Ohlsdorf/ Bezirk Gmunden: Behördenversagen? Vor knapp zwei Jahren genehmigten die Behörden im oberösterreichischen Ohlsdorf die Rodung von 18 Hektar Wald. Das Versprechen des zuständigen ÖVP-Landesrats: Das geplante Betriebsbaugebiet soll bis zu 800 Arbeitsplätze bringen. Ein lokaler Bau-Tycoon, Hans Asamer, verkaufte das kahl gerodete Grundstück aber einfach weiter und verdiente dabei auf einen Schlag 12,2 Millionen Euro. Ein Rechnungshofbericht übt jetzt scharfe Kritik.
Der Verdacht liegt nahe, dass die Behörden es für einen reichen ÖVP-Parteifreund gerichtet hätten. Das genaue Ausmaß des “Ohlsdorfer Skandals” wird erst die Zukunft zeigen. Für August wird der Endbericht des Bundesrechnungshofs erwartet. Dieser enthält dann Stellungnahmen der geprüften Institutionen.
Fest steht aber jetzt schon: Im Projekt mit dem Namen Ehrenfeld II stecken viele Ungereimtheiten. Schon der 78-seitige Rohbericht zum Prüfzeitraum 2017 bis 2022 enthält brisantes Material. „Es ist ein Jahrhundertdesaster. Statt des versprochenen Leitbetriebs mit 800 Arbeitsplätzen wurde aus dem Projekt nur eine Mondlandschaft“, sagt Heidi Strauss, SPÖ-Abgeordnete im Oberösterreichischen Landtag und Bereichssprecherin für Bau- und Raumordnung. Doch was genau ist eigentlich passiert?
Lokaler Bauunternehmer bekommt 12, 2 Millionen für Spekulation mit Republikgrundstücken
Aus der langen Liste an Ungereimtheiten sticht der Profit für den Unternehmer Hans Asamer ins Auge. Der Schotter-Spezialist hat die Grundstücke für das Betriebsbaugebiet von der ASFINAG, den Bundesforsten und einer Privatperson im Jahr 2022 gekauft und an ein internationales Immobilienunternehmen weiterverkauft. Statt eines Betriebs für die Region stehen nun Lagerhallen auf der abgeholzten Fläche. Der unglaubliche Gewinn: 12,2 Millionen Euro. Die Bundesforste schauten dabei durch die Finger. Denn die Aktiengesellschaft im Eigentum der Republik hat es verabsäumt, sich für einen möglichen Weiterverkauf vertraglich abzusichern. Mit einer sogenannten Nachbesserungsklausel wäre das möglich gewesen. Warum die Bundesforste auf diese Klausel verzichteten, ist eine der großen Fragen zum Deal.
Bundesforste schauen durch die Finger und sprechen trotzdem von “sinnvollem” Verkauf
Trotzdem geben sich die Bundesforste mit den rund 4 Millionen Euro für den Verkauf an Asamer zufrieden. Das Argument: Das Grundstück, das rund sechs Hektar misst, sei an Asamer teurer verkauft worden als in vorherigen Gutachten geschätzt. Daher sei der Verkauf „korrekt abgelaufen und betriebswirtschaftlich betrachtet für das Unternehmen sinnvoll“. Doch auf dieses Argument wirft der Rechnungshof-Bericht ein schiefes Licht. Denn die Flächen der Bundesforste und der ASFINAG seien in den Gutachten zu gering geschätzt worden. Am Immobilienmarkt gibt es für das Grundstück der Bundesforste um ein Viertel mehr als vom Gutachten geschätzt und für das der ASFINAG um fast ein Fünftel mehr. Wieso verschätzen sich Gutachter dermaßen? Vielleicht, um einen günstigen Verkauf an eine lokale Unternehmergröße zu ermöglichen? Diese Frage wird die weitere Aufarbeitung hoffentlich klären.
Rodung mit dicken Fragezeichen: Ausgetrickste Umweltverträglichkeitsprüfung, Bewilligung ohne rechtliche Voraussetzungen
Doch auch hinter der Rodung stehen einige Fragezeichen. Für den Bezirk Gmunden ist das Ohlsdorfer Betriebsbaugebiet ein besonders großes Projekt. In den vergangenen fünf Jahren gab es sonst keine Abholzung für ein Betriebsbaugebiet und allgemein keine Abholzung von dieser Dimension. Trotzdem hat das Land keine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt. Im RH-Bericht heißt es dazu, das Land „behandelte dabei (…) nicht alle Auswirkungen der Rodung auf relevante Schutzgüter“. Der Trick: Würde Kies auf der Fläche abgebaut werden, müsste die Behörde prüfen, ob das vorliegende Bau-Verfahren mit anderen Verfahren wie dem naheliegenden Ohlsdorf Nord in Zusammenhang steht.
Mit dem Verzicht auf den Kiesabbau konnten die Beteiligten ein weniger transparentes Flächenwidmungsverfahren erreichen. Auch eine sogenannte Naturverträglichkeitsprüfung wurde nicht durchgeführt. Diese muss aber durchgeführt werden, wenn eines der europaweiten Schutzgebietsnetze Natura 2000 von einem Bauprojekt betroffen sein könnte. Weil sich in der Nähe ein Vogelschutzgebiet befindet, könnten die Verantwortlichen gegen Europarecht verstoßen haben. Zu guter Letzt hat die Bezirkshauptmannschaft die Abholzung im Herbst 2021 genehmigt, obwohl es an mehreren rechtlichen Voraussetzungen gefehlt hat. Etwa lag der Bewilligung laut dem RH-Bericht „nur ein teilweise begründeter und wenig konkretisierter Rodungszweck“ zugrunde.
Andere Spielregeln für Großindustrielle als für Häuslbauer
Die Aufzählung an fragwürdigen Methoden der Behörden und Verdachtsmomenten für krumme Geschäfte ließe sich noch weiter fortführen. So sei etwa die ehemalige ÖVP-Bürgermeisterin in Ohlsdorf eine gute Bekannte von Hans Asamer, wie Heidi Strauss der NeuenZeit berichtet hat. Inwiefern die Behörden wirklich gegen Recht verstoßen hätten, wird die weitere Aufarbeitung zeigen. Jedenfalls zeigt die Causa Ohlsdorf: Wer in Österreich viel Geld hat und über gute Netzwerke verfügt, dürfte es bei Behördenwegen leichter haben, meint Heidi Strauss:
„Jeder normale Häuslbauer muss sich an die Gesetze halten. Für Großindustrielle wird aber einfach so die Rodung eines ganzen Waldes legalisiert. Diese Freunderlwirtschaft von der ÖVP ist nicht mehr tragbar“, fasst sie den Fall zusammen.