Alles wird teurer, nur die Löhne sollen gleich bleiben? Gewerkschaften und Arbeitgeber verhandeln in den Herbstlohnrunden derzeit die Gehälter für das nächste Jahr. Fünf Argumente für höhere Löhne und wieso sowohl Mensch als auch Wirtschaft davon profitieren.
1. Wer arbeitet und einen Teil zur Gesellschaft beiträgt, soll auch davon leben können.
Jede und jeder von uns trägt tagtäglich dazu bei, dass unser gesellschaftliches Miteinander funktioniert. Ob es die Zugbegleiterin ist, die uns sicher von A nach B bringt, der Pfleger, der sich um unsere Älteren und Kranken kümmert, die Reinigungskraft, die unsere Räume sauber hält oder die Ingeneurin, die auf den Dächern Solaranlagen für unsere Zukunft installiert. Wer arbeitet und einen Teil zur Gesellschaft beiträgt, soll auch davon leben können.
Deswegen hat sich beispielsweise das EU-Parlament erst kürzlich für eine neue Regelung der Mindestlöhne im Europaraum ausgesprochen. Die Löhne der Angestellten sollen geschützt und an einen angemessenen Lebensstandard im jeweiligen EU-Land angepasst werden.
2. Arbeitende Menschen sollen sich mehr als nur Toast und Butterbrot leisten können.
Egal mit wem man aktuell spricht: Nicht nur jene mit niedrigerem Einkommen kämpfen darum, ihren Alltag angesichts von Teuerung und steigenden Energiepreisen zu bewältigen. Momentan müssen alle zunehmend „auf ihr Geld schauen“. Arbeitskolleg:innen, Freund:innen oder Familie erzählen: Im Supermarktregel, bei den Einkäufen zum Schulstart oder an der Tankstelle – sie alle drehen jeden Cent mehrmals um. Viele überlegen sogar Zweitjobs anzunehmen, um sich ihr Leben noch leisten zu können.
Höhere Löhne würden bedeuten, dass sich die Menschen auch wieder etwas anderes, als nur ihren „normalen Alltag“ leisten könnten. Denn wer mit seinem Einkommen gut auskommt, kann auch wieder an den schönen Dingen im Leben teilhaben: Wie zum Beispiel einem Essen im Stammlokal mit Freunden oder einem Kinobesuch am Wochenende.
3. Geht’s den Menschen gut, geht’s der Wirtschaft gut!
„Geld allein macht auch nicht glücklich“, ist ein altbekannter Spruch, der gern von Top-Manager:innen und „zahlungsschüchternen“ Chef:innen gebraucht wird. Unzählige Studien kommen ebenfalls zum selben Ergebnis: Höhere Löhne allein, machen einen arbeitenden Menschen nicht glücklicher oder motivierter.
Was Menschen hingegen wirklich für ihre Arbeit motiviert, ist Wertschätzung. Und die kann von Firmenseite auf vielfältige Weise passieren: Indem sich Vorgesetzte zum Beispiel für Arbeitsverbesserungen stark machen. Unter anderem für einen Arbeitsplatz, der nicht krank macht, ein Arbeitsumfeld, in dem man auf Augenhöhe mit Kolleg:innen und Chef:innen sprechen kann und ein Arbeitsleben, in dem Wertschätzung für das entgegengebracht wird, was man tagtäglich leistet. Wertschätzung passiert aber sehr wohl auch über eine angemessene und faire Bezahlung. Die finanziellen Ausgaben auf Unternehmerseite werden sich dann mit der erhöhten Arbeitsmotivation der Angestellten ausgleichen.
4. Wer mehr verdient, kann sich mehr leisten – das kurbelt die Wirtschaft an.
Aufgrund der Teuerung bleibt den Menschen immer weniger von ihren Löhnen zum Leben übrig. Wer sein Geld schon für das reine Überleben aufgebraucht hat, kann es auch nicht für etwas anderes ausgeben. Das schadet langfristig der gesamten Wirtschaft. Damit die Kaufkraft wieder gestärkt wird, argumentieren Ökonomen wie der Präsident des Deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut (DIW) Marcel Fratzscher etwa dafür, dass die Unternehmen die Löhne nun anheben müssten, damit die Wirtschaft stabilisiert wird. Mehr Kaufkraft in der Bevölkerung sorgt schließlich auch dafür, dass Unternehmen mehr Produkte verkaufen können.
5. Chefs würden im Monat nicht länger mehr verdienen, als ihre Angestellten in einem ganzen Jahr
„Obwohl man arbeiten geht, ist trotzdem zu wenig Geld für’s Überleben da.“ Finanzielle Sorgen sind bei 1.519.000 Österreicherinnen und Österreichern schon vor der Heizsaison vorprogrammiert. Aktuell sind 1,5 Millionen Menschen armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Das zeigen die aktuellsten Daten aus der EU-SILC-Erhebung, die im April 2022 veröffentlicht wurde. Gleichzeitig steigen Konzernchefs, wie Ex-OMV-Chef Rainer Seele, teilweise mit Millionen-Gehältern aus.
40 Prozent aller Löhne liegen unter 1.371 Euro. Wer in Österreich weniger als 1.371 Euro monatlich für einen Einpersonen-Haushalt zur Verfügung hat, gilt als arm. Dieser Wert wird mit den Einkommen aller Österreicher:innen verglichen. Wer darunter liegt – also unzählige Pensionist:innen, Alleinerzieher:innen oder auch Kinder – ist akut armutsgefährdet. Eine Bezahlung über der Armutsgrenze würde die Ungleichheit zwischen Chefs und ihren Angestellten in Österreich verringern.