisse erzielt werden. Doch nicht in allen Bereichen ist die Bilanz positiv. Erhebungen aus dem Jahr 2023 haben die Entwicklungen der Verkehrslandschaft über die letzten Jahre näher betrachtet: seit 1995 ist das europäische Straßennetz um 30.000 Kilometer gewachsen, das Schienennetz um 15.000 Kilometer geschrumpft. Auch in Niederösterreich hat man unzählige Strecken eingespart. 

Allein in Österreich wurden 655 Kilometer Schiene rückgebaut – in nur 5 Ländern wurden noch mehr Zugstrecken aufgelassen. Vor allem regionale Bahnlinien, die hierzulande in die Kompetenz der Landesregierungen fallen, sind häufig mit dem Argument “aus Kostengründen” geschlossen worden. Ausbaden müssen es die Jungen.

Qualität, Leistbarkeit, Ausbau: Zukunftsfähige Mobilität in ganz Europa auf Schiene bringen

Die Richtung stimmt: Immer mehr Menschen in Österreich nutzen regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel. Wenn die Trendwende weg von Individualverkehr und PKW-Abhängigkeit hin zu kostengünstiger, effizienter und klimafreundlicher Mobilität gelingen soll, braucht es entsprechende Konzepte und Investitionen.

Beispiele aus anderen Ländern zeigen, wie es gehen kann: in Luxemburg ist die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos. In Belgien gibt es auf Autobahnen eigene Schnellbus-Fahrbahnen, um Pendlerinnen und Pendler möglichst schnell an ihr Ziel zu bringen. In Schweden hat man vermehrt in Mobility Hubs, also Knotenpunkten aus verschiedenen Angeboten wie CarSharing, Leihrädern und (Bus-)Bahnhöfen, investiert. Diese und weitere Beispiele können als Inspiration dienen. Denn die Auto-Abhängigkeit der jungen Menschen sollten wir endgültig beenden und Österreich zum europäischen Vorreiter in Sachen öffentlicher Verkehr machen. 

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2 Kommentare

Antworten
  1. Da möchte man den öffentlichen Verkehr fördern und den Autoverkehr eindämmen, und gleichzeitig zerstört man die örtliche Infrastruktur.
    Beispiel in Deutsch Schützen:
    Wir haben keine Bank und Post mehr. Den Bankomat hat die Gemeinde gemietet, die Post ist zum Adeg gewandert. Immerhin hatten wir ein Lagerhaus, jeder Gartenbesitzer als auch Bauer braucht das Lagerhaus. Wenn wir den Rasenmäher oder ein ähnliches Gerät zur Reparatur geben mussten, so hatten wir die Möglichkeit einer Lagerhaus Werkstätte im ca. 6 km entfernten Nachbarort Kulm. Jetzt wird das Lagerhaus in Deutsch-Schützen als auch die Werkstätte in Kulm zwecks “Kundenoptimierung” geschlossen. Jetzt bleibt nur noch das 35 km entfernte Güssing oder Oberwart übrig. Wie soll denn das ohne großen Auto funktionieren und was machen Pensionisten?

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