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Corona-Umfrage: Frauen zahlen privat und im Job drauf – für 85% hat sich die Situation verschlechtert

Eine Umfrage unter 1.000 Frauen zeigt: Die berufliche Situation von Frauen in Österreich während der Corona-Krise ist schlimmer als erwartet. Neun von zehn Befragten sagen, dass sie den Großteil der Belastungen durch Kinderbetreuung, Haushalt, Home-Schooling und Beruf tragen. Vor allem für Alleinerziehende gibt es zu wenig Unterstützung. Die SPÖ fordert ein Arbeitsmarktpaket, um die Situation für Frauen zu verbessern. Auch auf europäischer Ebene tut sich was: Die EU-Kommission will Unternehmen verpflichten, Löhne offen zu legen. Das soll die Lohnschere zwischen Männern und Frauen schließen.

„Es sind vor allem Frauen, die seit einem Jahr diese Krise stemmen”, sagt SPÖ-Parteivorsitzende und Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner. Arbeitslosigkeit und finanzielle Fragen bereiten vielen Sorgen. Aber vor allem die Mehrfachbelastung durch Kinderbetreuung, Job, Haushalt und Home-Schooling bringt viele Frauen an ihr Limit. 

Dass Frauen am Limit sind, bestätigt auch eine Umfrage unter 1.000 Frauen im Auftrag der SPÖ. Kurz vor dem Internationalen Frauentag am 8. März präsentierte die SPÖ den zweiten Teil der Studie. Sie vergleicht die Situation von Frauen am Arbeitsmarkt heute und im ersten Lockdown im April 2020.

Ergebnisse der Studie „Frauen und Arbeit“: Überbelastung und fehlende Unterstützung

Frauen spüren nach einem Jahr mit Mehrfachbelastungen durch die Corona-Pandemie die Überanstrengung in allen Lebensbereichen. Neben der anhaltenden Isolation macht Frauen heute außerdem die Sorge zu schaffen, dass ihre Kinder immer schlechter mit der Situation rund um Corona zurechtkommen. Unter den Befragten ist zudem der Aufwand für die Kinderbetreuung um 12% gestiegen und jede zweite Frau empfindet die Arbeitsaufteilung zwischen Frauen und Männern als ungerecht. Sechs von zehn Frauen fühlen sich heute wenig oder gar nicht unterstützt. Das sind doppelt so viele der Umfrage-Teilnehmerinnen als noch zu Beginn der Pandemie. Besonders hart trifft es dabei Alleinerziehende.

Frauen haben es in der Krise besonders schwer, etwa wegen dem Zusatzaufwand beim Home Schooling.
Das Home Schooling während der Lockdowns ist eine zusätzliche Belastung für Eltern – insbesondere Mütter.

Frauen erleben ihre Arbeitssituation schlechter als zu Krisenbeginn

Vor allem der Glaube, dass Home Office und Teleworking die Vereinbarkeit von Job und Familie vereinfachen würde, stellte sich als Trugschluss heraus. 2020 glaubten noch mehr als die Hälfte der Befragten, dass sie durch das Home Office entlastet werden. Heute sind es nur mehr 34%.

Die Studie zeichnet ein trauriges Gesamtbild: Das Vertrauen in die politischen Maßnahmen ist von 82% auf 45% gesunken. Die Befragten sehen insbesondere die Frage nach Chancen und Möglichkeiten am Arbeitsmarkt negativer, als vor einem Jahr: 2020 erwarteten 66% eine Verschlechterung am Jobmarkt. 2021 gaben allerdings 85% der Befragten an, ihre Arbeitssituation habe sich tatsächlich verschlechtert.

66% der Frauen haben derzeit Angst um ihren Arbeitsplatz, vor allem jene, die Angehörige pflegen. 62% der Teilnehmerinnen glauben mittlerweile an eine Verschlechterung für Frauen am österreichischen Arbeitsmarkt nach der Corona-Krise. Vor einem Jahr waren es nur 40%.

Forderung der SPÖ: Arbeitsmarktpaket für Frauen

Neun von zehn Befragten meinen außerdem, dass Frauen den Hauptteil der Belastungen im Zusammenhang mit der Pandemie tragen. Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi Wagner ist klar: „Diese Krise löst sich nicht von selbst. Dazu ist entschlossenes Handeln der Bundesregierung notwendig.“

Um die Situation für Frauen in der Corona-Krise in Österreich zu verbessern fordert die SPÖ daher ein Arbeitsmarktpaket für Frauen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Qualifizierungs- und Umschulungsmöglichkeiten für Bereiche in denen Arbeitskräfte gesucht werden, wie Technik, Digitalisierung, Umweltschutz und Pflege.

Außerdem fordern die Sozialdemokraten den Ausbau von Frauenarbeits-Stiftungen. Dabei sollen mindestens 50% der Mittel aus der Corona-Arbeitsstiftung Frauen zur Verfügung stehen. Zusätzlich will die SPÖ das Arbeitslosengeld auf 70% anheben.

Die Corona-Krise verstärkt soziale Ungleichheiten

Die Corona-Pandemie verstärkt soziale Ungleichheiten zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, zwischen den Geschlechtern und beim Einkommen.

Ein Blick auf die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen ist vor allem während der Krise wichtig, da Frauen in schlecht bezahlten Berufen wie Kinder- oder Altenbetreuung (88% weiblich), im Verkauf (72% weiblich) oder in der Raumpflege (89% weiblich) überrepräsentiert sind.

Was ist der Gender Pay Gap?

Der sogenannte Gender Pay Gap (GPG) bezeichnet den Unterschied eines durchschnittlichen Stundenlohns arbeitender Männer und Frauen. In der EU liegt diese Einkommensschere bei 14,1%. Mit anderen Worten: Für jeden Euro, den Männer verdienen, bekommen Frauen nur 86 Cent. Das bedeutet auch, dass Frauen fast zwei Monate im Jahr unbezahlt arbeiten.

Der “Equal Pay Day” markiert den Tag, bis zu dem Frauen das Vorjahr verlängern müssten, um im Durschnitt auf das gleiche Jahresgehalt wie Männer zu kommen. Er fiel dieses Jahr auf den 21. Februar 2021. Frauen müssen das Vorjahr also bis Ende Februar verlängern, um den gleichen Lohn wie Männer für gleichwertige Arbeit zu bekommen.

Auch der Österreichische Rechnungshof stellt in seinem Einkommensbericht 2020 fest: 2019 verdienten Frauen in allen Berufsgruppen weniger als Männer. Mit 22.808 EUR brutto betrug das mittlere Einkommen der Frauen 64 % des Männereinkommens im privaten Sektor.

Die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen ist im Vergleich zum Vorjahr zwar geschrumpft, trotzdem lag der Gender Pay Gap laut Eurostat in Österreich sogar bei 19,9%. Damit lag er weit über dem EU-Durchschnitt.

EU-Kommission präsentiert Vorschlag für mehr Lohntransparenz

Die EU-Kommission will nun gegen die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen vorgehen. Sie fordert die Offenlegung von Löhnen für Firmen ab 250 Bediensteten: Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen das Recht haben, Auskunft über ihren Lohn im Vergleich zum durchschnittlichen Lohnniveau zu bekommen. Zudem sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Informationen auch nach Geschlecht und Jobpositionen aufschlüsseln.

Ergibt sich dabei ein Lohnunterschied von 5% oder mehr, folgt eine Entschädigung für jene, die bei der Bezahlung diskriminiert wurden. Wie konkrete Strafen bei Verstößen aussehen sollen, dazu gibt es im Vorschlag der EU-Kommission aber noch keine Angaben.

Dass der Vorschlag nur für Betriebe mit mehr als 250 Bediensteten gelten soll, sorgt für Kritik. Kleinere Firmen müssen nur auf Antrag von Arbeitnehmern Auskunft zum Pay Gap geben. Seitens SPÖ und der Grünen wurden Stimmen laut, die Lohntransparenz unabhängig von der Betriebsgröße europaweit durchzusetzen.

Nun liegt es am Europaparlament und seinen Mitgliedsstaaten, sich zu einigen. Kommt es dazu, haben die EU Staaten zwei Jahre Zeit, die Vorgaben innerhalb ihres Landes umzusetzen.

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