Krankenhaus-„Tour“ in Niederösterreich: Amstetten – Melk – St. Pölten – Melk und wieder Amstetten. Das war die mehr als zwei-wöchige unfreiwillige Spitals-Odyssee eines mittlerweile verstorbenen 70-jährigen Patienten. Der in der NÖN bekannt gewordene Fall, löst nun eine Lawine an Vorwürfen gegen die Landesgesundheitsagentur aus. Kontrolllandesrat Sven Hergovich (SPÖ) fordert einen Gesundheits-Krisengipfel.
Zwei Wochen musste ein 70-jähriger eine unfreiwillige Tour durch drei niederösterreichische Spitäler und wieder retour über sich ergehen lassen. Ins LKH Amstetten mit Rotlauf eingeliefert, wurde der Mann wegen Platzmangels ins Landeskrankenhaus Melk überstellt. Dort stürzte er aus dem Bett und brach sich dabei die Nase. Da diese Verletzung in Melk nicht behandelt werden konnte, überstellte man ihn per Rettungswagen nach St. Pölten.
Gut verarztet, schickte man ihn retour nach Melk. Dort entdeckte man dann einen Milzriss, der wieder nicht in Melk operiert werden konnte. Man brachte ihn per Hubschrauber nach Amstetten, wo er zwei Wochen zuvor seine Krankenhaus-Odysee gestartet hatte. Für den Mann endete die Reise tödlich.
Mostviertel: Mangelnde Gesundheitsstruktur als Grund für Todesfall?
Der Grund für die unfreiwillige „Krankenhaus-Tour“ des Patienten sei laut LKH Melk über die Klinikenstruktur in der Region zu erklären. Die vier Kliniken im Mostviertel stellen die internistische Versorgung sicher. Das LKH Amstetten ist dabei das Haupthaus in der Region. Transferierungen in der Region können aufgrund der Schwerpunktbildung entstehen, heißt es im Bericht der NÖN.
Betroffenheit und Frust löst das nicht nur bei der Familie des Mannes aus. Der medial bekannt gewordene Fall zeigt einmal mehr die Strukturschwäche des Gesundheitssystems in Niederösterreich auf. Stark in der Kritik steht nun vor allem die Landesgesundheitsagentur (LGA).
Landesgesundheitsagentur versagt – Gesundheit der Patient:innen nicht abgesichert
Erklärtes Ziel bei der Gründung der LGA war es, die effiziente Zusammenarbeit zwischen den Häusern zu gewährleisten. “Das ist nicht gelungen“, konstatieren Kontroll-Landesrat Sven Hergovich, die Bezirksvorsitzende der SPÖ Amstetten, Sozial-Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig und der geschäftsführende Bezirksvorsitzende der SPÖ Bezirk Melk Nationalrat Alois Schroll.
Personalmangel im Gesundheitsbereich, von den Kliniken über den niedergelassenen Bereich, bis hin zu den Logistikzentren, die Instrumente für Operationen aufbereiten – momentan fehlt es an allem, weisen die Sozialdemokraten in einer ersten Reaktion auf die Mängel im Gesundheitssystem hin. Erst im Frühling sperrten wieder Spitalsabteilungen in Niederösterreich zu. Der häufigste Grund: es gibt zu wenig Personal.
Spitalsstationen in ganz NÖ sperren zu – Gesundheitsgipfel gefordert
Die tragische Geschichte des 70-jährigen Mannes ist aber nicht die einzige, die die Lücken des niederösterreichischen Gesundheitssystems offenbart. Erst im Mai musste die HNO-Abteilung in Mistelbach auf einen tagesklinischen Betrieb umsteigen. Im März sperrte die Abteilung für Frauenheilkunde sowie die Geburtenstation im Landeskrankenhaus Waidhofen/Ybbs, ebenfalls im Mostviertel, zu. „Die zukünftige Versorgung durch die Kliniken der Region Mostviertel ist gesichert“, heißt es auf der Webseite der Landeskliniken. Doch das dürfte nicht immer der Fall sein, wie das traurige Beispiel bestätigt.