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Verkehrte Stadt: Weshalb in Wien bis 1938 der Linksverkehr galt

Heute ist für uns selbstverständlich, auf dem Weg zu Arbeit oder Einkauf auf der rechten Straßenseite zu fahren. Linksverkehr, wie in Großbritannien oder Indien, ist für Autofahrer aus Österreich oft eine Herausforderung und entsprechend befremdlich – aber auch in Wien war Linksverkehr bis 1938 die Regel.

Wer fährt auf der „falschen“ Seite?

Der erste Verkehr war nicht der Autoverkehr, sondern jener mit Pferden. Damals wie heute war die Mehrheit der Bevölkerung rechtshändig, weshalb die Führung und der Aufstieg auf das Pferd, das frühere Verkehrsmittel, für gewöhnlich von links geschah. Um beim Aufsatteln nicht mitten auf der Straße zu stehen, ritt man also auf der linken Straßenseite. Erst mit der französischen Revolution und den napoleonischen Kriegen wurde in Europa der Rechtsverkehr eingeführt – auch Staaten, die nicht direkt betroffen waren, zogen letztendlich mit.

Wien stellt Linksverkehr nur zögerlich um

Das Parlament beschloss 1926, österreichweit Rechtsverkehr einzuführen. Während manche Bundesländer zügig umstiegen, wollte Wien sich mit der Verkehrsumstellung noch gedulden und kündigte den 1. Dezember 1932 als Tag des Umstiegs an. Auch rund um Wien, in dessen Einzugsgebieten und dem Osten Österreichs wurde der Rechtsverkehr lange vermieden und verneint. Letztendlich dauerte es bis 1938: Mit dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland wurde erstmals übergreifend auf der rechten Straßenseite gefahren.

Nach und nach mussten auch die Straßenbahnen umgestellt werden – es brauchte neue Beschilderungen, die Ein- und Ausstiege mussten an den neuen Verkehrsfluss angepasst, Gleise neu verlegt werden. Die Regierung veranschlagte 20 Millionen Schilling für diese Neuerungen – soweit sollte es allerdings durch den Anschluss an Deutschland nie kommen.

Linksverkehr in Wien
Auch die Straßenbahnen mussten auf Rechtsverkehr umgestellt werden.

Rechtsverkehr nicht nur für Autos

Erst 2012 kam es zur vorerst letzten Umstellung Richtung Rechtsverkehr. Die ÖBB investierten insgesamt 16 Millionen Euro in die weitere Umstellung des Schienenverkehrs. Obwohl für alle Teilnehmer des Straßenverkehrs die Rechtsordnung gilt, wurden viele Züge, besonders im Osten Österreichs, weiterhin links geführt. Seit 2012 sind nun auch (mit Ausnahme der Wiener Schnellbahn) die Einstiege, Leitsysteme und Gleise der Züge an den heutigen Rechtsverkehr angepasst.

Ein einzelnen Verkehrsbereichen wurde aber bereits zu Zeiten der Dampflokomotive rechts gefahren. Der Rauch und Dampf beim Zugfahren stellte sich als Sichtbehinderung für die Lenker heraus – deshalb galt für Dampfloks der Rechtsverkehr.

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